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Hobby Horsing: Turnierpferde aus Holz und Plüsch

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Die 14-jährige Emma schafft mit ihrem Hobby Horse Sunny Sprünge bis 1,20 Meter. © Constantin Hoppe

Ein einstiges Kinderspielzeug erlebt derzeit eine Renaissance im Sport: Beim Hobby Horsing werden auf dem Steckenpferd Dressurlektionen geübt und Hindernisse übersprungen.

Hungen - Die Sonne steht bereits tief am Himmel, während zehn Mädchen mit ihren Pferden über den Sportplatz in Obbornhofen traben. Hintereinander geht es mit den Pferden über bunte Sprungstangen und um aufgestellte Slalom-Hindernisse. Immer unter den Augen von Trainer Jens Peter Schneider. Die Reiterinnen sind zwischen fünf und 14 Jahre alt und üben Dressur- und Sprungaufgaben. Doch wer glaubt, dass zehn Pferde im Trab und Galopp deutliche Spuren auf dem Platz hinterlassen würden, der irrt.

Die Pferde, die die Mädchen ausreiten, sind aus Holz und Plüsch. Und die Sportart, die in Obbornhofen betrieben wird, noch recht neu: Das Hobby Horsing.

Hobby Horsing: Mischung aus Tanz, Gymnastik und Leichtathletik

Es mag auf den ersten Blick wie ein kindliches Spiel erscheinen, aber es ist viel mehr. Beim Hobby Horsing geht es darum, die Bewegungen des Reiters und des Pferdes mit dem eigenen Körper und seinem Sportgerät, dem Hobby Horse - man könnte auch Steckenpferd dazu sagen, das wird von den Reitern allerdings nicht gerne gehört - nachzuahmen. Es ist wie eine Mischung aus Tanz, Gymnastik und Leichtathletik. Und es bringt die Sportlerinnen gehörig ins Schwitzen. Für die Bewegungen und Sprünge braucht es Kraft, Ausdauer, Geschicklichkeit und Körperkontrolle. Und natürlich macht es Spaß.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Schneider die Idee, im Sport- und Kulturverein Obbornhofen eine Hobby-Horsing-Gruppe ins Leben zu rufen. Der Verein, sagt Schneider, sei stark vom Fußball geprägt, »aber damit kann man heute nicht mehr so viele Kinder ansprechen wie früher«. Also warb er für Hobby Horsing beim Vereinsvorstand. Mit durchschlagendem Erfolg: Er bekam nicht nur viel Unterstützung, in kürzester Zeit fanden sich 16 Kinder, die nun zum Training in den Verein kommen. Das neue Angebot spricht sich herum: »Mittlerweile haben wir Kinder und Jugendliche aus 20 Kilometer Entfernung, die hierher kommen«, erzählt Schneider.

Hobby Horsing: Ein Sport für jeden

Das Gros sind Mädchen, doch die Trend-Sportart stößt auch bei Jungs auf Anklang: »Im Gegensatz zu den Mädchen müssen Jungs bei diesem Sport mit etwas größeren Vorurteilen kämpfen«, sagt Schneider. »Aber es ist ein Sport für jeden. und wer es mal ausprobiert hat, weiß, wie viel Spaß das Ganze macht und wie anstrengend es ist.«

Unter den jungen Sportlern auf dem Platz in Obbornhofen sind auch Emma und Elise. Die beiden 14 und 12 Jahre alten Mädchen gehören zu den ältesten Mitgliedern der Trainingsgruppe. Entsprechend groß sind auch ihre Hindernisse im Parcour.

Mit ernsthafter Miene nähert sich Emma dem Hindernis, einem bunten, höhenverstellbaren Stab, wie er auch beim Hunde-Agility zur Anwendung kommt. Sie hebt ihren Blick, zieht die Zügel leicht an und gibt ein Zeichen zum Antraben. In letzter Sekunde springen sie und ihr Pferd Sunny elegant ab und landen sanft auf der anderen Seite. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, dann trabt sie mit Sunny zurück zu ihrem Startplatz, um zum nächsten Sprung anzusetzen.

Der sportliche Aspekt beim Hobby Horsing ist das eine. Die Sportart bietet Kindern und Jugendlichen aber auch die Möglichkeit, ihre Kreativität auszuleben. Und wie in jedem Verein zählen auch dabei Dinge, die weit darüber hinaus gehen: Neue Freundschaften schließen etwa und Teil einer Gemeinschaft zu werden, die ihre Begeisterung für ein einzigartiges Hobby teilt. Das, so erklärt es Trainer Schneider, mache einen großen Teil der Faszination von Hobby Horsing aus: »Die Kinder haben das Gefühl, dass sie hier einen exklusiveren Sport machen. Sie fühlen sich hier unter sich und identifizieren sich mit dem Sport.«

Hobby Horsing: Mehr als nur Sportgeräte

Mittlerweile schwappt der Trend auch auf die Turnierplätze des Reitsports über. Vor kurzem etwa richtete der Reit- und Fahrverein Hungen ein Hobby-Horsing-Turnier aus, zu dem selbst Mannschaften auf Mainz kamen.

Die 14-jährige Emma kam wie viele andere über ihre Begeisterung für Pferde zu dem Sport. Eigentlich wollte sie ein eigenes Pferd haben, »Aber meine Eltern haben gesagt, dass ich keines bekomme.« Per Zufall stieß sie bei Youtube auf Hobby-Horsing-Videos, und »dann habe ich angefangen, mich dafür zu interessieren«. Damit wollte sie vor allem versuchen, ihre Eltern zu nerven, damit sie ein echtes Pferd bekäme. »Aber dann bin ich an meinem Hobby Horse hängen geblieben.«

Die Herzstücke der Sportart sind die handgefertigten Hobby-Pferde. Diese können äußerst detailreich gestaltet sein und sind oft mit Pferdemähnen, bunten Tüchern und individuellen Namen ausgestattet. Für die Reiter sind es mehr als nur Sportgeräte. Im Gegensatz zu realen Pferden aber ist das Füttern und Putzen etwas einfacher. Und das Hobby-Pferd passt einfach in den Kofferraum. (con)

Info: Hobby im Trend

Der Ursprung des Hobby Horsing liegt im Jahr 2007. Damals begann eine Gruppe finnischer Jugendlicher, Holzpferde herzustellen und damit herumzureiten. Schnell verbreitete sich der Trend über die sozialen Medien, es entstand eine große Fan-Gemeinde. Heute wird Hobby Horsing von jungen Menschen in vielen Ländern betrieben. In Finnland wird neben regionalen Wettkämpfen auch eine jährliche Meisterschaft ausgetragen. con

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