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Für die Freiheit gestorben

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Der Petterweiler Geschichtskenner Horst Preißer steht am Robert-Blum-Denkmal, das inzwischen in dem kleinen Park an der Walter-Rohmeis-Straße seinen Platz hat. © Jürgen Schenk

Vor 175 Jahren tagte in der Frankfurter Paulskirche das erste gesamtdeutsche Parlament. In Petterweil gibt es einen Grund, sich daran zu erinnern.

Diese Frage könnte einem Geschichtsquiz entnommen sein: Was verbindet Petterweil mit der Frankfurter Paulskirchenversammlung? Kenner der deutschen Geschichte wissen die Antwort: Robert Blum. Als Mitglied des ersten deutschen Parlaments hatte der gebürtige Kölner sein Leben liberalen und demokratischen Grundsätzen verschrieben. Zeitgenössische Quellen skizzieren ihn als »einen Mann von Feuer und hoher Beredsamkeit, dabei besonnen und oft mäßigend, wo die Wogen der Leidenschaft sich überschlugen«. Erstaunlich ist, dass der Name Robert Blum trotz aller Strahlkraft heute fast schon in Vergessenheit geraten ist.

Am 9. Juli 1848 wurden Menschenmassen aus der Wetterau Zeugen seiner letzten öffentlichen Rede. Eingeladen hatte ihn sein demokratischer Weggefährte, Petterweils Pfarrer Christian Flick. Auf der damals außerhalb des Dorfes gelegenen Bauchwiese waren am Morgen mehrere Tausend Menschen aus der Umgegend zusammengelaufen, um Blums Worte zu hören. Ortshistoriker Horst Preißer glaubt an die Wortgewalt des Redners in jeder Hinsicht. »Denn sonst hätte ihn bei einer solchen Menschenansammlung bestimmt niemand verstanden«, vermutet er.

Über den Ort des historischen Ereignisses kann er genau Aufschluss geben: »Die Bauchwiese erstreckte sich bis zum ehemaligen Dorfrand an der Berenger Straße. Da, wo später der Alte Sportplatz war, stand Blum und hielt seine Rede.« Zum Gedenken errichteten die Petterweiler an entsprechender Stelle das Robert-Blum-Denkmal. Das war am 9. November 1849, genau ein Jahr nach Blums Erschießung in Wien. Inzwischen gehört dieses Areal längst zum Wohngebiet des Karbener Stadtteils.

Denkmal musste weichen

Als die großherzogliche Regierung 1852 die Zerstörung des Denkmals verfügte, wurde es von einer Gruppe Männer um Pfarrer Flick und Bürgermeister Holtzmann umgelegt. Es soll daraufhin in dem stark moorastigen Erdreich versunken sein. 1895 wurde es aus der Versenkung geholt und an Ort und Stelle wiederaufgestellt.

Seinen jetzigen Platz in dem kleinen Park an der Walter-Rohmeis-Straße bekam der Gedenkstein im Jahr 2007. Die Inschrift auf der Vorderseite lautet: »Hier sprach zum Volke Robert Blum, Mitglied der deutschen Nationalversammlung, am 9. Juli 1848. Geboren zu Köln am 10. Nov. 1807. Standrechtlich erschossen zu Wien am 9. Nov. 1848.« Auf der Rückseite stehen Blums letzte Worte kurz vor seiner Hinrichtung: »Ich sterbe für die Freiheit, für die ich gekämpft. Möge mein Volk meiner eingedenk sein.«

Blums legendäre Rede auf der Bauchwiese gibt es nicht mehr im Originaltext. Wohl aber existiert eine Niederschrift, die der damalige Petterweiler Schullehrer mitgeschrieben haben soll. Selbst wenn der Wortlaut also nicht ganz identisch mit dem Original ist, dürfte es der gedankliche Inhalt allemal sein.

Robert Blum sprach demnach davon, dass die Zeit der Ernte gekommen sei und der Himmel Freude an dem Jahr der Freiheit habe. Gleichzeitig mahnte er: »Aber die Früchte der Geschichte sind noch nicht reif, und mit Besorgnis schauen wir uns um auf dem Felde der Freiheit. Aufgerüttelt aus einem 30-jährigen Schlafe hat das deutsche Volk nicht mit Sturm erobert, was es hätte erobern sollen. Es hat vertraut auf den Geist der Neuzeit und auf den zufälligen Gang der Dinge, vertraut auf Fürstenwort und leere Verheißungen (…).

Zum Ende seiner Rede wurde Blum unter dem Jubel der Menschenmasse sehr kämpferisch. »Keine Ruhe«, forderte er von den Gleichgesinnten, »bis man der Revolution gerecht geworden ist und das System gestürzt hat, daß es kein Glied mehr regen kann. Und wenn Ihr so zur Bringung der Freiheit stets mit Wort und Tat bereit seid, dann werdet Ihr noch das Fest des Sieges feiern und mit Freude ausrufen können: Die Selbstherrlichkeit des Volkes ist zur Wahrheit geworden!«

Die Abschrift wird in Petterweil aufbewahrt. Horst Preißer hat sie in Kopie für diesen Artikel zur Verfügung gestellt.

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