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Kräuter tasten, schmecken und schnuppern

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Start zur Wildpflanzenführung im Unteren Kurpark in Bad Salzhausen. © Elfriede Maresch

Wissenswertes zu Kräutern, Bäumen und Historie gab es bei den bei Seniorenspaziergängen durch den Kurpark in Bad Salzhausen.

Bad Salzhausen (em). »Mmmh - schmeckt echt würziger als Schnittlauch« - »Oh, das ist ja Zwiebelgeschmack pur - scheußlich!« Was die eine Teilnehmerin beim Seniorenspaziergang mit Genuss kaute, spuckte die andere verstohlen hinter eine Hecke - so unterschiedlich waren die Bewertungen des Roß- und Weinberglauches, einer der vielen Heil- und Gewürzpflanzen, die Phytotherapeutin Tanja Adam aus Schotten im Kurpark und auf den angrenzenden Wiesen zeigen konnte.

»Heute haben wir echt was erlebt«, war bei der Abschiedsrunde vor der Lesehalle zu hören. Reimund Becker, der zusammen mit Gemeindeschwester Sandra Frank und Daniela Rack-Döll von der Stadtverwaltung die Seniorenspaziergänge unter dem Dach der Arbeiterwohlfahrt Nidda organisierte, freute sich darüber. Die vor Corona beliebten Rundgänge auf barrierefreien Wegen bei angenehmem Tempo sollten jetzt wieder aufgenommen werden.

Ohne Stress in Bewegung bleiben

»Ohne Überforderung in Bewegung bleiben, mit anderen Interessierten ins Gespräch kommen, Reizvolles im nahen Umfeld bewusst erleben« - so formulierte Becker die Intention der Seniorenspaziergänge und hatte sachkundige Begleitung gewonnen: Tanja Adam für die Wildpflanzen und Hans Kaufmann, Forstwirt und Baumkontrolleur der Stadt Büdingen, für die Gehölze. Lehrerin Stephanie Vohl, tätig bei der hessischen Lehrkräfteakademie und beim Schulamt Weilburg und Gerhard Welzig, Maschinenbauingenieur und Ortsbeirat, erinnerten an die Ortsgeschichte.

»Geheimnisse der Bäume«, hatte Kaufmann als Motto für seinen Rundgang ausgewählt und ging mit seinen Ausführungen weit zurück in die Evolutionsgeschichte der Erde, vor etwa 380 Millionen Jahren, als erste hochragende Pflanzen entstanden und sich im Devon erste Wälder bildeten und damit Sauerstoffspender großen Ausmaßes. Beim Rundgang konnte er von neu gepflanzten Bäumchen bis zu Veteranen mit mächtigen Kronen mehrere Baumgenerationen und auch ihre Standort- und Pflegeansprüche vorstellen. Was der wandernden Gruppe deutlich wurde: Bäume sind schützenswerte Lebenspartner des Menschen im wahrsten Sinn des Wortes.

Ortsgeschichte stand im Mittelpunkt eines weiteren Seniorenspazierganges. Beginnend bei der Sumpflandschaft des Erdmittelalters, als es hier zur Bildung von Braunkohle kam, führten Vohl und Welzig weiter bis zur Salzgewinnung mit dem »Pfänner« Ludewig Knott an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert und zu Roland Krugs Einführung von Strohleckwerken um 1600, was die Salzgewinnung lohnender machte. Der Gedenkstein am Wasserrad erinnerte an diese Zeit. Gerhard Welzig konnte die unterschiedliche Konstruktion der Siedepfannen, den Spannhaken im Ortswappen erklären. Stephanie Vohl hatte mit einer 3 D-Computer-Rekonstruktion des Siedehauses 2 die Salzgewinnung im 18. Jahrhundert näher gerückt und erinnerte an »Salzhausens Industriezeitalter«, die Hochblüte der Salzgewinnung unter Johann Wilhelm Langsdorf, Konstrukteur der Wasserkunst - der rekonstruierte Gestängeabschnitt im Park erinnerte beim Rundgang daran. Als »Gelenkstück zwischen Industrie- und Bäderwesen« schilderte Vohl die Initiative Karl Friedrich Langsdorfs, in den Hinterräumen des Siedehauses 2 die erste Badewanne aufzustellen. Am evangelischen Gemeindezentrum wurde an Justus von Liebigs Lob auf die Sole-Wirkung erinnert, an seine finanziell gescheiterten Versuche, aus Soleresten Salzsäure und Bittersalz zu gewinnen. Mit der Entwicklung des Badeortes bis zur Jetztzeit endete die informative Zeitreise. Welzig und Vohl bieten solche Geschichtsführungen für unterschiedliche Interessengruppen im Programm der Kur- und Touristik an.

Kräuter für Sinne und Gesundheit

Tanja Adam, schon öfter Begleiterin botanischer Führungen im Kurpark, bietet diese seit 20 Jahren an. So wurde der Seniorenspaziergang zu einer Sinnesführung, in der auch getastet, geschmeckt, geschnuppert werden durfte. Adam wurde schon auf der ersten Wiese fündig: Gänseblümchen, reich an Saponinen und damit hustenstillend und krampflösend, seien auch als Beigabe zu Salaten, zu Gemüsesuppen, zu Tees und Salben zu verwenden. Klebriges Klettenlabkraut, Giersch, bei Gärtnern eher verhasst, die ebenfalls ungeliebte Brennnessel, unscheinbare Blütenpflanzen wie der Gundermann, das Wiesenlabkraut - von allen wusste Adam erwünschte Wirkungen und Verarbeitungsmöglichkeiten vorzustellen und etliche Teilnehmerinnen notierten auf dem Handy mit. Wer jetzt den Seniorenspaziergang versäumt hat, kann beim Herbsttermin mitgehen.

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Wissenswertes wird sogleich ins Handy getippt. © Elfriede Maresch

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