Malerei trifft Literatur

Normalerweise ist am Anfang der Text, und ein Bild entsteht dazu. Genau umgekehrt ist das Konzept des neuen Buches mit 39 Bildern von Doris Bauer aus Assenheim und der Oppershofener Literatin Luise Link. Malerei trifft Literatur, begleitet von Texten und Gedichten acht weiterer Autorinnen und Autoren aus der Wetterau.
Doris Bauer liebt die Malerei, Luise Link die Literatur. Was Bauer auf Leinwand bringt, hat Link dazu inspiriert, ihre Gedanken zu den Bildern in Worte zu fassen. Daraus ist jetzt, zusammen mit weiteren acht Autoren, das Buch »Malerei trifft Literatur« entstanden.
Geistervariationen: Der Komponist Robert Schumann, verwirrt, eine Vase mit Blumen auf dem Nachttisch im Krankenzimmer. »Ein Gartenblumenstrauß mit Klatschmohnblüten, die schon ein wenig die Köpfe hängen lassen. Woher hatte Clara so spät im Jahr Mohnblumen herbekommen?« Eine Szene kurz vor seinem Tod. Reflexionen, Vergänglichkeit, alles ausgedrückt im duftigen Aquarell »Blumenstrauß in Vase« von Doris Bauer. Luise Link hat es so empfunden, wurde so zu der Geschichte inspiriert.
»Es war spannend, wie die anderen meine Bilder sahen, meist aber nicht so wie ich«, sagt Bauer.
Sie und Link waren, wie die weiteren acht Autorinnen und Autoren des Buches, Kollegen an der Henry-Benrath-Schule in Friedberg. Seit etlichen Jahren musizieren sie zusammen. Vor fünf Jahren begann die künstlerische Zusammenarbeit mit Buchillustrationen. Nun hatte Link die Idee, einmal eine ganz andere Sichtweise zu wagen. Eigentlich so, wie Fremde Bilder betrachten, sich ihre eigenen Gedanken machen, Stimmungen erspüren, hinter die Dinge schauen. Beim Ehemaligen-Stammtisch der Schule fand das Konzept Anklang.
Kleine Gedichte, Geschichten, nachdenkliche und kritisch-verschmitzte, Empfindungen, ein Kaleidoskop individueller Eindrücke entstand. Die Bilder hatte Link so ausgewählt, dass sie zu den Personen passten, die sie um das Betexten bat.
Die Geschichten übernahm sie selbst, wie die Szene mit Robert Schumann. In seiner Person sieht sie die Doppelbegabung von Literatur und Musik, und es reizte sie darzustellen, wie Menschen damit umgehen. So wie sie und Bauer. Mohnblumen gehören übrigens zu der Malerin Lieblingsblumen.
Der Blick schweift bis nach Vietnam
Das Buch ist klar strukturiert: fünf Kapitel jeweils mit Überschrift, Zitaten künstlerischer Persönlichkeiten, Einführung, Bild und Text. Doris Bauer erklärt vorweg ihre Intention beim Malen: »In Bildern versuche ich festzuhalten, was für mich bedeutsam und wichtig ist.« Ihre Heimat, die Assenheimer Walzenmühle zum Beispiel, die Wettermünde, der Lieblingsplatz ihrer Jugend an der Nidda, Rapsfelder bei Rockenberg.
Es folgen Blumen und Naturimpressionen unter anderem mit markigen Baumlandschaften, zerbrechlicher Liebesblume und zwei Störchen, der Link die Geschichte »Fräulein Storch« hinzufügte.
Die Reise-Impressionen wurden überwiegend von den anderen Autorinnen und Autoren betextet. Von nah nach fern schweifen die Blicke im zarten Aquarell bis nach Vietnam und den beiden Frauen, die Yak-Früchte verkaufen. Das Bild »Schlafender Krieg« erzählt die Geschichte vom zufälligen Tod der Mutter Cai Tranh durch amerikanische Brandbomben, zwei Tage vor Kriegsende im Mai 1975.
Auch Fantastisches wie das hier erstveröffentlichte Gedicht »Simplicius Simplicissimus« zum Bild des gleichnamigen Clowns sind zu finden. Und ein einsamer Baum im Abendlicht, der Werden und Vergehen und den Übergang vom letzten zum nächsten Tag markiert. Die Illustrationen im letzten Kapitel stammen aus den Büchern von Luise Link und den dazugehörigen Texten.
Es ist also ein breites Spektrum aufgezeigt, sowohl an Literatur als auch an Malerei. »Mit Aquarellen komme ich zur Ruhe, die mag ich am liebsten«, sagt die Autodidaktin Doris Bauer, die bei Hildegard Hohmann in Limeshain Kurse belegte und im Atelier Hohenstein experimentierte. »Wenn ich eine spontane Stimmung übertragen will, male ich mit Acryl. Das kann ich mehrmals übermalen«, lacht die Farben liebende, mit unerschöpflicher Kreativität gesegnete ehemalige Lehrerin für Sport und Musik. Es scheint so, als ob alles, was sie künstlerisch in die Hand nimmt, ihr auch glückt.
In der Symbiose von Malerei und Literatur ist der Band in jedem Fall ein Glücksgriff. Es macht Freude, darin zu blättern, und man wünscht sich, mehr von den beiden Künstlerinnen zu lesen und zu sehen.
