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Konzertanter Ausnahmeabend im Kloster Engelthal

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Mit stehendem Beifall feiert das Publikum in der Abteikirche Kloster Engelthal die zweieinhalbstündige Aufführung des »Messiah« von Georg Friedrich Händel unter der Leitung von Andreas Köhs (vorne, l.). © Ingeborg Schneider

Mit stehenden Ovationen feiert das Publikum die berührende Inszenierung von Händels großem Werk »Messiah«, das nun in der Abteikirche des Klosters Engelthal zu hören war.

Altenstadt (mü). Mit stehendem Beifall feierte das Publikum in der Abteikirche Kloster Engelthal die zweieinhalbstündige Aufführung des Oratoriums »Messiah« (»Der Messias«) von Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759) unter der Gesamtleitung von Andreas Köhs. Die deutsche Übersetzung des englischen Originaltexts von Charles Jennens auf Basis der King-James-Bibel erlaubte ein müheloses Verfolgen des musikalischen Geschehens.

Der Kurt-Thomas-Kammerchor der Frankfurter Dreikönigskirche, das Telemann-Ensemble Frankfurt sowie die Solistin Simone Schwark (Sopran) und die Solisten Christian Rohrbach (Altus), Georg Poplutz (Tenor) und Markus Flaig (Bass) entfalteten in den drei von Händel konzipierten Teilen des Oratoriums das, was man häufig als »The geratest story ever told - Die größte Geschichte, die jemals erzählt wurde« bezeichnet: Das aus christlicher Sicht stringente Heilsgeschehen von den Prophezeiungen des Alten Testaments über Leben, Sterben und Auferstehung Christi als dem verheißenen Messias bis hin zur Hoffnung auf seine Wiederkehr zum Jüngsten Gericht.

Verschiedene Stilmittel

Diesen gewaltigen, über Jahrtausende reichenden Bogen setzte Händel in meisterhafter Weise in 52 Arien und Rezitationen, konzertanten Passagen und herausragenden Chorstücken um. Er nutzte dazu Stilmittel von geistlichem Mysterienspiel, englischem Shakespeare-Theater, weltlicher Oper und höfisch-festlichen Hymnen. Die gewaltige Erzählung mit vielen sehr unterschiedlichen emotionalen Affekten zwischen Liebe und Schmerz, Trauer und Hoffnung, menschlichen Urängsten und Erlösungsgewissheit verfehlte ihre Wirkung schon bei der Uraufführung am 13. April 1742 in Dublin nicht. Ungeachtet kirchlicher Einwände, dass Händel und Jennens biblischen Stoff in eine gehobene weltliche Unterhaltung verwandelt hätten, ist es genau diese Nähe zum Zuhörer, die den »Messiah« bis heute zu einem der populärsten, kontinuierlich aufgeführten geistlichen Musikwerke des christlichen Abendlands gemacht hat. Schon King Georg II. soll nach dem ersten Hören des heute weltberühmten »Halleluja« derart ergriffen gewesen sein, dass er aufsprang, das Volk es ihm nachtat und man bis heute in englischsprachigen Ländern dieser Hymne ausschließlich stehend lauscht.

Kein Wunder also, dass das Publikum sich auch in Engelthal von seinen Plätzen erhob, nachdem das letzte triumphale »Amen« des Chors verklang. In einer dynamischen Einheit mit seinen Sängerinnen und Sängern, dem opulent besetzten Orchester sowie den vier Solisten gelang Gesamtleiter Andreas Köhs eine zeitgemäße, lebendige, gleichermaßen transparente wie tief berührende Inszenierung des barocken Mammutwerks. Perfekt passend zum Vorabend des Ersten Advents erklangen im ersten Teil mit dem Titel »Verheißung und Geburt des Heilands« in prägnanten Solo-Arien die Stimmen der alttestamentlichen Propheten, mit Nachdruck und innerer Bewegung übernommen von Tenor und Bass. Den Übergang zum Weihnachtsevangelium nach Lukas schuf Christian Rohrbach mit seiner glasklaren und heutzutage selten gehörten Stimmlage des Countertenors oder Altus. Die weihnachtliche Erzählung von Engeln und Hirten selbst lag bei Sopranistin Simone Schwark, die sich mit glockenreiner Stimme und viel Hinwendung zum Publikum in aller Herzen sang.

Homogener Klangkörper

Dem Kurt-Thomas-Kammerchor oblag als wundervoll homogenem Klangkörper vielfach die Rolle des Volks und der Glaubensgemeinschaft. Affekte aus den Solopassagen griff er auf und spiegelte sie eigenständig in müheloser Harmonie mit dem Dirigenten.

Einen vollkommenen Wechsel der Atmosphäre bildet der zweite Teil mit der musikalisch in Form von Dissonanzen und schmerzhaften Brüchen umgesetzten Passion Christi, herausragend hier die Altus-Arie »Er ward verachtet und verschmäht« mit A-Cappella-Passagen, die absolute Einsamkeit und Gottferne darstellten.

Die Ostererzählung von der Auferstehung wiederum ging in das Evangelium von Himmelfahrt und Triumph über, gefolgt im dritten Teil - »Hoffnung auf ewiges Leben« - von Bekenntnissen persönlichen Glaubens und Auferstehungshoffnung sowie auf die Wiederkehr Christi am Ende der Zeiten, wie sie die Offenbarung des heiligen Johannes als letztem Buch der Bibel in Aussicht stellt. Ein konzertanter Ausnahmeabend, vollendet platziert zu Beginn der Vorweihnachtszeit und des neuen Kirchenjahrs.

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