Langer Atem zahlt sich aus: Dauerhaft Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt

Bürgermeisterin Susanne Schaab hat die frohe Botschaft per Mail verkündet: Tempo 30 wird jetzt dauerhaft in der Ortsdurchfahrt von Breungeshain eingerichtet. Ein Erfolg für Initiativgruppe und Ortsbeirat.
Die Freude bei den Befürwortern der Verkehrsberuhigung in der Breungeshainer Ortsdurchfahrt ist groß: »Eigentlich haben wir mit der dauerhaften Einrichtung nicht gerechnet«, sagt Werner Weitzel, der zu den Gründungsmitgliedern der Initiative gehört.
Dass die im vergangenen Jahr eingerichtete Testphase mit Tempo 30 etwas gebracht hat, darüber sind sich der Breungeshainer und die Mitglieder des Ortsbeirates einig.
»Die Mehrheit der Bevölkerung ist der Meinung, dass sich die Verkehrssituation gebessert hat«, sagt Ortsvorsteher Alexander Linker. »Bei Tempo 50 wird auch schon mal 60 gefahren, bei Tempo 30 dann aber nur 40, das sind 20 Stundenkilometer weniger.
Das merkt man deutlich«, ergänzt Matthias Linker. Die Überquerung der Durchgangsstraße sei jetzt mit weniger Risiken verbunden, gerade auch für Kinder.
Dass die Belastung geringer geworden sei, liege aber auch daran, dass der Verkehr insgesamt etwas nachgelassen habe. »Die Menge an Fahrzeugen ist weniger geworden, so unser Eindruck«, meint der Ortsvorsteher.
Hauptlast beim Ausflugsverkehr
Das alles in allem hohe Verkehrsaufkommen aber bleibt. Denn Breungeshain ist untrennbar mit dem Tourismus verbunden. Nicht unbedingt im positiven Sinn.
Schottens höchstgelegener Stadtteil trägt die Hauptlast beim Ausflugsverkehr, der zum größten Teil motorisiert auf zwei und vier Rädern erfolgt. Seit 20 Jahren gibt es zwar den Vogelsberger Vulkan-Express, eine von der Verkehrsgesellschaft Oberhessen eingerichtete Freizeitlinie, aber die verkehrt nur in der Sommersaison von Mai bis Oktober, an Wochenenden und an Feiertagen.
Wer in den Wintermonaten auf den oberhessischen Hausberg will oder in den Sommerferien hat da schon - ohne eigenes Auto oder Motorrad - größere Probleme. Der jetzigen Entscheidung der Verkehrsbehörden war ein einjähriger Versuch vorangegangen.
»Wir alle hier vor Ort waren uns einig, dass wir eine Geschwindigkeitsreduzierung und Verkehrsberuhigung wollen. Es galt aber auch, die übergeordneten Behörden und insbesondere Hessen Mobil davon zu überzeugen, da es sich um eine Kreisstraße handelt«, zieht Schaab rückblickend ein Fazit.
Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass die Behörden sich nicht durchringen konnten, das (neben Tempo 30) zusätzlich bei der Ausfahrt aus Breungeshain in Richtung Hoherodskopf angeordnete Tempolimit von 70 Stundenkilometern bis zur oberen Einfahrt des Skilift-Parkplatzes ganzjährig festzuschreiben.
Es gilt nur vom 1. April bis zum 31. Oktober. Es wäre sicherlich auch sinnvoll, in den Wintermonaten die Autofahrer auf der abschüssigen Straße bei der Einfahrt in das Dorf formell daran zu erinnern, den Fuß von Gaspedal zu nehmen beziehungsweise die Geschwindigkeit zu reduzieren.
Unterschriften für Verkehrsberuhigung
Die Sieben-Monats-Regelung trifft auch bei den Breungeshainer Ortsbeiratsmitgliedern auf Unverständnis. »Das macht wenig Sinn«, sagt Alexander Linker. Eine gewisse Zufriedenheit ist den Ortsbeiratsmitgliedern aber anzumerken. Ihre ehrenamtliche Arbeit für ihre Mitbewohner im Dorf hat sich schließlich ausgezahlt.
Seit 2017 bemühte sich eine Initiativgruppe, an der aus Sicht vieler Ortsbürger unbefriedigenden und belastenden Verkehrssituation etwas zu ändern. Im Frühjahr 2020 wurde eine Unterschriftensammlung initiiert.
Stellvertretend überreichte Paul Schaab damals Bürgermeisterin Schaab eine Petition mit 129 Unterzeichnern. In der Folge kam es zu Gesprächen zwischen der Stadt und den Verkehrsbehörden.
Eine kurzzeitige Verkehrszählung und eine Geschwindigkeitsmessung wurden durchgeführt, die aber nicht die notwendigen Argumente lieferte, um die Behörden zu überzeugen, dauerhaft in die Verkehrslenkung einzugreifen.
Der Ortsbeirat ließ aber nicht locker. Mit eigenen finanziellen Mitteln und Spenden wurden Geschwindigkeitsdisplays angeschafft und mit Unterstützung des städtische Bauhofes aufgestellt, sowie auffällige farbige Banner aufgehängt, um so für eine defensiveres Fahrweise zu werben.
Schließlich gab es im Sommer 2021 eine weiteren Ortstermin mit Stadt und Behörden, an dem auch der Vogelsberger Landrat Manfred Görig teilnahm. Endlich wurde eine Tempo-30-Zone vereinbart, wenn auch zunächst nur testweise für ein Jahr.
Zwar wurde nicht die gesamte Ortsdurchfahrt auf Tempo 30 gesetzt, zumindest aber waren die besonderen Engstellen einbezogen, wo es manchmal gar keinen oder nur einen sehr schmalen Bürgersteig gibt.
Info: Nadelöhr Breungeshain
Der Hoherodskopf ist von drei Seiten erreichbar. Die am häufigsten gewählte Route führt durch Breungeshain. Praktisch der gesamte Ausflugsverkehr aus dem Rhein-Main-Gebiet wälzt sich durch den Ort.
Aber auch die Ausflügler aus dem Main-Kinzig-Kreis, Hessens Landkreis mit den meisten Einwohnern, nutzen die Ortsdurchfahrt, wenn sie über das Niddertal und das in Stoßzeiten auch unter dem Verkehr leidende Sichenhausen das beliebte Freizeitzentrum ansteuern.
Daran wird sich auch perspektivisch in den nächsten Jahren nichts ändern. Schotten ist andererseits dem Tourismus verpflichtet. Laut regionalem Entwicklungsplan ist das Geschäft mit den »Fremdenverkehr«, so der frühere Sprachgebrauch, der einzige wirtschaftliche Sektor mit behördlich zugebilligten Entwicklungschancen.