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Immer im Sinne des Rechtsstaats: Schottener ist Vizepräsident des Verwaltungsgerichts

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Von: red Redaktion

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Helmut Schmidt in der Fachbibliothek des Verwaltungsgerichts Gießen, die zu seinen Lieblingsorten zählt. © pv

Schon zu Beginn seines Jura-Studiums war Helmut Schmidt klar, dass er Verwaltungsrichter werden möchte. Nun ist der gebürtige Schottener Vizepräsident des Gießener Verwaltungsgerichts.

Während schon Montesquieu für den Grundsatz der Gewaltenteilung plädierte, ist die Überprüfung von Verwaltungstätigkeiten durch unabhängige Richter ein recht moderner Gedanke, der erst Ende des 19. Jahrhunderts aufkam und seitdem immer wieder Rückschläge - wie durch den Nationalsozialismus und die DDR - erfuhr. Nunmehr gibt es allein in Hessen fünf Verwaltungsgerichte. Eines davon ist das in Gießen - das zweitgrößte nach Frankfurt - mit Helmut Schmidt als Vizepräsidenten.

Helmuts Schmidts Interesse an der Verwaltung zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Seit jeher hatte er eine Affinität zum Land, da sein Vater im Landesdienst für Hessen tätig war. Auch seine Zeit bei der Bundeswehr trug zum Interesse an der Verwaltung bei. Zwei Jahre war er als Soldat tätig zu einer Zeit, als sich die Blöcke - die Nato auf der einen und der Warschauer Pakt auf der anderen Seite - gegenüberstanden und der Übergang des Kalten Kriegs in einen heißen für viele unausweichlich schien. Schmidt spricht von seiner »ersten Phase der beruflichen Primärsozialisation«. Nach seinen ersten Jahren in der Exekutive wechselte er schließlich in die Judikative. Der Verwaltung ist er dabei stets treu geblieben.

Das Verwaltungsgericht gewährt in erster Linie dem Bürger Rechtsschutz gegenüber dem Staat. »Viele Menschen wissen nicht, dass es Verwaltungsgerichte und den damit einhergehenden Schutz gegen den Staat gibt«, erzählt Schmidt. »Das resultiert vor allem daraus, dass dieser Schutzgedanke relativ neu ist.«

Beispiel aus dem Vogelsbergkreis

Diesen Schutz suchte auch ein Bürger aus dem Vogelsberg, dem eine Ersatzzwangshaft angedroht wurde, da er der Verpflichtung, überhängende Äste und Zweige von Bäumen und Sträuchern über Gehwegen und Fahrbahnen zu beseitigen, nicht nachgekommen war. Diese Verpflichtung übernahm schlussendlich die Gemeinde, die die entstandenen Kosten zurückforderte. Nachdem sich herausstellte, dass der Mann vermögenslos war und die Eintreibung der Kosten somit erfolglos verlief, forderte die Gemeinde eine Ersatzzwangshaft. Das Gericht lehnte die Haft mit der Begründung ab, dass die Hecke schon von der Gemeinde gestutzt worden war und die Haft nicht angeordnet werden darf, um den Mann künftig zur Erfüllung seiner Verpflichtungen zu bewegen.

Aber auch für Streitigkeiten zwischen Organen oder innerhalb eines Organs ist das Verwaltungsgericht zuständig. So etwa, wenn die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat damit beauftragt, Bauland auszuweisen, und der Magistrat untätig bleibt. »Auch diese Überprüfung ist ein recht junger Gedanke, da sich der Staat faktisch selbst verletzt und man früher der Meinung war, dass es sich um ein staatliches Internum handeln würde«, schildert Helmut Schmidt. Oder, wenn die Stadtverordnetenversammlung ein Mitglied einer Fraktion ausschließt. »Der Ausgeschlossene hat in diesem Fall Anspruch auf Kostenübernahme durch die Gemeinde, da das Klären von solchen Fällen von öffentlichem Interesse ist«, so Schmidt.

Er ist mit einem bunten Strauß an Themen befasst. Neben dem Polizei- und Ordnungsrecht obliegen ihm unter anderem auch Sondergebiete, etwa die Prüfung von landwirtschaftlichen Subventionen - auch den Raum Schotten betreffend. »Wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb aufgrund eines Verstoßes gegen Bewirtschaftungsauflagen erhaltene Gelder zurückzahlen muss, kann er sich ans Verwaltungsgericht wenden.« Ein weiteres Sondergebiet sind die Corona-Überbrückungshilfen. »Da werden Fälle überprüft, in denen möglicherweise zu Unrecht Subventionen ausbezahlt worden sind.«

Ansichten und Vorhaben

Für seine Amtszeit hat sich Helmut Schmidt vor allem vorgenommen, die Einführung der elektronischen Akte möglichst reibungslos zu etablieren. Zudem legt er großen Wert auf ein kollegiales Miteinander. »Im Gerichtssaal bin ich nicht als Vizepräsident, sondern als Vorsitzender Richter tätig. Da werden Entscheidungen nicht nach hierarchischen, sondern argumentativen Gesichtspunkten gefällt.« Dieses Bewusstsein überträgt er auch auf seine Arbeit als Vizepräsident. Eine weitere Herzensangelegenheit Schmidts ist die Verinnerlichung des Bewusstseins, dass das Verwaltungsgericht ein wesentlicher Pfeiler des Rechtsstaats und damit für die Bürgerinnen und Bürger ist.

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