Rathaus-Restaurant erhält Rosskur
Karbens gute Stube wird ordentlich aufgemöbelt: Für eine Viertelmillion Euro saniert die Stadt derzeit die Gaststätte im Bürgerzentrum. Nach 18 Jahren durchgehenden Betriebs ist das bitter nötig. Die neuen Pächter, Anja und Stefan Kohler, wollen Mitte März loslegen – und dann nicht nur in brandneuem Interieur, sondern auch mit völlig neuem Konzept die Karbener bekochen.
Die gelbe Markise hängt windschief unterm Vordach. Das ist nicht das einzige, was den Blick vieler Passanten in Richtung Bürgerzentrums-Gaststätte lenkt. An den wenigen Sonnentagen strahlt das Licht hell aus dem Restaurant heraus. Blickt man hinein, erkennt man dort aber ein Lokal im Rohbau. Und eifrige Handwerker.
In der vierten Wochen laufen derzeit die Sanierungsarbeiten für Karbens gudd Stubb’. Den Wechsel des Pächters nutzt die Stadt für eine Grundrenovierung. Wenn das Lokal wieder eröffnet wird, dann nicht nur unter dem neuen Namen „Deftig & fein“, den die neuen Wirte Anja und Stefan Kohler ausgesucht haben (diese Zeitung berichtete). Innen wird auch nichts mehr an die recht dunkle Einrichtung aus den 1990er-Jahren erinnern.
Inneneinrichtungs-Planerin Cynthia Nebel hat zusammen mit den Kohlers die neue Gestaltung ausgearbeitet. Zuerst wurden Zwischenwände herausgerissen. „Es wirkt nun sehr großzügig“, ist Nebel zufrieden, als sie ihren Blick durch den Raum schweifen lässt. Lediglich eine Seitenwand lässt sie noch ein Stück in den Gastraum hineinragen. Dort wird, auf einem niedrigen Podest, eine Lounge-Ecke mit niedrigen Sitzmöbeln und einem Ethanol-Kamin eingerichtet.
Auch für Veranstaltungen, etwa als Bühne für eine Band, könne man das Podest nutzen. „Oder für Lesungen oder literarische Dinner-Veranstaltungen“, ergänzt die künftige Wirtin Anja Kohler. Statt Fliesen soll ein grauer Design-Vinylboden mit verspielten Applikationen eine helle Atmosphäre sicherstellen. Holzbänke entlang der langen Wände hat Nebel vorgesehen, die die Klein-Karbener Schreinerei von Uwe Kiefl maßgenau herstellt.
Obwohl der rund 150 Quadratmeter große Gastraum deutlich größer wirkt, wollen die Kohlers mit rund 60 Sitzplätzen weniger Tische und Stühle unterbringen. „Wir wollen das nicht zustellen, sondern den Gästen mehr Privatsphäre bieten.“ Ein wenig mehr Mobiliar haben die Kohlers aber schon bestellt – damit das auch passend aussieht für den Fall, dass starke Nachfrage dennoch eine dichtere Bestuhlung nötig machen sollte.
Nicht in seinem Hauptjob als Koch ist Stefan Kohler derzeit jeden Tag in der neuen Gaststätte tätig. Sondern er hat drei Wochen lang diverse Teile der Kücheneinrichtung vom Dreck von fast zwei Jahrzehnten befreit. Beispielsweise den robusten Herd. Vieles der Ausstattung aber hat der Schrotthändler am Dienstag abgeholt. „Die Spül- und Arbeitstische waren ganz schief“, erzählt Kohler. 18 Jahre annähernd pausenloser Betrieb hätten Spuren hinterlassen – ganz normal.
Die neue Kücheneinrichtung schaffen die Kohlers nun auf eigene Rechnung an. Bisher gehörte das Interieur der Stadt und war Teil der Pacht – ein in der Branche eher ungewöhnliche Lösung. Die verbleibenden Einrichtungsstücke dort überlässt die Stadt den Kohlers. Sie sind längst abgeschrieben. Die Kohlers kaufen beispielsweise Kühltechnik und Spülmaschine neu.
Ebenso schaffen die Pächter nun eigenes Geschirr und Besteck an. Das alte hat Erster Stadtrat Friedrich Schwaab (CDU) in Regalen im kleinen Saal des Bürgerzentrums aufstellen lassen. Die Stadt hat allen Vereinen angeboten, Teller, Gabeln, Messer, Thermoskannen und vieles andere kostenlos für den eigenen Gebrauch abzuholen. Bis Ende nächster Woche ist das möglich.
Dreck aus 18 Jahren weg
Schwaab und auch der Chef des Kommunalen Immobilienmanagements der Stadt (Kim), Harald Kirch, sind zufrieden mit dem Verlauf der Arbeiten. „Wir liegen voll im Plan.“ Geradezu begeistert ist Kirch darüber, wie engagiert die Handwerker bei der Sache sind – und auch die Kohlers. „Das ist ein sehr gutes Miteinander.“ Denn die neuen Pächtern packten auch selbst mit an. Absprachen seien extrem unkompliziert möglich.
Die Trockenbauer sollen das Sanieren der Wände und Decken in dieser Woche zu Ende bringen. Ab Montag soll der kaputte Küchenfußboden ausgetauscht werden. Die Elektriker haben schon Leitungen für neue, sparsame LED-Lampen gezogen. Fachleute reinigen die Lüftungsanlage vom Dreck aus bald zwei Jahrzehnten. „Dort gibt es vor allem noch Ablagerungen aus der Zeit, als hier drin noch geraucht wurde“, erklärt Kirch.
Ostern soll alles laufen
Neu ist auch eine kurze Wand im Eingangsbereich. Diese schirmt einen kleinen Willkommensbereich ab, wo Cynthia Nebel Stehtische mit hohen Stühlen vorsieht. Die Theke gegenüber bleibt an der bisherigen Stelle erhalten. „Sie zu versetzen wäre viel zu teuer geworden“, erklärt Harald Kirch. Auch die Theke wird aber renoviert.
Allerdings werden die Mitarbeiter von hier aus auch in Zukunft nicht das gesamte Lokal mit seiner L-Form überblicken – geschweige denn die künftige große Nidda-Terrasse hinterm Haus, die ab März gebaut werden soll. „Das ist kein Problem“, sagt Anja Kohler. „Dann muss das Servicepersonal immer wieder dorthin laufen und schauen, ob Gläser leer sind.“
Mitte März wollen die Kohlers gern den Betrieb aufnehmen, damit das Ostergeschäft rund läuft. „Das klappt schon“, sagt Anja Kohler zuversichtlich. Harald Kirch aber verzieht das Gesicht. „Mit dem März-Termin sollten wir nicht so sehr hausieren gehen.“ Der Experte geht lieber auf Nummer sicher.