1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis

In Nidda: Steubobstwiesen gefeiert

Kommentare

myl_StreuOW1Konzeptueberg_4c
myl_StreuOW1Konzeptueberg_4c © Elfriede Maresch

Bürgermeister Thorsten Eberhard übergibt das Konzept für die Großgemeinde an den Beigeordneten Rouven Kötter. Die Erhaltung der Obstbäume will die Stadt zu einem Kernthema machen.

Ober-Widdersheim (em). Drei Aspekte wurden beim 1. Niddaer Streuobstwiesentag deutlich: Das Thema interessiert alle Generationen, auch junge Familien. Nidda bewirbt sich nicht bei Punkt Null als Streuobstkommune, sondern hat viel Potenzial und ein ausformuliertes Konzept einzubringen. Mehr noch: Streuobstwiesen bieten Überraschungen, etwa Libellen, die von Ast eines Hochstamms aus auf Beute lauern.

Stadtverordnetenvorsteherin Adelheid Spruck hat eine deutliche Affinität zu Blütenpflanzen und Bäumen. So initiierte sie 2019 die Aktionen »Nidda blüht auf« und »Nidda pflanzt Zukunft«, bei der Bürger und Vereine für mehr Grün in den Ortsbereichen aktiv wurden. Mit dem Vorschlag, sich als Streuobstkommune beim Regionalverband Frankfurt-Rhein-Main zu bewerben, wandte sie sich schon vor längerer Zeit an Bürgermeister und städtische Gremien und fand Unterstützung. Zur Entwicklung des Niddaer Streuobstwiesenkonzepts trugen Klimaberaterin Kerstin Bär und Wirtschaftsförderin Kerstin Alt bei. Davon konnte Bürgermeister Thorsten Eberhard berichten.

Alte Bäume pflegen, junge nachpflanzen

Zuvor hatte er Staatsministerin Lucia Puttrich, Kreisbeigeordnete Sabine Lipp, den Beigeordneten des Regionalverbandes Rouven Kötter und neben Spruck weitere Mitglieder der städtischen Gremien begrüßt und dem Organisator Obst- und Gartenbauverein Ober-Widdersheim mit seinem Vorsitzenden Burkhard Grünbein gedankt. Mit Liebe zum Detail hatten die Vereinsaktiven den Tag vorbereitet. Ein Bewirtungszelt war am Rand des Schirnbergs aufgebaut, wo der Verein 4,6 Hektar Streuobstfläche mit 360 Altbäumen pflegt und junge Hochstämme nachpflanzt.

Eberhard beschrieb die Arbeitsschritte in Richtung Streuobstkommune: die Bestandskartierung und die naturgemäße Pflege, vor allem den Verjüngungsschnitt von Altbäumen, wie sie Diplom-Ingenieur und Baumpfleger Mirko Franz am Schirnberg schon bei 22 Hochstämmen durchgeführt hat. Wichtigstes Ziel aber ist die Sensibilisierung der Bürgerschaft für den Wert solcher Lebensräume - auch im Hinblick auf die Landesgartenschau 2027. Eberhard schloss mit dem Wunsch, Ober-Widderheim möge »Headquarter« der Niddaer Streuobstwiesen werden. Ein solcher Tag solle dazu beitragen, das traditionelle Wetterauer Landschaftselement Streuobstwiese erlebbar zu machen, zumal sich zunehmend auch jüngere Interessierte in den Schnittkursen fänden. Ministerin Lucia Puttrich schloss sich an: »Es gibt Zuschüsse von Land und Kreis und es gilt, die Streuobstwiesen auch für künftige Generationen zu erhalten.«

Wissenslücken, wie »Der Saft kommt aus dem Tetrapack«, dürfe es nicht geben, sagte Spruck. Kinder sollten von klein auf Naturkreisläufe erleben. Sie hoffte, dass der Streuobstwiesentag zu einer Traditionsveranstaltung werde. »Es gibt 80 Gemeinden mit Streuobstflächen rund um Frankfurt-Main«, betonte Rouven Kötter und schilderte den Einsatz des Regionalverbandes für deren Erhaltung. Er nahm das Niddaer Streuobstwiesenkonzept entgegen und verwies auf die Jury aus Fachleuten, die über die Anerkennung entscheidet.

Es folgten kurze Statements. Volkhard Guth, stellvertretender Vorsitzender und Baumwart des Vereins, berichtete zur Geschichte der »Kirschenallee«, wie die um 1920 gepflanzte Anlage am Schirnberg früher genannt wurde. Er nannte Lokalsorten wie den Heuchelheimer Schneeapfel, den Himbacher Grünen, betonte die Bedeutung solch alter Bäume als Genpool. Die Kulturgeschichte der Streuobstwiesen von unentbehrlichen Orten der Selbstversorgung bis zu krassen landwirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen, wie den Fällprämien der 1960er-Jahre, skizzierte Mirko Franz. Birgit Wichelmann-Werth, Mitglied des Natur- und Vogelschutzvereins Geiß-Nidda und leidenschaftliche Naturfotografin, zeigte eindrucksvolle Aufnahmen und schilderte abgestorbene Bäume als Kinderstube und Nahrungsort vieler Insektenarten. Dr. Daniel Ruppel, Mitglied der Botanischen Vereinigung für Naturschutz Hessen, betonte den Wert von Magerrasen und Bewirtschaftungsformen, die solch seltene Pflanzengesellschaften erhalten: »Faustregel: Wenn eine Pflanzenart für immer verschwindet, verschwinden zehn Insektenarten mit.« Spannend war das Vor-Ort-Gespräch mit diesen Spezialisten beim Rundgang über den Schirnberg. Mirko Franz erläuterte Grundlagen des Verjüngungsschnittes und beantwortete viele Nachfragen.

Erzieherin Heidi Ziebarth, will mit Unterstützung der Stadt einen Streuobstkindergarten einrichten und bot einen Spielort mit viel Naturmaterial an. Einfache, aber pfiffige Spielmöglichkeiten gab es auch am Stand des Obst- und Gartenbauvereins. Der Imkerverein Schotten-Nidda war ebenso vertreten wie die Natur- und Vogelschutzgruppe Geiß-Nidda.

myl_StreuOW2geisterbaum__4c
myl_StreuOW2geisterbaum__4c © Elfriede Maresch
myl_StreuOW3GuthGruenbein_4c
myl_StreuOW3GuthGruenbein_4c © Elfriede Maresch

Auch interessant

Kommentare