Kirchner: Kameradschaft steht oben an

Bei den heutigen Vorstandswahlen der Stadtjugendfeuerwehr Nidda wird es einen einschneidenden Wechsel geben: Nach zehn Jahren als Vorsitzende kandidiert Daniela Kirchner nicht mehr für das Amt.
Zehn Jahre war Daniela Kirchner Vorsitzende der Niddaer Jugendwehren. Heute werden die Mitglieder einen Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgerin wählen. Daniela Kirchner bleibt weiterhin in der Verantwortung. Zusammen mit Tatjana Noll und dem Kollegen Michell Reutzel übernimmt sie den Vorsitz der Freiwilligen Feuerwehr Ober-Lais.
Wie hat die 34-Jährige es geschafft, dieses zeitaufwendige Ehrenamt mit einem anspruchsvollen Beruf zu verbinden? In einem Interview berichtet Daniela Kirchner über ihre Motivation für beide Aufgaben und wie sie dies gelöst hat.
Die Feuerwehr hat für Sie einen großen Stellenwert. Wie kam das?
Schon als Kleinkind habe ich meinen Vater, der damals Jugendwart war, zur Jugendfeuerwehr begleitet. Da stand für mich fest, dass ich das auch mal machen möchte. Mit zehn Jahren bin ich in die Jugendfeuerwehr Borsdorf gekommen, mit 18 in die Einsatzabteilung. Ein Jahr später bin ich als Schriftführerin in den Vorstand der Stadtjugendfeuerwehr gewählt worden. Seit 2013 bin ich Vorsitzende.
Was verbindet Sie mit der Feuerwehr, was gefällt Ihnen an der Jugendarbeit?
In der Jugendarbeit findet jeder seinen Platz, nicht nur die »Drei-Sterne-Talente«, die »Einser-Abiturkandidaten«. Es gibt Kinder und Teenies, die im Praktischen zeigen, was sie drauf haben, die durch Hilfsbereitschaft und Teamfähigkeit einen Platz in der Gruppe finden. Wer kameradschaftlich ist, gehört einfach dazu.
Zudem gefällt mir das Zupackende, die Bereitschaft, zivilgesellschaftliche Aufgaben zu erledigen und wenn es das Absichern eines Laternenumzugs bei nasskaltem Novemberwetter ist. Feuerwehrarbeit ist nicht nur schön. Wehrleute, die bei Unfällen Hilfe leisten, sehen Szenen, die sie nur schwer verarbeiten können. Die Kameradschaftlichkeit in der Gruppe ist dann unentbehrlich.
Als erste Frau an die Spitze der Stadtjugendfeuerwehr gewählt zu werden - hat Sie das geschmeichelt?
Nein - oder höchstens ein bisschen. Mein großer Wunsch war: Ich will es gut machen. Ich wusste, dass ich in große Fußstapfen treten musste. Mein Vorgänger war Achim Nagel, auch ein Mann mit Feuerwehrbiografie. Mit dieser Arbeit war er total verbunden, hat mit seinem Vorstandsteam viel geleistet. Gleichzeitig war mir klar: Ich kann nicht einfach das Bisherige kopieren. Ich muss meinen eigenen Stil finden.
Welches waren Ihre Aufgaben?
Der Vorstand koordiniert die Arbeit der einzelnen Ortsgruppen - in der Corona-Zeit war das eine absolute Herausforderung. Der Kontakt zu den Mitgliedern sollte nicht abreißen und ich bin stolz, dass uns dazu einiges eingefallen ist: Online-Kontakte, einen Online-Wettbewerb für die Jugendfeuerwehren der Stadt, sommerliche Übungen im Freien und der gemeinsame Besuch des Open-Air Kinos.
Dann organisieren wir Wettbewerbe. Aus der ganzen Wetterau kommen Jugendliche zur Abnahme der Leistungsspange nach Nidda. Eigene Wettbewerbe sind der Leistungsmarsch und die Abnahme der Jugendflamme Stufe I. Das bedeutet nicht nur Wettkampforganisation, sondern auch Bewirtung von bis zu 200 Leuten. Schließlich gilt es, das Zeltlager mit unserer Stadtmeisterschaft im Sommer zu organisieren.
Sie haben insgesamt 16 Zeltlager mitorganisiert. Gab es auch mal Kinder mit Heimweh oder Verletzungen?
Wir achten sehr auf die Sicherheit der Kinder und sind dankbar, dass es nie zu ernsthaften Verletzungen gekommen ist. Heimweh? Im Gegenteil! Kinder, die wir wegen verstauchtem Knöchel oder gravierenden allergischen Reaktionen zum Arzt fahren mussten, wollten unbedingt in das Zeltlager zurück, weil sie es dort so gut fanden. Wir haben alle Wettervarianten von Bruthitze bis Starkregen und Sturm durch. Und immer kommt Unvorhergesehenes.
Teenies probieren ja auch gerne mal was aus, schlagen über die Stränge. Wie gehen Sie damit um?
Wir machen klare Ansagen und setzen die auch durch. Weder in den Zelten noch der Umgebung wird zum Beispiel geraucht. Das gilt auch für das Betreuungsteam. Wegen der Trockenheit und der oftmals dürren Wiesen können wir das nicht mehr tolerieren.
Die Feuerwehr bietet ihren Aktiven und Verantwortlichen Weiterbildungen. Welche können Sie hervorheben?
Am fachlich anspruchsvollsten habe ich den Truppführerlehrgang empfunden, der technische und praktische Herausforderungen brachte. Andere Lehrgänge zu Führungsstil, Management, rechtlichen Inhalten haben mir sowohl für die Feuerwehr als auch meinen Beruf viel gebracht. Gar nicht hoch genug einschätzen kann ich die Vernetzung mit den Kameradinnen und Kameraden. Es tat gut zu erfahren, dass alle bei Corona um ihre Jugendarbeit gebangt haben oder wie andere mit den Krisen umgehen.
Sie bewältigen seit Jahren berufliche und ehrenamtliche Führungsaufgaben. Wie geht das?
Ich habe nach dem Abitur 2007 eine Ausbildung als Bankkauffrau begonnen, anschließend in einem dualen Studiengang die Weiterbildung zur Bankbetriebswirtin gemacht. Schon während der Ausbildung war mir klar: Ich möchte gern Verantwortung übernehmen. Die Sparkasse Oberhessen hat ein Gleitzeitarbeitsmodell. So konnte ich nach Absprache früh beginnen, wenn ich etwa am Spätnachmittag zu einer Spendenübergabe musste. Von 2016 bis Anfang 2019 habe ich das Beratungszentrum Ortenberg der Sparkasse Oberhessen geleitet und freue mich, dass ich diese Aufgabe dann an meinem Heimatort Nidda übernehmen konnte. Generell kann ich sagen: Mein Arbeitgeber sieht ehrenamtliches Engagement mit Wohlwollen.
Sie nehmen regelmäßig an den Veranstaltungen von Nidda erlesen teil. Ist das nur Pflichtbewusstsein gegenüber Ihrem Arbeitgeber als Sponsor?
Nein, höchstens ein Zehntel sind Heimatbewusstsein. Ich finde es gut, dass mein Arbeitgeber die Reihe unterstützt. Aber die anderen neun Zehntel Motivation sind schlicht und einfach Freude am Lesen. Mein Lieblingssessel, die Lampe und ein Buch sind für mich wichtige Entspannungselemente. Zu meinen Lieblingsbüchern gehören die Friesenkrimis von Klaus Peter Wolf, die sächsischen Spannungsromane von Frank Goldammer, der im Januar in Nidda war.