Mittelzentrum: Rahn will klagen

Bürgermeister Guido Rahn hat auf dem Neujahrsempfang der Karbener CDU angekündigt, die Stadt werde dagegen klagen, dass das Land sich weigert, die Stadt als Mittelzentrum anzuerkennen.
Karben (pe). Das Stadtoberhaupt sagte das an den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) gewandt. Ähnlich hatte sich zuvor der CDU-Stadtverbandsvorsitzende und Fraktionsvorsitzende Mario Beck geäußert. »Für uns zählt erst die Stadt, dann die Partei - daher kämpfen wir für dieses Ziel mit allen rechtsstaatlichen Mitteln«, sagte er bei der Begrüßung Rheins und der rund 250 Gäste im großen Saal des Bürgerzentrums. Dabei erwähnte er auch, dass die komplette Stadtverordnetenversammlung hinter dieser Forderung stehe.
Hallenbad von 25 Schulen besucht
Rahn beklagte vor allem die Kriterien, die das Land angelegt habe, um Städte als Unter- oder als Mittelzentrum einzustufen. Eine Schule im Ostkreis, die von Schülerinnen und Schülern aus den umliegenden Gemeinden besucht werde, habe mehr Punkte erhalten als die Kurt-Schumacher-Schule, die zwar in der Stadt liege, aber nicht nur von Karbener Kindern besucht werde. Zudem nannte er das Hallenfreizeitbad, das man geöffnet halte und das mittlerweile von 25 Schulen im Umkreis genutzt werde. Viele andere Kommunen hätten ihre Bäder längst geschlossen. »Aber wo sollen die Kinder sonst schwimmen lernen?«, fragte er.
Da es mit dem Land seit geraumer Zeit keinen Kompromiss über eine Hochstufung zum Mittelzentrum gebe, werde man den Klageweg beschreiten. »Aber der Rechtsweg kostet uns wieder zwei bis drei Jahre.« Rahn betonte zudem, dass »Karben sinnvoll investiert«. So erwähnte er die beiden Neubaugebiete in Petterweil und im Stadtzentrum. Ebenso die vielen Kita-Plätze, die man in den letzten Jahren neu geschaffen habe. »Wir haben mittlerweile über 1000 Kita-Plätze in unserer Stadt, und weitere 100 kommen noch hinzu.« Der Bürgermeister beklagte aber eine Vielzahl von Vorschriften.
Lenny erläutert sein Baumprojekt
So wolle die Stadt eine Mountainbikebahn für die Jugendlichen bauen, müsse dafür aber einen Bebauungsplan aufstellen. »Zugespitzt könnte man sagen, wir brauchen für ein paar Erdhügel einen Bebauungsplan.« Unter tosendem Beifall des Saals rief Rahn: »Wir krempeln hier in der Stadt die Ärmel hoch und wollen, dass das in Wiesbaden endlich anerkannt wird.«
Auch das Thema Flüchtlinge treibt den Karbener Bürgermeister, wie auch seine Amtskolleginnen und -kollegen, um. Es würden den Kommunen immer mehr Flüchtlinge zugewiesen. Es sei sogar schon die Idee aufgekommen, die Turnhalle in Klein-Karben als Flüchtlingsunterkunft umzubauen. »Das ist aber keine Lösung«, sagte er. Rahn wies darauf hin, dass die Lage »im Hintergrund explosiver ist, als man denkt«.
Gastgeber Mario Beck hatte eingangs des Abends zunächst die ehrenamtlich Tätigen begrüßt. Zuerst hieß er den Stadtbrandinspektor Christian Becker willkommen. Er solle den Beifall des Publikums mit zu seiner Truppe nehmen. Es sei etwas Besonderes, eine ehrenamtliche Feuerwehr in einer 23 000-Einwohner-Stadt mit manchmal täglichen Einsätzen zu haben. Das gelte auch für die Einsatzkräfte von Rettungsdienst und Polizei. Beck sagte, man müsse ihnen den Rücken stärken angesichts der Verrohungen eines Teils der Gesellschaft, denen sie ausgesetzt seien. »Wenn Chaoten wie in der Silvesternacht oder radikale Aktivisten, egal welches vermeintlich gut gemeinte Anliegen sie haben, meinen, das Gewaltmonopol des Staates nicht akzeptieren zu müssen, dann dürfen Täter und Opfer nicht vertauscht werden. Im Gegenteil: Der Staat hat sich schützend vor seine Einsatzkräfte zu stellen und den Tätern die Grenzen aufzuzeigen - das passiert nach meinem Dafürhalten noch viel zu wenig und muss konsequenter gelebt werden«, sagte der Vorsitzende unter starkem Beifall.
Dann rief er Lenny Kraut und seinen Vater auf die Bühne. Der Junge hat ein besonderes Anliegen, denn er sammelt für den Karbener Wald. Er stellte kurz vor, warum er das tut und erwähnte dabei den Kreta-Urlaub seiner Familie. Dort habe alles vertrocknet ausgesehen. Inzwischen hat der Neunjährige kräftig an verschiedenen Orten und bei verschiedenen Anlässen gesammet. Mehr als 10 000 Euro seien schon zusammengekommen für Aufforstungen im Karbener Wald, konnte er während des Neujahrsempfangs verkünden. Zugleich kündigte er an, bei der Veranstaltung herumzugehen und weiteres Geld zu sammeln.
Ehrengast Boris Rhein hielt die längste Rede, blickte auf das, was die hessische Landesregierung geleistet habe und empfahl sich für die Landtagswahl am 8. Oktober. Er lobte dabei sowohl Rahn als auch den Wetterauer Landrat Jan Weckler »als Glücksfall«. Rhein spannte einen weiten Bogen, erwähnte den Ukraine-Krieg und die zunehmende Zahl von Flüchtlingen. »Die kommunale Familie leistet schon viel. Aber der Schlüssel zur Migration liegt bei der Bundesregierung«, zeigte er die Verantwortlichkeiten auf. Rhein warnte: »Diese Situation darf nicht zum Katalysator von radikalen Kräften werden.«
Ganz besonders wandte sich Rhein dem Finanzausgleich zu. Es könne doch nicht angehen, dass es nur drei Zahlerländer in Deutschland gebe und die anderen Länder Geld erhielten. Das Geld müsse in Hessen bleiben. »Zurzeit überweist jeder hessissche Steuerzahler 500 Euro an andere Länder.« Rahn nahm diesen Ball auf und konterte: »Zahlen Sie davon 100 Euro pro Bürger an die Stadt Karben. Dann wären das rund zwei Millionen Euro und das Mittelzentrum wäre genehmigt.«