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Inklusionshilfen für den allgemeinen Arbeitsmarkt

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Zonta-Präsidentin Angelika Lenger dankt Referent Jochen Rolle für seinen informativen Vortrag. © pv

Bad Salzhausen (red). Die Unterstützung sozialer Projekte ist ein Arbeitsschwerpunkt des Zonta Clubs Nidda Oberhessen, ebenso Info- und Diskussionsabende über neue soziale Aufgaben. So kam jetzt der Geschäftsführer der Inklusiven Arbeit Wetterau gGmbh (Inka), Jochen Rolle, ins Bad Salzhäuser Kurhaushotel und stellte das Aufgabenfeld Inklusion von Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor.

Das größere Ziel steht in der UN-Behindertenrechtsresolution: Teilhabe mitten in der Gesellschaft - in Arbeit, Bildung, Freizeit und Wohnen nach individuellen Bedürfnissen. Inka hilft unter dem Grundsatz »Gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in wertschätzender Kooperation auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt« bei der Realisierung dieses Aspekts.

Rolle, der eine Tochter mit Down Syndrom und einen nicht behinderten Sohn hat, besitzt lange Inklusionserfahrung. Er trug engagiert mit zur Gründung der inklusiven Sophie-Scholl-Schule in Bad Nauheim bei und ist einer der Initiatoren des Benefizlaufs im Rahmen des Frankfurt Marathons. Dabei kommen erhebliche Mittel für Behindertenprojekte zusammen, dieses Jahr ist an ein entsprechendes Vorhaben in der Ukraine gedacht.

»Ich will nicht in die Werkstatt für Behinderte gehen!« und »Ich will Bürgermeister werden!« - mit Folien, Bildern und Berichten über schrittweise Entwicklung junger Menschen mit Handicaps gab Rolle ein Bild der täglichen Inka-Aufgaben. Träume von nicht Realisierbarem teilt der junge Mann mit den Bürgermeister-Ambitionen mit manch Gleichaltrigem, seien sie nun behindert oder nicht, Entwicklung zum Möglichen ist gefragt. Die Inka-Beratungsstelle in Bad Nauheim steht schon Jugendlichen und Eltern am Ende der Schulzeit offen. Gespräche und Erfahrungen in Praktika helfen auf dem Weg in die Arbeitswelt weiter.

Stärken und Vorlieben ausloten

Rolle erzählte von Moritz, einem lernbehinderten Jugendlichen, der, angesprochen auf seine Ziele, eher lustlos »Irgendwas mit Holz«, dann »Irgendwas mit Metall« antwortete. Schließlich stellte sich heraus, dass Radfahren und -pflege seine liebste Beschäftigung ist. Man organisierte Praktika in Radwerkstätten. Moritz zeigte sich sehr motiviert, übernahm nach Anleitung über Einzelreparaturen hinaus auch den Zusammenbau neuer Räder und macht jetzt nach einigen weiteren Schritten eine Ausbildung zum Fachpraktiker Fahrradmechanik.

Inka berät aber auch Wetterauer Firmen, die bereit sind, sich für Praktika oder die Beschäftigung während des zweijährigen Berufsbildungsbereichs zu öffnen. Ergänzt wird dies durch die alternative berufliche Bildung, organisiert in Kooperation mit dem Internationalen Bund für Sozialarbeit. Meist im Verhältnis vier Betriebstage, ein Seminartag bietet man berufliche Theorie, abgestimmt auf individuelle Möglichkeiten und Grenzen der Kleingruppe, ergänzt durch lebenspraktische Angebote. Inka-Beratung und Begleitung sind kostenlos. Um unabhängig zu bleiben, ist man auf Spenden und Patenschaften angewiesen.

Zu einem interessanten »Dialog der Gegenpositionen« kam es abschließend. Eine Zontian hat einen behinderten Angehörigen, der in einer dörflichen Einrichtung wohnt und arbeitet und sich dort wohlfühlt. Fazit aus Erfahrung der Familie: »Für manche Behinderten ist dies ein tragfähiges Lebensmodell.« Auch Rolle sprach sich gegen grundsätzliche Auflösung von Werkstätten und Wohneinrichtungen aus, hält sie aber für reformbedürftig. Zonta-Präsidentin Angelika Lenger meinte dazu beim Dank an den Referenten: »Wir Zontians schätzen es, wenn man bei einem Thema unterschiedliche Sichtweisen anspricht.«

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