Okarbener Firmenchef: »Mehr Mut zu Quereinsteigern«

Viele Unternehmen beklagen sich über den großen Mangel an Fachkräften. Die »ClimAir« GmbH aus Karben setzt bereits seit ihrer Gründung auf Quereinsteiger in der Belegschaft. Mit Erfolg, wie die Mitarbeiter Fabian Krausgrill und Tarek Kassin beweisen. Kann diese Alternative auch in anderen Berufsbranchen umgesetzt werden?
D er Mangel an Fachkräften macht sich in vielen Branchen bemerkbar. Auch im ländlichen Raum. Auch in Karben. Auch bei der »ClimAir« GmbH in Okarben. Das Traditionsunternehmen, das Kunststoffe für Autos herstellt, setzt dabei auf eine bestimmte Variante der Mitarbeiterakquise, um dem Fachkräftemangel zu begegnen: dem Quereinstieg.
Erfahrung mit Seiteneinsteigern
Deswegen hat die Firma zuletzt in dieser Zeitung einen Beileger geschaltet, um Menschen anzusprechen, die »in ihrem Berufsfeld keine Zukunft mehr haben oder etwas Neues ausprobieren möchten«. »Vier Leute haben sich beworben. Leider war niemand davon für unser Unternehmen geeignet«, sagt Guido Hommel. Dennoch besitzt der »ClimAir«-Geschäftsführer viel Erfahrung bei der Einstellung von Quereinsteigern in seinem Betrieb.
»Wir verfolgen dieses Prinzip praktisch seit der Gründung des Betriebs im Jahr 1970«, sagt er.
Vom Büro in die Werkstatt
Der Firmenchef betont, er lege keinen großen Wert darauf, »was der Bewerber vorher getan hat«. Er müsse vielmehr beweisen, dass er fähig sei, anzupacken. »Was nützt mir die beste Ausbildung, wenn die Person nicht bereit ist, zu arbeiten und sich zu integrieren?«, fragt Hommel.
Genau solche Mitarbeiter habe er in Fabian Krausgrill und Tarek Kassin gefunden. Beide arbeiten seit sechs Jahren in Okarben und sind innerhalb des Unternehmens in verschiedene Bereiche eingestiegen. Krausgrill begann als Auszubildender für Büromanagement. Nun ist er Betriebsleiter. Kassin kam als gelernter Schreiner zu »ClimAir«. Zunächst arbeitete er in der Produktion. Inzwischen ist er der Leiter der CNC-Abteilung und für die Technik in der Schreinerei verantwortlich.
Beide haben also ihren gewohnten Arbeitsplatz am Schreibtisch oder an der Werkbank verlassen und kennen sich in allen Bereichen der Firma aus. »Dadurch erhält man einen guten Überblick über die gesamte Firma und ihre Abläufe«, sagt Krausgrill.
Einen Nachteil hingegen erklärt Kassin: »Manchmal fällt es dann ein wenig schwer, Aufgaben auch wirklich an andere zu delegieren.« Der 27-Jährige erzählt, er habe zuletzt einen Entwurf für die Bestellung eines Kunden konzipiert, der in der Schreinerei hergestellt werden sollte. »Das hat mir aufgrund der vielen Aufträge zu lange gedauert. Ich habe es dann einfach selbst gemacht«, sagt er.
Doch genau diese Generalisierung hilft Hommel und seiner Firma im täglichen Geschäft. »Wir haben großes Vertrauen in unsere Mitarbeiter. Sie wissen, was zu tun ist, und arbeiten zum großen Teil autark«, sagt er. »Viele der Angestellten schauen dann auch in die anderen Abteilungen und schauen, wo Not am Mann ist.« Dies sei auch einer der Gründe, warum der Geschäftsführer viele Beschäftigte in seinem Unternehmen habe, die bereits seit 10, 15, 20 oder gar 35 Jahren in seinem Unternehmen sind.
Pragmatismus als Lösungsansatz
Hommel sagt, er sei sich sicher, dass seine Methode der Quereinstiege auch für andere Branchen anwendbar sei. »Wenn ein Bäcker keine Fachkraft findet, sollte er es mit einer ungelernten Kraft probieren. Ein Handwerk kann jeder lernen«, sagt er. Dafür müsse der Unternehmer Geduld, Zeit und vor allem eines investieren: Mut.
Auch Krausgrill und Kassin sagen, sie würden jedem einen Quereinstieg empfehlen. »Es ist besser, etwas zu probieren und dann festzustellen, dass es einem nicht passt, als es im Vorfeld auszuschließen«, sagt der Betriebsleiter. Er fordert auch vonseiten der Arbeitnehmer: »Wir müssen mutig sein und Herausforderungen annehmen.« Nur mit mutigen Unternehmern und Arbeitern könne der Mangel an Fachkräften überwunden werden.