Das erzählen die »Mutterzungen«

Karben (pm). Literatur von deutschsprachigen Autoren mit Migrationshintergrund wurde kürzlich beim Literaturforum im »Kuhteilier« vorgestellt. Der Gitarrist Reinhardson begleitete den Abend musikalisch. Unter dem Titel »Mutterzunge - Deutschsprachige Literaten mit Migrationshintergrund« ging es um das facettenreiche Werk deutschsprachiger Schriftstellerinnen und Schriftsteller, für die das Deutsche die zweite Sprache ist.
Alle an diesem Abend vorgestellten Autoren wurden mit renommierten Literaturpreisen geehrt, etwa Emine Özdamar, die für ihren ersten Prosaband »Mutterzunge« von 1990 mit dem Georg Büchner-Preis ausgezeichnet wurde. Özdamars Buch war zugleich Namensgeber für die Literaturveranstaltung. Im Türkischen sind »Zunge« und »Sprache« synonym.
Die 1. Vorsitzende des Literaturforums, Almut Rose, begrüßte das Publikum. Danach eröffnete Reinhardson den Abend mit Interpretationen internationaler Schlager. Dr. Hans Kärcher gab einen Überblick über die folgenden Beiträge zu Autoren und Autorinnen aus den verschiedensten Sprachräumen.
Mangos für Mao
Annette Wibowo stellte zunächst die türkischstämmige Autorin Özdamar vor. Nach einem Überblick über Leben und Werk wandte Wibowo sich den Erzählungen um »Mutterzunge« zu. Die Erzählerin beklagt, wie ihr im Spannungsfeld zweier Kulturen die Muttersprache fremd geworden sei, dazu komme die Entfremdung durch die politischen Verhältnisse in ihrer Heimat.
Rosie und Hans Kärcher entführten das Publikum in den entfernten asiatischen Kulturkreis. Hans Kärcher berichtete über das Leben der aus Japan stammenden Yoko Tamada und ihre Erzählung »Überseezungen« und las aus diesem Werk. Rosi Kärcher trug Texte vor, die die Unterschiede der japanischen und der deutschen Sprache aufzeigten.
Claudia Weißhäupl widmete sich dem aus dem Irak stammenden Schriftsteller Abbas Khider und seinem Buch »Deutsch für alle«. Der in Berlin lebende Schriftsteller ist so mit der deutschen Sprache vertraut, dass er sich in seinen Büchern über ihre Eigenheiten lustig machen und zur »Erleichterung der Integration von Zuwanderern« Vereinfachungsvorschläge erfinden kann.
Karin Schrey trug aus dem ersten Roman »Eine Mango für Mao« der chinesischen Autorin Wei Zhang vor. Zhang beschreibt das Leben in der Zeit der Kulturrevolution aus der Sicht eines Kindes. Eingehend schildert sie die groteske Heldenverehrung Maos.
Rosie Cordsen-Enslin stellte den syrisch-deutschen Schriftsteller Rafik Shami vor. 1970 verließ er sein Heimatland Syrien und wanderte nach Deutschland aus. Mit »Andere Märchen« erschien 1978 sein erstes Buch in deutscher Sprache. Ein wesentliches Merkmal von Shamis Stil ist seine Nähe zur oralen Tradition des arabischen Geschichtenerzählens im Sinne einer Integration der arabischen und der deutschen Tradition von Erzählung. Cordsen-Enslin las dann Textpassagen aus Shamis Roman »Die Sehnsucht der Schwalbe«.
Als letzten Schriftsteller des Abends stellte Almut Rose Saša Stanišic vor. Rose präsentierte ihn als Sprachspieler, voll kindlicher Freude darüber, was seine Sätze alles können: kalauern, rühren und reflektieren.
Zum Ausklang erfreute Reinhardson das Publikum mit einem weiteren temperamentvollen Vortrag. red