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Geht in Karben der Waschbär um?

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Prof. Dr. Roland Prinzinger in seinem Garten: Frösche leben in seinem Teich, doch auch sie sind nicht sicher, befürchtet das Nabu-Mitglied. © SASSO

Seit mehreren Jahren beobachtet Prof. Dr. Roland Prinzinger bereits einen Rückgang des Frosch- und Krötenbestands. Als er im Lilienwald schließlich abgezogene Häute vieler Erdkröten findet, sieht er sich in seinem Verdacht bestätigt: »Der Waschbär geht um.«

D er Waschbär. Vielen ist er durch seine auffällige Maske bekannt, doch was sucht so ein Waschbär im deutschen Wald? Denn eigentlich stammt der Kleinbär aus Nordamerika. Wie Roland Prinzinger von der Nabu-Ortsgruppe Karben erklärt, handele es sich bei dem Kleinbären um einen Pelzlieferanten, der erstmals zwischen 1920 und 1930 in Hessen gehalten wurde.

Im Jahr 1934 habe man ihn dann bewusst ausgesetzt, worauf er für die folgenden Jahre unter Naturschutz gestanden habe. Doch sein Privileg sei schnell entfernt und der Waschbär ins Jagdrecht aufgenommen worden.

Waschbären sind Allesfresser

Das stand seiner Ausbreitung allerdings nicht im Weg. Im letzten Jahr, so Prinzinger, seien 250 000 Waschbären getötet worden. Trotzdem vermehrt sich die Art rasant. Das liege vor allem daran, dass Waschbären Allesfresser seien und sich deshalb optimal ihrer Umgebung anpassen könnten. Hinzu käme noch, dass sie in Deutschland keine natürlichen Fressfeinde hätten. In Nordamerika dagegen gäbe es Wildkatzen und größere Bären, die den Bestand des Waschbären regulieren.

Im Teich am Karbener Lilienwald haben die Waschbären jedenfalls zugeschlagen, vermutet Roland Prinzinger. Er fand im Wasser Dutzende abgezogene Froschhäute und Kadaver, die Bissspuren aufwiesen. Dies sei das Werk eines Waschbären. Um die Amphibien fressen zu können, müsste zuerst die Haut entfernt werden. Anschließend würde der Körper ausgewaschen, eine Tätigkeit, die wie der Name schon suggeriert, nur ein Waschbär beherrsche. Ohne diese Fähigkeit wäre es dem Kleinbären in Karben gar nicht möglich gewesen, eine so große Menge Erdkröten zu verspeisen. Drüsen der Haut der Erdkröte produzieren nämlich giftige Sekrete, welche eine passive Abwehr gegen Fressfeinde bieten sollen.

Prinzingers Entdeckungen sind jedoch nicht der einzige Indikator, welcher auf den Rückgang der Frosch- und Krötenpopulation hinweist: Jedes Jahr zur Krötenwanderung bauen und kümmern sich die Mitglieder der Nabu, zu denen auch Roland Prinzinger gehört, um die an den Fahrbahnrändern aufgestellten Krötenzäune. Diese sorgen dafür, dass die Kröten nicht auf der Fahrbahn überfahren werden. In Spitzenzeiten hätten sie so 1360 Kröten vor dem sicheren Tod bewahrt, sagt Prinzinger.

Doch in den vergangenen zwei Jahren nahm die Zahl beständig ab, bis die Ortsgruppe den außergewöhnlichen Einsatz aufgrund des großen Aufwands und des kleinen Nutzens schließlich einstellte. Die Erdkröte hat nicht nur einen Fressfeind. Störche und Reiher, die in den letzten Jahren immer mehr geworden seien, spitzten die Lage weiter zu.

Die Zahl der Zugvögel, die jedes Jahr überwintere, steige kontinuierlich. Somit erhöhe sich ebenfalls der Bedarf an Nahrung. Eine zusätzliche Belastung.

Erdkröte hat viele Fressfeinde

Ist dem Niedergang der Erdkröte in Karben etwas entgegenzusetzen? »Man kann die Waschbärpopulation ganz sicher begrenzen, aber eine Ausrottung ist unmöglich«, denkt Roland Prinzinger. Einerseits sei es unmöglich, den Zugang zu menschlichen Nahrungsresten zu unterbinden, andererseits könnten die Waschbären, welche exzellente Kletterer seien, nicht nur an bodennahe Nahrung, sondern auch beispielsweise an hochgelegene Nester baumbrütender Vogelarten kommen. Seine explosionsartige Vermehrung mache das Begrenzen der Ausbreitung sehr mühsam.

Eine Verbreitung etwaiger Fressfeinde des Waschbären schließt Roland Prinzinger ebenfalls aus. Für einen spürbaren Effekt sei der Luchs zu gering vertreten. Der Wolf könnte tatsächlich ein Fressfeind werden. Jedoch sei eine Ansiedlung des Wolfes zur Bekämpfung des Waschbärs oft undenkbar, da diese wiederum nah an der Bevölkerung leben. »Ein etwaiger Fressfeind ist nur eine Illusion«, stellt Prinzinger fest.

Ein ernüchterndes Ergebnis, das die Zukunft der Erdkröten im Lilienwaldteich ungewiss erscheinen lässt. (rso)

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