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In Bad Nauheim Stärken gezeigt und Trost gespendet

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Von: Michael Humboldt

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Ulrich Schröder, Vorsitzender im Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde in Bad Nauheim, hat viele Visionen, um ein lebendiges Gemeindeleben zwischen Dankeskirche und Wilhelmskirche anzukurbeln. © Nicole Merz

Nach zwei Bewerbungsgottesdiensten hat der Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde in Bad Nauheim als Jury entschieden, dass Brigitte Meinecke neue Pfarrerin der Pfarrstelle Nord wird.

Am 4. Dezember hat Pfarrer Thomas Stephan einen Bewerbungsgottesdienst in der Dankeskirche gestaltet und sich hinterher den Fragen der evangelischen Kirchengemeinde gestellt. Auch am 11. Dezember war das Interesse groß in Bad Nauheim, als Pfarrerin Brigitte Meinecke ihre Predigt als Bewerberin vortrug und letztlich das Rennen machte. Vor Ort war an beiden Sonntagen auch Kirchenvorstands-Vorsitzender Ulrich Schröder, der sich glücklich über die Entscheidung zeigt und ein spannendes Kirchenjahr in seiner Gemeinde erwartet.

Herr Schröder, sind Bewerbungs-Gottesdienste eigentlich übliche Verfahren in der Evangelischen Kirche?

Ja, das Verfahren ist üblich und auch sehr sinnvoll. Nach der Vorstellung der Kandidaten vor dem Kirchenvorstand soll immer auch die Gemeinde informiert werden und die Möglichkeit erhalten, Fragen zu stellen. Beide Gottesdienste waren gut besucht, und es gab einen regen Austausch.

Der Kirchenvorstand hatte diesmal zwei Bewerber zur Auswahl. Nach welchen Kriterien wird letztlich entschieden?

Zunächst einmal: Wir freuen uns, dass wir zwischen zwei Kandidaten wählen konnten. Das ist bei der Ausschreibung von Pfarrstellen keineswegs mehr die Regel, und letztlich haben auch wir nach der Ausschreibung im Frühjahr einige Monate warten müssen, bis dann schließlich diese beiden Bewerbungen eingingen. Entscheidend ist zunächst einmal der persönliche Eindruck, den die Mitglieder des Kirchenvorstands in einem ausführlichen Gespräch mit beiden Kandidaten gewinnen konnten. Wesentlich ist dann, ob eine gute Zusammenarbeit im Pfarrteam möglich ist. Das war in der Kernstadtgemeinde mit mehreren Pfarrpersonen schon immer wichtig, gewinnt aber im Nachbarschaftsraum mit einer intensiveren Zusammenarbeit der Pfarrpersonen über die Gemeindegrenzen hinweg noch einmal an Bedeutung. Und schließlich spielt die Frage eine große Rolle, wie der Bewerbungsgottesdienst gestaltet wurde und ob er die Menschen angesprochen hat.

Am Ende hat sich Brigitte Meinecke durchgesetzt. Was hat den Vorstandsmitgliedern an ihr gefallen?

Brigitte Meinecke hat sowohl im Gespräch, als auch im Gottesdienst deutlich gemacht, dass sie sich intensiv mit unserer Gemeinde auseinandergesetzt hat. In ihrer Predigt im Gottesdienst ging sie beispielsweise direkt auf die Wetterau und die Stadt Bad Nauheim ein, was bei den Besuchern natürlich einen guten Eindruck hinterlassen hat. Es wurde deutlich, dass sie Stärken in der Seelsorge hat, ein Bereich, der uns wichtig ist. In der abschließenden Diskussion vor der Wahl fasste eine Teilnehmerin das mit den Worten zusammen, Brigitte Meinecke habe in ihrer Predigt nicht nur über Trost gesprochen, sondern den Menschen mit ihren Worten selbst Trost gespendet. In ihrer bisherigen Gemeinde hatte sie besondere Gottesdienste mit literarischem Bezug gestaltet, und einige Literatur-Zitate waren denn auch Bestandteil ihres Gottesdienstes in der Dankeskirche. Den Kirchenvorstand hat überzeugt, dass sie sich auf die Arbeit in unserem Pfarrteam sehr freut. Dass sie sich in der Familienarbeit engagieren möchte und daran mitwirken möchte, die Dankeskirche als offene Stadtkirche zu gestalten, passt ebenfalls sehr gut zu unseren Vorstellungen von Gemeindearbeit.

Wann und wo wird die neue Bad Nauheimer Pfarrerin tätig?

Brigitte Meinecke war nach ihrer Ordination und ihrem Vikariat acht Jahre Pfarrerin in einer Kirchengemeinde im Raum Mainz und ist seit 15 Jahren im Frankfurter Norden Pfarrerin. Sie bringt also viel Erfahrung mit. Wir freuen uns, dass mit dem Beginn ihrer Tätigkeit am 1. April ein halbes Jahr Pfarrstellenvakanz zu Ende geht: Unsere beiden Pfarrerinnen haben mit großem Engagement einen erheblichen Teil der auf der dritten Pfarrstelle anfallenden Tätigkeiten übernommen. Trotzdem liegt es in der Natur der Sache, dass manche Projekte und Vorhaben in dieser Zeit nicht so vorangetrieben werden konnten, wie dies mit drei Pfarrpersonen möglich wäre. Wir hoffen, dass wir für diese dritte Pfarrstelle nun in den kommenden mindestens zehn Jahren wieder Kontinuität gewinnen können. Brigitte Meinecke ist primär Ansprechperson für die Menschen im Nordbezirk der Bad Nauheimer Kernstadt und wird zunächst vor allem hier in ihrer Tätigkeit sichtbar sein. Da sie zugleich aber auch Pfarrerin im Nachbarschaftsraum mit den umliegenden Gemeinden ist, gibt es auch die Möglichkeit, inhaltliche Schwerpunkte zu setzen, die im gesamten Nachbarschaftsraum wirksam sind. Welche das sein werden, muss und wird nach ihrem Dienstantritt im Pfarrteam diskutiert werden. Da Brigitte Meineckes Interesse auch in der Verbindung von Literatur und Musik in Gottesdiensten liegt, sind wir gespannt darauf, welche Impulse sie hier einbringen wird. Und schließlich erhoffen wir uns von der erfahrenen Seelsorgerin auch Impulse in diesem Bereich, was übrigens auch sehr gut zur Nachfolge ihres Vorgängers Rainer Böhm passen würde.

Wie setzt sich die Finanzierung der neuen Orgel zusammen? Und was brauchen und erhoffen sie sich noch?

Jede Orgel in evangelischen Kirchen muss zu 90 Prozent aus Spenden finanziert werden. Der Spendenstand ist mit 625 000 Euro zwar schon sehr respektabel, aber es fehlen eben noch knapp 300 000 Euro bis zum Ziel. Der Auftrag für den Bau der neuen Orgel ist inzwischen erteilt worden. Offen ist aber noch der endgültige Umfang der Orgel. Das wird im Herbst dieses Jahres entschieden und ist wesentlich abhängig von den dann verfügbaren Mitteln.

Wie steht es in dieser Hinsicht um die Erneuerung bzw. Renovierung der Wilhelmskirche und auf deren Vorplatz?

Wir warten hierzu noch auf die Freigabe der Mittel unserer Landeskirche, bevor es an die Sanierung des Kirchenschiffs gehen kann.

Was hat es mit der Verwaltungskooperation aller evangelischen Kirchengemeinden von Bad Nauheim und Ober-Mörlen auf sich?

Bisher sind die Büros nur an wenigen Tagen für kurze Zeit geöffnet, auch in der Kernstadt. Künftig wird es so sein, dass von montags bis freitags im Gemeindebüro ganztägig mindestens eine Mitarbeiterin ansprechbar ist, manchmal auch mehrere. Schon lange ist es so, dass Anfragen meistens telefonisch und per Mail kommen. Jetzt können sie viel schneller beantwortet werden. Bisher war es so, dass das auch mal mehrere Tage gedauert hat - eben bis zur nächsten Bürozeit.

Zwischen den Jahren ist in einer spektakulären Aktion ein Aktentresor von Schwalheim in die Kernstadt umgezogen.

Ja, normal wäre wohl gewesen, dafür ein Umzugsunternehmen zu engagieren. Aber dafür wollten wir kein Geld ausgeben. Daher haben einige Kirchenvorstände angepackt. Zum Glück beherrscht einer von ihnen den Umgang mit seinem Traktor perfekt und hat den Tresor zentimetergenau auf die Treppe gehievt. Übrigens werden da keine Vermögenswerte gelagert, sondern teils Jahrhunderte alte Kirchenbücher und andere Dokumente. Es geht nur um Brandschutz, bis die Feuerwehr da ist. Möge das nie nötig sein.

Einige Gottesdienst-Besucher haben zuletzt die Akustik in den hinteren Reihen der Dankeskirche kritisiert. Sie meinten, dass Worte auf dem Weg nach hinten im Raum verschluckt werden.

Bisher haben alle Überprüfungen der Technik ergeben, dass sie gut funktioniert. Wir wissen, dass die Akustik der Dankeskirche schon etwas speziell ist und die Mitwirkenden herausfordert, sich darauf einzustellen. Das gelingt mal gut und leider auch mal weniger gut. Unabhängig von der Kritik hatten wir uns gerade zuletzt schon vorgenommen, im laufenden Jahr das ganze Thema noch einmal aufzugreifen, zumal die Technik auch schon viele Jahre alt ist - vielleicht findet sich ja für manches auch eine modernere Lösung, die allerdings viel Geld kostet.

Welche Vorhaben stehen im Jahr 2023 im Bereich der hiesigen evangelischen Kirchengemeinde im Mittelpunkt?

Im Fokus dieses Jahres wird das Zusammenwachsen der Gemeinden in allen Bad Nauheimer Stadtteilen sowie von Ober-Mörlen und Langenhain-Ziegenberg zu einem Nachbarschaftsraum sein. Wir freuen uns, dass jetzt wirklich alle Gemeinden dabei sind, auch wenn es über die konkreten Formen der Zusammenarbeit weiterhin auch unterschiedliche Vorstellungen gibt, über die wir weiter diskutieren müssen. Zugleich wird der Nachbarschaftsraum aber auch immer konkreter erlebbar: Neben der bereits angesprochenen Verwaltungskooperation mit dem gemeinsamen Gemeindebüro werden in diesem Jahr beispielsweise erstmals alle etwa 100 Konfirmanden gemeindeübergreifend aus drei Formaten wählen, wie sie ihre Konfizeit gestalten wollen. Das heißt: kontinuierlicher Unterricht unter der Woche, gebündelt samstags oder in einem zweiwöchigen Konfi-Camp.

Gibt es Neuerungen bei den Gottesdiensten in der Gemeinde?

Es wird besondere Gottesdienste geben, die in einzelnen Ortsteilen für alle stattfinden werden. Oder auch der sogenannte Kanzeltausch. Das heißt, die Pfarrer halten Gottesdienste nicht nur in den Kirchen, die zu ihrem Pfarrbezirk gehören. Auch die Angebote für Familien mit Kindern sind in der gesamten Region geplant und sind für alle gemeindeübergreifend gedacht. Im Sommer wird es ein großes Tauffest open air geben. Das wird sicherlich ein ganz besonderes Erlebnis für alle Beteiligten. Im Bereich diakonischer Aufgaben ist gerade das Angebot des Mittagstischs, zusammen mit IKI, sehr gut angelaufen, das ausgebaut werden soll, und die Offene Wilhelmskirche an Heiligabend soll es auch dieses Jahr wieder geben nach der positiven Resonanz. Dass nicht immer alles gleich von allen gemeinsam gemacht werden muss, zeigt das Vorhaben, einen gemeinsamen Gemeindebrief zu erstellen. Daran beteiligt sind die Gemeinden der Kernstadt, aus Schwalheim, Wisselsheim, Rödgen und Steinfurth.

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