Mann sitzt mit Protestschild vor Einkaufszentrum – Das steckt hinter der „Rebellion of One“

Er gehört nicht zur Bewegung „Fridays for Future“. Dennoch ist es dem Karbener Aman Walia ein Anliegen, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen.
Karben - Es sind gerade mal acht Grad, der Boden ist vom Regen der vergangenen Nacht feucht, dunkle Wolken sind über der Karbener Stadtmitte aufgezogen. Dennoch zeigt sich der Klein-Karbener Umweltaktivist Aman Walia unerschrocken. Für seine erste eigene Solo-Protestaktion hat er sich die Zeit zwischen den Jahren ausgesucht. Mit zwei Plakaten auf dem Rücken und vor der Brust ist er zum Selzerbrunnencenter gezogen. Und jetzt sitzt er um kurz vor zehn auf einem kleinen Blumenhocker. Neben ihm ein größerer weißer Hocker, darunter ein Körbchen mit Informationen. »Klimawandel. Lasst uns miteinander reden«, hat er auf das Frontplakat geschrieben, das diejenigen sehen können, die mit ihrem Auto auf den Parkplatz des Einkaufszentrums fahren bzw. dort zu Fuß hineinlaufen. Es fällt sofort auf: Diejenigen, die zu Fuß kommen, machen einen Bogen um ihn. Nach Diskutieren scheint den wenigsten zumute zu sein an diesem tristen Wintertag.
Stiller Protest vor Selzerbrunnencenter in Karben: Ursprüngliche Pläne geändert
Seine Aktion hatte der 25-Jährige auch nicht angekündigt - und dennoch schon länger vorbereitet. Ursprünglich wollte er an zwei Kreuzungen in Klein-Karben mit Autofahrerinnen und Autofahrern ins Gespräch kommen, hatte er dieser Zeitung im Vorfeld verraten. Doch dann hat er seine Pläne Anfang der Woche verworfen und ist dorthin gegangen, wo in diesen Tagen viele Menschen ihre Einkäufe für Silvester und Neujahr machen. Das Einkaufszentrum schien ihm der geeignete Ort, um mit Leuten ins Gespräch zu kommen. »Ich sitze am Rand«, sagt er, und: »Ich bin nicht hier, um Unruhe zu stiften.« Nein, das tut er wahrlich nicht, auch wenn er seine Aktion als »Rebellion of One« betitelt hat. Rebellieren will er nicht, aber dennoch eher leise auf sein Anliegen aufmerksam machen.
Aman Walia engagiert sich schon länger in Sachen Umwelt. In Amsterdam etwa, wo er sein Master-Abschlussprojekt in den Jahren 2020 und 2021 mit dem Energiewende-Team der Stadt Amsterdam absolvierte, hat er sich mit der Nutzung von Abwärme von Rechenzentren befasst. »Das ist ein Thema, was hier auch wichtig wäre, gerade in Frankfurt«, sagt er.
Aber zunächst geht es dem studierten Wirtschaftswissenschaftler um die humanen und sozialen Aspekte des Klimawandels. Das ist für ihn weit mehr als nur die Frage, ob höhere Gaspreise arme Menschen treffen. »Schauen Sie sich Gatzweiler II an«, sagt er, »da soll ein kleines Dorf abgerissen werden, damit der Braunkohleabbau weitergehen kann.« Es gehe darum, dass Menschen für eine veraltete Technologie, nämlich die Verbrennung von Kohle, enteignet würden.
Mann demonstriert an Einkaufszentrum in Karben für Alternativen zur Energieerzeugung
Aber er will auch aufzeigen, dass es »lokale Lösungen für das Heizen« gebe, wie etwa Geothermie oder Solarenergie. »Wir müssen der Öffentlichkeit endlich aufzeigen, welche Alternativen der Energieerzeugung es gibt, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren«, sagt er. Dafür wolle er mit den Menschen ins Gespräch kommen.
Der Antrieb für seine Aktion ist nicht nur sein Wissen um Möglichkeiten alternativer Energiegewinnung, sondern auch - Angst. Der Klimawandel habe bei ihm Angst ausgelöst, erklärt er. Und das hat er auch auf das Plakat geschrieben, das er auf dem Rücken trägt: »Ich habe Angst um die Zukunft unserer Kinder.« Mit dieser Angst habe er erst einmal selbst fertig werden müssen.
Aber jetzt wolle er dafür kämpfen, dass darüber alle miteinander ins Gespräch kommen. »Hier zu sitzen, ist weniger schlimm als später die Folgen auszuhalten«, sagt der 25-Jährige. Deswegen hat er sich vorgenommen, »einige Stunden hier zu sein«. Und das trotz eher widriger Wetterverhältnisse. »Macht nix«, sagt Amann zum Schluss auf die Frage, ob er denn keine Angst vor Unterkühlung habe, »ich bin warm angezogen.« (pe)
Wer ist Aman Walia?
Der heute 25-Jährige Aman Walia ist in Frankfurt am Main geboren worden, wuchs aber in Karben auf. Der Sohn von Eltern mit indischen Wurzeln kennt also seine Stadt. Nach dem Abitur nahm er ein Bachelor-Studium in Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Uni in Frankfurt auf, danach absolvierte er ein Master Studium in Sustainable Energy System Management an der Uni in Groningen. In den Niederlanden kam er zum Aktionsbündnis »Extinction Rebellion«, dem er seit Oktober vergangenen Jahres angehört. »In den Niederlanden habe ich schon an einigen Gemeinschaftsaktionen teilgenommen. Hier in Karben ist es solo meine erste Aktion«, erklärt er.
Spaziergänger am Winterstein oder im Taunus sehen bereits Folgen des Klimawandels. Dem Stadtwald in Bad Nauheim ist jedoch kaum etwas anzumerken.