Kundgebung bei Glatfelter - »Es geht um Existenzen«

12 Uhr Mittag in Ober-Schmitten: Etwa 100 Menschen haben sich vor dem Werkstor der Firma Glatfelter versammelt, um sich für den Erhalt der Firma und ihre Arbeitsplätze einzusetzen.
Etwa 100 Personen haben sich vor dem Werkstor der Firma Glatfelter in Ober-Schmitten versammelt, um gegen die drohende Schließung des Standorts Flagge zu zeigen. Maschinenführer Matthias Weitz sagt: »Wir dürfen nichts unversucht lassen und wollen ein Zeichen setzen. Vielleicht können wir die Firmenleitung wachrütteln und erreichen, dass sie endlich Farbe bekennt und Informationen weitergibt.« Aus seiner Sicht und mit Blick auf die Produktion kann die Auftragslage nicht schlecht sein. Neue Papiersorten werden getestet und Investitionen getätigt - ein Zeichen, dass es wohl eine Perspektive gibt. Andreas Müth, zuständig für die Organisation des Vertriebs für Pergamyn-Papier, eines der wichtigsten Produkte der Firma, ergänzt. »Pergamyn ist bestens geeignet, Folien zu ersetzen, die demnächst nicht mehr zugelassen sind. Und die Konkurrenz auf diesem Markt ist nicht besonders groß.« Schon aus diesem Grund stehen beide Mitarbeiter einer möglichen Schließung des Betriebes verständnislos gegenüber.
Und die einhellige Meinung beider Befr agten: Die Belegschaft setzt Zeichen durch ihre positive Haltung den Arbeitsaufträgen gegenüber, es wird um die Arbeitsplätze gekämpft. Jetzt ist die Betriebsleitung in der Pflicht.
Auch andere Teilnehmer der Kundgebung äußern sich vorsichtig optimistisch. Etwa einhundert sind gekommen, das ist die Hälfte der Belegschaft, dazu ehemalige, die ihre Verbundenheit mit dem Werk zeigen wollen. Die, die nicht da sind, sorgen überwiegend dafür, dass der Produktionsbetrieb aufrechterhalten bleibt, die Maschinen nicht stillstehen. Als ein Lkw auf das Betriebsgelände auffahren will, wird er bereitwillig durchgelassen. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass die Belegschaft der Fabrik weiterhin engagiert gegenübersteht.
Betriebsratsvorsitzender Arif Tantürk begrüßt die Anwesenden, unter ihnen auch politische Prominenz, und betont die friedliche Absicht der Kundgebung. Sie sei ein Signal der Hoffnung und des Mutmachens.
Staatsministerin Lucia Puttrich, selbst Ober-Schmittener Bürgerin, schließt sich dem allgemeinen Tenor an: »Ich erwarte keine Wunder, aber Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Heute ist nicht der Moment der lauten Töne, sondern des Handreichens. Und: Es geht hier um Existenzen.«
Gewerkschaftlerin Astrid Rasner schließt sich den moderaten Tönen an und erklärt: »Wir wollen nicht laut und aggressiv sein, aber wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben, zumal die Auftragslage gut ist.«
Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik ergänzt: »Wir dürfen alle gemeinsam nicht wegsehen, sondern müssen Widerstand zeigen, zumal wir an den Standort glauben.« Bürgermeister Torsten Eberhard blickt zurück und betont, der Standort Ober-Schmitten biete hervorragende Voraussetzungen für die Papierproduktion. Kritische Situationen habe es immer gegeben, bisher seien sie aber stets gemeistert worden. Er bietet die Hilfe der politischen Gremien an, wenngleich die Mittel begrenzt seien, aber es gebe Möglichkeiten. Ortsvorsteher Andreas Prasse verstärkt abschließend noch einmal das positive Bild, das die Belegschaft durch ihr Know-how bietet. »Die Kernkompetenzen, die hier am Standort Ober-Schmitten freigelegt werden, sind in Deutschland einmalig.« Deshalb sei es wichtig, dass ein seriöser Käufer gefunden wird, der die Perspektiven der Firma erkennt, nutzt und dafür langfristig investiert. Angela Zweiböhmer, Mitarbeiterin seit 34 Jahren, berichtet, dass bisher keine Kündigungen bekannt seien. Das sei ein Symbol, dass man entweder gemeinsam untergehen oder weitermachen wolle. Letzteres habe Priorität.
Am Ende zeigen sich Astrid Rasner und Arif Tantürk mit der Veranstaltung äußerst zufrieden. Vor allem weil Zuversicht und Hoffnung zum Ausdruck gekommen seien, dass es mit der Traditionsfirma in Ober-Schmitten und ihre Belegschaft weitergehen könnte. Am Ende der Veranstaltung zeigt sich sogar die Sonne.

