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Kein Bürgerentscheid in Hirzenhain

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Der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Marko Heun, erarbeitet mit den Fraktionen einen Beschluss, um die Bürger über die Machbarkeitsstudie zu informieren. © Oliver Potengowski

UWG und SPD kritisieren im Hirzenhainer Parlament die Machbarkeitsstudie und deren Entstehung. Die Mehrheit spricht sich schließlich gegen einen Bürgerentscheid zu einem Zusammenschluss mit Gedern aus.

Hirzenhain (ten). Eine große Mehrheit der Gemeindevertreter hat sich am Montagabend in namentlicher Abstimmung gegen einen Bürgerentscheid zu einem Zusammenschluss mit Gedern ausgesprochen. Zuvor hatten UWG und SPD massive Kritik an der Machbarkeitsstudie und deren Entstehung geäußert. Einzig CDU-Fraktionschef Andreas Müth sprach sich entschieden für den Zusammenschluss aus.

Die Gederner Stadtverordneten hatten sich im Februar einstimmig für die Fusion ausgesprochen, die eine von den beiden Kommunen beauftragte Machbarkeitsstudie dringend empfohlen hatte (diese Zeitung berichtete).

Bürgermeister Timo Tichai (parteilos) betonte vor der Diskussion, dass er sich bei dem Thema neutral verhalten werde. »Ich bin für diesen Prozess offen, sträube mich nicht und arbeite nicht dagegen«, stellte er fest. »Egal wie die Entscheidung ausgehen wird, ich werde sie akzeptieren.«

Weber: Zahlen manipuliert

UWG-Fraktionschef Marcel Weber erklärte, dass den Gemeindevertretern zu Beginn des Prozesses im Oktober 2019 bewusst gewesen sei, dass eine engere Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen notwendig sei. Die Studie sollte ergebnisoffen Antworten liefern, ob eine interkommunale Zusammenarbeit, ein Gemeindeverwaltungsverband oder ein Zusammenschluss die besten Ergebnisse bringe. Es habe sich aber schnell gezeigt, »dass es aus Gederner Sicht nur eine Option zu geben scheint - und zwar die Fusion«.

Diese unterschiedliche Einstellung habe man auch bemerkt, als die Studie ohne nennenswerte Bürgerbeteiligung zu Ende gegangen sei, sagte Weber. Als Hirzenhainer Vertreter Zahlen hinterfragt hätten, deren Herkunft sie bis heute nicht ausreichend begründet sehen, »merkte man nichts mehr von Partnerschaft auf Augenhöhe«. Nachfragen seien oft nur ausweichend beantwortet worden.

Weber warf den Studienautoren eine Manipulation der Zahlen und »völlig unrealistische Annahmen« vor. Lege man die aktuellen Haushaltszahlen zugrunde, entfielen auf jeden Hirzenhainer nicht nur keine Schulden, sondern es bleibe sogar noch ein Guthaben von 400 Euro. Dagegen liege die Pro-Kopf-Verschuldung in Gedern bei mindestens 4100 Euro. Bei einer Fusion müssten die Hirzenhainer Bürger diese Schulden mittragen. Weber bezweifelte, dass die in der Gemeinde anstehenden Investitionen 13,5 Millionen Euro kosten werden. Auf diese Summe komme man, wenn man für jeden Hirzenhainer Bürger die gleiche Pro-Kopf-Verschuldung wie in Gedern annehme.

Dazu kritisierte er, dass der Zusammenschluss Kernprobleme von Gedern und Hirzenhain nicht lösen werde.

Loos: Fusion nur Ultima Ratio

Auch eine gemeinsame Stadt werde strukturelle Schwächen, eine schlechte Verkehrsanbindung, wenig Arbeitsplätze und hohe Schulden haben. »Die strukturellen Schwächen von Kommunen im Ostkreis werden nicht dadurch gelöst, dass sich zwei Kommunen zusammentun«, stellte er fest. Die Studie habe keine Lösungen für diese Probleme.

Statt eines Zusammenschlusses sprach sich Weber für mehr interkommunale Zusammenarbeit und eine schrittweise Annäherung an Gedern aus. Diese könne vielleicht später zu einer Fusion führen.

Diese Position trug in wesentlichen Punkten auch Heike Loos (SPD) vor. Der Zusammenschluss sei eine ungeliebte Variante. Nur weil es dafür Fördergelder der Landesregierung gibt und die Studie finanziert wird, habe man auch diesen Weg beleuchtet. »Unsere Erwartung war eine ausgewogene Untersuchung der drei Varianten, wobei die Fusion nur als Ultima Ratio galt«, sagte sie. Stattdessen sei die Studie einseitig auf die Fusion zugeschnitten worden.

Im Gegensatz zu Loos und Weber, die sich nicht nur gegen den Zusammenschluss, sondern damit auch gegen den Bürgerentscheid aussprachen, regte Müth an, die Bürger in die Entscheidung einzubeziehen. Es müsse geklärt werden, ob die Verwaltung in Hirzenhain in Zukunft noch attraktiv für Mitarbeiter sei und die Aufgaben der Daseinsvorsorge bewältigen könne. Er werde dafür stimmen, dass es einen Bürgerentscheid zu einem Zusammenschluss gibt. Nicht, weil er für die Auflösung der Gemeinde sei, sondern weil er den Bürgern das Recht lassen wolle, über die Zukunft zu entscheiden.

Mit ihm stimmten jedoch nur drei weitere CDU-Vertreter für diese Option, sieben Gemeindevertreter sprachen sich dagegen aus. Für den Gemeindeverwaltungsverband stimmte kein Abgeordneter. Mit Ausnahme von Andreas Müth und Jonas Müth sprachen sich dagegen alle für einen Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit aus.

Von den drei Varianten einer erweiterten Kooperation mit Gedern war nur für den Zusammenschluss eine Information der Bürger vorgesehen. »Das ist eine bitterböse Sache, die uns da untergeschoben wird«, vermutete Benno Aul (UWG) sogar eine böse Absicht. Die Gemeindevertreter sollten dadurch gedrängt werden, für diese Variante zu stimmen. Weil jedoch nur für diese Variante ein Bürgerentscheid notwendig ist, wird eine Information über die Studie auch nur für diese Vorbereitung eines Zusammenschlusses benötigt.

Andreas Müth (CDU) ahnte, dass der Bürgerentscheid nicht die erforderlichen Stimmen bekommen würde. Er hatte einen Änderungsantrag vorbereitet, wonach die Bürger grundsätzlich über die Studie informiert werden sollten. Er fand jedoch keine Mehrheit.

Nachdem sich die Abgeordneten für die verstärkte interkommunale Zusammenarbeit entschieden hatten, beantragte Aul eine Information der Bürger. Formal war das zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, weil der Tagesordnungspunkt abgeschlossen war. Dennoch ließ Parlamentschef Marko Heun (UWG) zu, dass ein Beschluss ausgearbeitet wurde. Demnach sollen die Fraktionen mit der Verwaltung eine Informationsveranstaltung vorbereiten.

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