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Kalter Fall mit neuer Brisanz

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Blofeld (zy). Wegen des Vorwurfs des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub muss sich ein 58-Jähriger am Landgericht Gießen verantworten. Er sitzt seit dem 14. März 2022 in Untersuchungshaft. Neue Erkenntnisse in dem Fall aus dem Jahr 2003 hätten zu seiner Verhaftung geführt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. So konnte dieser »Cold Case«, der kurz vor der Verjährung stand (siehe Info), neu aufgerollt werden.

Zusammen mit zwei bis heute unbekannten Mittätern soll der Angeklagte in der Nacht zum 20. Mai 2003 in ein Einfamilienhaus in Blofeld eingebrochen sein. Sie sollen den Bewohner mit einer Schusswaffe bedroht und mit Schlägen verletzt haben. Anschließend sollen die Einbrecher Wertgegenstände und einen fünfstelligen Betrag erbeutet haben.

Beim Prozessauftakt unter dem Vorsitz von Richter Peter Neidel wurde zunächst nur die Anklageschrift verlesen. Demnach soll der damals 38-jährige Angeklagte mit seinen beiden Komplizen am 20. Mai 2003 ein Fenster auf der Rückseite eines Einfamilienhauses aufgebrochen und sich so Zugang verschafft haben. Sie sollen mit Sturmhauben maskiert und mit Armeejacken bekleidet gewesen sein. Einer von ihnen habe zudem eine Schusswaffe mit Schalldämpfer dabeigehabt.

Mit Waigel-Maske Geld abgehoben

Gegen 0.30 Uhr sei der Bewohner des Hauses von der Arbeit nach Hause gekommen. Laut Staatsanwaltschaft lauerten die Täter ihm im Badezimmer auf. Einer der drei soll dem Opfer die Waffe an den Kopf gehalten haben. Als der Mann sich wehrte, sollen die anderen beiden Einbrecher ihn mit Fäusten und Schlagstöcken verletzt haben.

Anschließend sei der Bewohner auf dem Bauch liegend mit Handschellen gefesselt worden, außerdem hätten die Täter ihm die Augen mit Klebeband verbunden. Dann soll er in sein Schlafzimmer gebracht worden sein, wo ihm seine Geldbörse mit etwa 980 Euro, seine Bankkarten und ein Mobiltelefon abgenommen wurden. Zwei der Täter sollen dann das Haus nach Wertsachen durchsucht haben, während der dritte Mann den überwältigten Bewohner überwacht habe.

Das Opfer soll später in der Nacht erneut bedroht worden sein: Es sei aufgefordert worden, die Lage seiner Tresore und der passenden Schlüssel zu nennen. Auch die PIN seines Handys und der EC-Karten sollen die Täter erpresst haben - durch Androhung von erneuter Gewalt. Der Mann soll daraufhin die Informationen preisgegeben haben.

Die Täter entkamen mit 16 000 Euro, vier Nachahmungen von Luxus-Uhren (Wert 800 Euro), einer goldenen Panzerkette (1400 Euro) sowie weiterem Schmuck. Dem Angeklagten wird zudem vorgeworfen, nach dem Raub mit den EC-Karten weitere 3000 Euro an einem Geldautomaten in Reichelsheim abgehoben zu haben. Dabei habe er eine Maske mit dem Gesicht des CSU-Politikers Theo Waigel getragen. Die Staatsanwaltschaft beziffert die Beute des Raubes mit 22 180 Euro.

Vor ihrer Flucht sollen die Einbrecher das Opfer an sein Bett gefesselt haben. Laut Staatsanwaltschaft hatte der Mann eine »blutige Nase, Prellungen am Oberkörper sowie diverse Hautabschürfungen«.

Verräterische Waldfruchtschorle

Eine Frau habe den Bewohner schließlich um etwa 4.50 Uhr befreit. Sie habe einen Anruf von einem der Täter erhalten und dabei erfahren, dass das Opfer gefesselt in seinem Haus liegt. Doch die Täter schienen in jener Nacht nachlässig gewesen zu sein: Der Angeklagte habe Waldfruchtschorle getrunken und die Flasche am Tatort zurückgelassen. Dieser Fehler und DNA-Spuren des Angeklagten sollen laut Staatsanwaltschaft die Gründe sein, dass es plötzlich wieder eine heiße Spur für die Ermittler gab und der ehemalige »Cold Case« nun vor Gericht verhandelt werden kann.

Der Prozess soll am kommenden Dienstag in Gießen fortgesetzt werden.

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