Kita cum laude: Büdingen will für Erzieherinnen und Erzieher attraktiv werden

Büdingen kann bis Januar 2023 keine neuen Kita-Plätze vergeben. Nun will die Stadt so attraktiv wie möglich auftreten, um Erzieherinnen und Erzieher zu holen beziehungsweise zu binden.
Es war ein großer Schreck, als Erste Stadträtin Katja Euler in der Stadtverordnetenversammlung im Mai die Hiobsbotschaft verkündet hatte: Büdingen kann bis Ende Januar 2023 keine Kinder mehr in städtischen Kitas aufnehmen. Nun rauchen die Köpfe. Wie kann die Kommune Erzieherinnen und Erziehern den Job in der viel zitierten Familienstadt schmackhaft machen?. Vielleicht mit einem dualen Studium im Fach Kindheitspädagogik, ausgeschrieben in den Büdinger Kitas?
Antrag von FWG und SPD
Das hatten FWG und SPD gemeinsam beantragt, der Ausschuss für Jugend, Kultur und Soziales (JKS) beriet den Vorschlag und empfahl den Stadtverordneten, Stellen für duale Studiengänge in den Fächern Kindheitspädagogik und Soziale Arbeit ausschreiben. Hinzukommen sollen gegebenenfalls weitere Studienfächer, die zur Tätigkeit in der frühkindlichen Bildung und Betreuung qualifizieren. Da die Stadt die Studiengebühren übernimmt, gehen die Bewerberinnen und Bewerber eine Verpflichtung ein: Nach Abschluss des Studiums sollen sie für mindestens drei Jahre in Büdingen arbeiten.
Diesem Vorschlag folgten die Stadtverordneten jetzt in Orleshausen mehrheitlich. Einen Antrag, ein duales Studium Soziale Arbeit auszuschreiben, den die CDU im August gestellt hatte, zogen die Christdemokraten zurück. Grund ist, dass die Stadt die Studienmöglichkeit Soziale Arbeit bereits anbietet, hinzu kommt nun aber Kindheitspädagogik.
Wie aus der Sitzungsvorlage hervorging, ist die Personalsituation im Bereich der Kinderbetreuung nicht nur in Büdingen katastrophal. Auf dem Arbeitsmarkt sind demnach kaum Bewerber vorhanden und die Konkurrenzsituation verschärft das Ganze noch, hieß es. Es komme also in Zukunft darauf an, möglichst attraktive Angebote zu machen. Für die Kitas habe das den positiven Effekt, die Ausbildung qualifizierten Personals zu begleiten und mindestens drei weitere Jahre Planungssicherheit zu haben.
Beschluss nicht unumstritten
Der Beschluss war aber nicht unumstritten. Wolfgang Patzak (FDP) bezeichnete die neuen Angebote als »wünschenswerte Dinge«, welche aber staatliche Aufgaben seien. Seiner Ansicht nach fallen sie nicht in den Zuständigkeitsbereich der Stadtverordnetenversammlung. »Ich halte den Grundsatz für emotional nachvollziehbar«, sagte er. Eine rechtliche Prüfung sei allerdings notwendig. Patzak gab zu bedenken, dass das Bezahlen von Studiengebühren dann auch für andere Mangelberufe gelten würde, etwa für Bauingenieure. Die zeitliche Bindungsfrist bringe auf lange Sicht nichts, wenn Städte wie Frankfurt zum Teil mehr bezahlen. Dann ziehe das gut ausgebildete Personal in die Mainmetropole. Andere Kommunen böten diese Ausbildungsmöglichkeiten ebenfalls an, »wenn es jeder macht, wie sinnhaft ist es dann noch?«, fragte Patzak.
Arno Remmers (Bündnis 90/Die Grünen) wies auf die ausführliche Besprechung im JKS-Ausschuss hin. »Wir brauchen eine etwas attraktivere Möglichkeit, um Leute für die Kinderbetreuung herzubekommen«, betonte er. Nicht darum gehe es, staatliche Aufgaben zu übernehmen, sondern es attraktiv zu machen, nach Büdingen zu kommen. Es sei ein Beruf, der mit Engagement ausgeübt und nicht »mal eben« wegen des Gelds verlassen werde.
Die AfD und der Populismus
Auch Robert Wasiliew (AfD) hielt dagegen. »Ich habe den Eindruck, das Thema Kindertageseinrichtungen wurde jahrelang stiefmütterlich behandelt. Nun ist es wie ein Wettbewerb: Wer stellt die meisten Anträge? Wir werden das Problem mit den Erzieherinnen und Pädagogen in Büdingen nicht lösen können.« Die Stadt müsse in den nächsten Jahren sehen, überhaupt die gesetzlichen Anforderungen in der Kinderbetreuung einzuhalten. Wasiliew erinnerte an seinen diesbezüglichen Antrag aus dem Mai, den die Stadtverordneten abgelehnt hatten. Gleichwohl stimme er jetzt zu. »Auch wenn es das Problem nicht nachhaltig löst. Es sind populistische Schnellschüsse - jahrelang hat man nichts gemacht und nun tun wir sehr viel«, stellte er fest. Wie Ulrich Majunke (FWG) konstatierte, sage das »gerade der Richtige«. Majunke: »Sie sind ein Meister des Populismus.« Die Stadt werbe händeringend um Hilfskräfte und könne nicht mehr länger warten.
Die Stadt soll ihr Personalmarketing optimieren, jedenfalls wenn es nach FWG und SPD geht. Mehrheitlich überwies die Stadtverordnetenversammlung einen entsprechenden Antrag in den Ausschuss für Jugend, Kultur und Soziales (JKS). Ziel ist, Erzieherinnen und Erzieher anzuwerben beziehungsweise zu binden.
Das Thema war nicht unumstritten, wie sich in der Sitzung in Orleshausen zeigte. »Ich wünsche mir, dass sich Bewerberinnen und Bewerber nach Bewerbungsgesprächen nicht Richtung Rhein-Main aufmachen, sondern aus Überzeugung in Büdingen arbeiten wollen. Und dazu braucht es Strategien«, erklärte Sieglinde Huxhorn-Engler (SPD). »Personalmarketing ist Sache des Magistrats«, wandte Jonathan König (CDU) ein. Die Union wolle lieber auf ein Konzept der neuen Magistratsspitze warten und nicht »unverhältnismäßig« viel Geld für einen Marketingplan ausgeben. Auch FDP und AfD waren nicht überzeugt.
Wie Bürgermeister Benjamin Harris (CDU) bekräftigte, ist das Thema Sache des Magistrats. »Wir müssen den Mitarbeitern der Stadt ein Paket schnüren, das es interessant macht, dort zu arbeiten. Solch ein Paket schnüren wir gerade.« ihm