Bewegende Geschichten

Karben (pm). Mit einem glanzvollen Literaturabend im voll besetzten Groß-Karbener »KUHtelier« beschloss das Literaturforum Karben sein offizielles Jahresprogramm. 1. Vorsitzender Dieter Körber begrüßte die Besucherinnen und Besucher und Almut Rose, Schatzmeisterin des Vereins, die auch den Abend gestaltet und organisiert hatte, übernahm die Moderation.
Almut Rose als Organisatorin
In ihrer Einführung ins Thema erinnerte Rose an die vor 80 Jahren am 20. Januar stattgefundene »Wannseekonferenz«. Gleichzeitig betonte sie die lange Geschichte des deutschen Antisemitismus und unterstrich die These mit Heines Romanze »Donna Clara«.
Die Lesungen wurden von der Musikkünstlerin Miriam Brause mit jüdischen Weisen auf dem Saxofon einfühlsam begleitet. Sie begann mit dem Traditional »Mazl Tov Shver un Shviger«.
Helmut Regenfuß ließ das literarische Programm mit dem Roman von Amos Oz »Eine Geschichte von Liebe und Finsternis« beginnen. Eindrucksvoll sei Regenfuß diesem »Opus Magnum der Erinnerung«, der sich auf fast 800 Seiten entfaltet, gerecht geworden, schreibt Körber.
Das dem Roman »Der Reisende« von Ulrich Alexander Boschwitz zugrunde liegende Romantyposkript wurde ab November 1938 verfasst. Unmittelbar nach den Pogromen in Deutschland, mit denen die systematische Verfolgung der Juden begann. Boschwitz schrieb in nur wenigen Wochen den Roman über den jüdischen Kaufmann Otto Silbermann, der zuerst sein Hab und Gut, dann seine Würde und schließlich seinen Verstand verliert. Mit professioneller Ausdruckskraft und Einfühlsamkeit las Körber diese bewegende Geschichte. Der 1938 in Deutsch geschriebene Roman erschien 2018 erstmals in deutscher Sprache.
Die zu Lebzeiten nur spärlich publizierte Gertrud Kolmar gilt heute als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts. Nach eher konventionellen Anfängen fand sie in ihren Gedichten vor allem ab Ende der Zwanzigerjahre zu einem eigenen, unverkennbaren Ton, geprägt von sprachlicher Virtuosität und Expressivität, unter gleichzeitiger Beibehaltung traditioneller Formen. Diese Virtuosin der Lyrik wurede einfühlsam von Robert Axt vorgestellt, er lässt die Zuhörer seine Begeisterung für die Sache spüren.
Über den jüdischen Humor
Ein starker Akzent wurde mit Salcia Landmanns Sammlung »Der jüdische Witz« gesetzt. Die Welt mit gesunder Distanz betrachten, die Realität durch überlegenen Wortwitz entschärfen, Verzweiflung in Hoffnung verwandeln - das ist der besondere Charakter des jüdischen Humors. Rosi Kärcher hatte sich des Themas angenommen und wusste geschickt die Pointen zu setzen.
Der gekonnt von Ingrid Axt vorgestellte Roman des berühmten Schauspielers Michael Degen, »Nicht alle waren Mörder«, führte die Besucher zurück zum Ernst. Einen bewegenden Abschluss des literarischen Programms bot Barbara Metz mit der Lesung des Romans »Ich hasse den Krieg«, von Yigal Lev. Der 1933 im größten Kibbuz Israels, dem Kibbuz Givat, geborene Yigal Lev hat seinen Roman vor dem Hintergrund des Sechs-Tage-Kriegs von 1967 zwischen Israel und den arabischen Staaten Ägypten, Jordanien und Syrien angesiedelt. Akzentuiert und einfühlsam las Metz vom Leid israelischer Soldaten.
Mit dem rasanten »Czardas« von Vittorio Monti, brillant gespielt von Miriam Brause, klang der Abend aus. Körber dankte allen Mitwirkenden, besonders der Musikkünstlerin und Almut Rose für die Organisation und Gestaltung. Die Besucher verabschieden sich sichtlich zufrieden mit reichlich Applaus.
