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Kreuzung wird zur Todesfalle - Zaun soll Wildunfälle vorbeugen

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Gefahr für Wild und Autofahrer: Wolfgang Schomber vor der Kuppe, wo der Waldweg die Kreisstraße 246 kreuzt.
Gefahr für Wild und Autofahrer: Wolfgang Schomber vor der Kuppe, wo der Waldweg die Kreisstraße 246 kreuzt. © Jürgen Schenk

Im Juli 2018 wurde die umgebaute und verbreiterte Kreisstraße 246 zwischen Groß-Karben und Nidderau für den Verkehr eröffnet. Seither scheinen immer mehr Leute die neue Trasse mit einem Hochgeschwindigkeitskurs zu verwechseln. Vor allem die 700 Meter lange Straßenschneise durch den Karbener Stadtwald, trotz Kuppe und Tempolimit 70, gleicht oftmals einer Rennstrecke.

Karben - Von beiden Seiten der Waldeinfahrt nicht einsehbar, kreuzt mittig ein Weg die Fahrbahn. Für Spaziergänger, Jogger und Fahrradfahrer ist das eine brisante Stelle, deren Gefährlichkeit zugenommen hat. Für die Wildtiere im Revier Groß-Karben ist sie inzwischen zur Todesfalle geworden. Warum dieses Problem gerade jetzt immer dramatischere Züge annimmt, erklärt Jagdpächter Wolfgang Schomber.

Mit zehn Schritten vom Fahrbahnrand markiert er die ungefähre Entfernung, wo einst ein Wildschutzzaun beiderseits im Wald gestanden hat. Heute sind auf der gegenüberliegenden Seite des Parkplatzes nur noch einige Holzpflöcke im Unterholz zu erkennen. Der Zaun war eine gute Lebensversicherung für die Tiere. Doch jetzt ist er verschwunden. »Vor 25 Jahren hatten wir ihn installiert«, erinnert sich Schomber. »Seither gab es kaum Wildunfälle im Wald. Wenn, dann eher mal außerhalb, in den Feldern, zum Beispiel im Bereich der Biogasanlage.«

Fünf neue Fälle

Als einer von zwei zuständigen Jagdpächtern im Revier Groß-Karben bereitet ihm die aktuelle Entwicklung Sorgen. Und eigentlich gehe das schon so seit den Umbaumaßnahmen im vergangenen Jahr. Die Opferzahlen sprechen eine klare Sprache: Von Juli 2018 bis Ende Januar 2019 starben bei Wildunfällen in diesem Bereich 24 Rehe. Seit Februar sind schon wieder fünf neue Todesfälle dazugekommen. Und durch die Zeitumstellung und die damit verbundene Verschiebung der Dämmerung im morgendlichen Berufsverkehr steigt das Risiko weiter an. Die Tiere haben jetzt einen erhöhten Nahrungsbedarf, legen dementsprechend weitere Wege zurück und überqueren häufiger Straßen. Das stellt für Wolfgang Schomber aber nur eine Seite der Medaille dar. Die Raserei zwischen Groß-Karben und Heldenbergen sei die andere. Weder Autofahrer noch Wild hätten dann eine Chance. Die meisten verendeten Tiere könne man kaum noch als solche erkennen. Sie eigneten sich später nicht einmal mehr zum Verzehr, was ja eigentlich auch ein Grund der Jägerei sei. »Null Wildunfälle wird es nicht geben«, räumt der Wöllstädter ein. »Sechs bis acht tote Tiere pro Jahr wären im Rahmen. Groß-Karben, Kloppenheim und Rendel liegen seit Jahren an der Spitze der Wildunfälle. Zum Vergleich kamen 2013/14 aber nur acht Rehe in Groß-Karben um, in Kloppenheim waren es elf und in der Rendeler Gemarkung 13. Die meisten Autofahrer melden den Unfall. Das sind logischerweise aber nur die, die ohne Alkohol oder Drogen am Steuer unterwegs sind.«

Zum Thema Geschwindigkeit gab es am 11. Februar eine Radarmessung im Karbener Wald in Höhe des Trimm-Dich-Pfads. Innerhalb von fast fünf Stunden fuhren insgesamt 2245 Fahrzeuge durch den Wald, wovon 120 geblitzt wurden. Die höchste Geschwindigkeit betrug 118 Kilometer pro Stunde. Eine mittlerweile stattgefundene Dringlichkeitssitzung mit Bürgermeister Guido Rahn (CDU), Revierförster Helmut Link, Ekkehart Böing von der Stadt Karben und den beiden Jagdpächtern hat ergeben, dass der Zaun so schnell wie möglich erneuert werden soll.

Bau soll schnell erfolgen

»Die Stadt wird dafür in finanzielle Vorleistung treten«, freut sich Schomber. »Der Zaun soll gleich bestellt werden, vom Forst wird das Baufeld frei gemacht und dann bauen wir ihn selbst zeitnah auf.« Pressesprecherin Daniela Czirjak von Hessen Mobil hat auf Nachfrage schriftlich erwidert, dass weder die Straßenbaufirma Deges noch Hessen Mobil bei den Umbauarbeiten einen Wildschutzzaun entfernt hätten. Sie hält es jedoch für möglich, »dass ein eventuell vorhandener Zaun in größerer Entfernung zur Straße und somit außerhalb des Straßengrundstücks sowie außerhalb des Baufeldes möglicherweise durch Dritte entfernt wurde.«

Info: Was bei Wildunfällen zu tun ist 

Zunächst gilt es die Unfallstelle zu sichern, also Warnblinkanlage einschalten, Warndreieck aufstellen und Polizei unter der Nummer 110 verständigen. Aufgrund der Infektionsgefahr sollten tote Tiere niemals ohne Handschuhe angefasst werden, von noch lebenden Tieren ist Abstand zu halten. Flüchtenden Tieren sollte man nicht selbst folgen, sondern lieber die Fluchtrichtung für den Jäger markieren. Für Versicherungszwecke muss von Jäger oder Polizei eine Wildunfallbescheinigung ausgestellt werden. Wer Wild mitnimmt, macht sich der Wilderei strafbar.

von Jürgen Schenk

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