Leben selbst gestalten: Fajuso hilft seit zehn Jahren Kindern und Jugendlichen

Seit gut zehn Jahren gibt es das Familien- und Jugendhilfezentrum in Schotten. Leiter Matthias Bernges sieht sich und sein Team von Fachkräften als Begleiter von bedürftigen Kindern und Jugendlichen. Und das mt Erfolg.
Das eigene Leben selbst aktiv gestalten zu können, das ist das Ziel unserer Arbeit mit den Heranwachsenden. Die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen stehen dabei im Mittelpunkt«, betont Matthias Bernges, Leiter des Familien- und Jugendhilfezentrums in Schotten (Fajuso).
Teilhabe und Inklusion seien wichtige. »Wir arbeiten nicht mit einem Zwangskonzept. Jeder soll sich nach seinem eigenem Willen entwickeln können.
Dabei wollen wir ihm helfen.« Vor rund zehn Jahren hat Bernges die Einrichtung mit einigen Mitstreitern als gemeinnützige Genossenschaft gegründet. Zum Vorstand gehören noch Jutta Wolfer und Julian Zimmer.
Die Hilfe für unterstützungsbedürftige junge Menschen und ihre Familien hat sich in der vergangenen Dekade verändert. Jugendliche werden nicht mehr in geschlossenen Einrichtungen nach standardisierten Richtlinien betreut.
»So wie wir das in den Anfangsjahren von Fajuso noch gemacht haben«, erinnert sich Bernges. »Mit Tages-, ambulanten und stationären Gruppen und viel Schubladendenken.« Heute bleiben die Jugendliche in ihrem Sozialraum, in ihrer gewohnten Umgebung«, betont der Leiter.
»Nur wenn es nicht anders geht, nehmen wir sie vorübergehend stationär auf.« Bernges spricht in diesem Zusammenhang gerne von einem »Arrangement für die Nacht«.
Haus hat sich mit Leben gefüllt
Ein Meilenstein in der Entwicklung der Fajuso-Genossenschaft war der Bau eines großen, zentralen Gebäudes. Zuvor war die Einrichtung auf mehrere Orte in Schotten verteilt.
Das neue, sehr modern anmutende Haus in unmittelbarer Nähe der Vogelsbergschule und des Jugendhauses des evangelischen Dekanates wurde 2018 eingeweiht.
»Leider hat uns dann Corona stark geknebelt. Wir konnten es nicht so nutzen, wie wir uns das vorgestellt haben«, erinnert sich Bernges. Das hat sich in der jüngsten Vergangenheit geändert. Das Haus hat sich mit Leben gefüllt, mit Aktionen und Veranstaltungen. »Ganz wichtig: Es steht jedem offen«, sagt er.
Ein besonderes Ereignis war das Zehnjährige, eine Feier im zwanglosen Rahmen, ohne die üblichen »feierlichen Reden in akademischer Atmosphäre«, dafür aber mit viel Spaß und bester Stimmung.
»Wir konnten rund 200 Gäste begrüßen«, freut sich der Leiter. »Darunter waren auch viele der früheren von uns betreuten Jugendlichen. Der am weitesten angereiste Gast kam sogar aus Berlin. Ein Ehemaliger der ersten Stunde.«
Den »Anstoß zur Selbsthilfe im Sozialraum« will das Fajuso-Team aber nach »draußen« tragen. »Wir initiieren Aktionen und Projekte oder integrieren uns in bestehende Aktionen.
Ein wichtiges Ziel ist, dass die Menschen - egal ob jüngere oder auch ältere - die Projekte möglichst selbst tragen und weiterbringen«, so der Leiter. Einer der Partner des eng gestrickten Netzwerkes ist neben dem Vogelsbergkreis das von der Stadt Schotten betriebene Mehrgenerationenhaus.
Gemeinsam werden wöchentlich Aktionen angeboten wie das gemeinsame Familien-Frühstück »Drop-In« oder der Spieletreff im Alteburgpark.
Auch im Kinder- und Jugendzentrum in der Innenstadt haben junge Menschen feste Anlaufpunkte, etwa beim Schüler-Café oder beim Spielenachmittag.
Gemeinsames Essen ist wichtig
»Gemeinsames Essen hat eine große Bedeutung«, weiß Bernges. »Man kommt schnell ins Gespräch. Das ist das, was wir wollen: Menschen in Verbindung bringen, die selbst Schwierigkeiten haben, eine Kommunikation mit anderen herzustellen.«
In Ulrichstein engagiert sich Fajuso in der Schlossbergschule beim »Pakt für den Nachmittag«. »Früher sind die Kinder nach Schotten gekommen.
Heute bleiben sie vor Ort und können Angebote in ihrer Schule wahrnehmen, die wir mitgestalten«, sagt Bernges. Unterstützt mit eigenen Personalressourcen und auch ehrenamtlichen Helfern werden auch Projekte in Grebenhain wie das Eltern-Café oder ein Mädchentreff angestoßen.
In Sachen Migration ist Fajuso ebenfalls fest integriert. Neben dem Mitwirken im Schottener Unterstützerkreis für Flüchtlinge ist das Jugendhilfezentrum schon seit mehreren Jahren erster Ansprechpartner für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
»Wir sind - ohne das zu wollen - zu einem Stück Familienersatz für die jungen Menschen geworden, die in der Regel nicht mehr in ihr Geburtsland zurückkehren können«, erläutert Bernges.
Die Jugendlichen brauchten Bezugspersonen. Bernges verweist auf Erfolge. »Viele der geflüchteten jungen Menschen sind hier in Schotten geblieben und unterstützten uns jetzt bei unserer Integrationsarbeit.
Info: Familien- und Jugendhilfezentrum
Fajuso ist Teil eines kooperativen Netzwerkes verschiedener Institutionen, Organisationen und Dienste zur Unterstützung von Jugendlichen und Familien im Vogelsbergkreis.
Das Einzugsgebiet der Genossenschaft, zu deren Team rund 40 Fachkräfte gehören, ist der südliche Vogelsberg mit den Kommunen Schotten, Ulrichstein, Grebenhain und Freiensteinau.
Das Fachkonzept ist sozialraumorientiert. Der Mensch, der Unterstützung braucht, steht dabei mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Ca. 600 bis 800 Menschen über alle Altersgruppen erreicht Fajuso mit seinen Dienstleistungen.