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Martin Hansche nach DRK-Hilfstransport ins Erdbebengebiet der Türkei: Viel Dankbarkeit zu spüren

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Von: Elke Kaltenschnee

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Für Martin Hansche ist das Helfen eine Ehrensache. Mit einem Lkw-Konvoi des Roten Kreuzes war der 52-Jährige jetzt in der Türkei, um Hilfsgüter in das Erdbebengebiet zu bringen. Das KA-Interview.

Martin Hansche ist schon häufig in Krisenregion gewesen, um Hilfe zu leisten. Mehr als 20-mal war er bereits in der Ukraine, um beheizbare winterfeste Zelte, Schlafsäcke und Betten in das Erdbebengebiet zu bringen. Diese Zeitung hat mit ihm über den Hilfseinsatz gesprochen.

Herr Hansche, wie kommt ein waschechter Gelnhäärer dazu, Hilfsgüter in die Türkei zu bringen?

Für mich ist Helfen eine Ehrensache, es gehört zu mir. Seit 2003 bin ich ehrenamtlich in der DRK-Landesverstärkung Fritzlar aktiv. Diese Katastrophenschutzeinheit leistet Hilfe bei Katastrophen im In- und Ausland. Da werden Fachkräfte, Techniker und Lastwagenfahrer benötigt. Da ich schon seit mehreren Jahren Hilfstransporte begleite beziehungsweise unterstütze, war dieser Einsatz für mich nichts Neues. Ich habe bei der Elbeflut 2003 und 2013 sowie beim Hochwasser im Ahrtal Hilfe geleistet, war schon 22-mal in der Ukraine, um Hilfsgüter dorthin zu bringen, habe aber auch schon auf einem abenteuerlichen Flug Hilfsmittel nach Moldawien gebracht. Werde ich gefragt, ob ich einen Einsatz begleite und es möglich ist, sage ich zu. Ich bin dankbar, dass mein Arbeitgeber mich dann kurzfristig freistellt oder ich Urlaub nehmen kann.

Wie schnell muss es denn gehen, wenn so ein Einsatz ansteht?

Ein Einsatz braucht eine gewisse Vorbereitung. Dies ist von Einsatz zu Einsatz unterschiedlich. In diesem Fall hat es nach der Voralarmierung etwa vier Tage gedauert.

Ich war am Faschingssonntag auf dem Faschingsumzug in Gedern, als ich den Fahrauftrag erhielt. Am Rosenmontag war ich zum Einsatz-Briefing in Fritzlar und am Faschingsdienstag um 10 Uhr ging die Fahrt los. So spät, weil der Zoll noch Papiere fertig machen musste.

Wie lange hat die Fahrt in die Türkei gedauert?

Wir waren zehn Tage mit dem Konvoi von 15 Lastwagen und zwei Begleitfahrzeugen unterwegs. Wir sind aus Fritzlar gestartet, ein anderer Teil des Konvois in Schönefeld bei Berlin. Dieser Bundeskonvoi ist am Hafen von Ancona zusammengetroffen. Aus Hessen waren vier Lkw und zehn Personen dabei. Von Fritzlar ging es über München und dem Brenner nach Rimini und Ancona. Allein die Überfahrt von Ancona nach Igoumenitsa in Griechenland dauert 20 Stunden. Von dort sind wir weiter nach Istanbul gefahren und nach Ankara. Hin und zurück waren das über 6000 Kilometer.

Waren noch weitere Oberhessen bei dem Hilfsgütertransport dabei?

Nein, außer mir fuhren Helfer aus Frankfurt, Hanau und aus dem Schwalm-Eder-Kreis mit.

Warum haben Sie die Hilfsmittel nicht direkt in die Erdbebengebiete gefahren, sondern nach Ankara?

Zu dieser Zeit gab es im Erdbebengebiet heftige Nachbeben. Das machte die Lage vor Ort so unsicher, dass beschlossen wurde, dass wir die Hilfsgüter - beheizbare winterfeste Zelte, Schlafsäcke und Betten - nach Ankara in ein großes Lager des Roten Halbmonds bringen.

Gab es Zwischenfälle auf der Fahrt?

Bei Fulda hatten wir auf der Hinfahrt einen Reifenplatzer, in Griechenland musste die Batterie eines Lastwagens ausgetauscht werden. Ansonsten ist der Konvoi gut durchgekommen und wir mussten an Grenzen oder Zollstellen auch nicht lange warten. In der Türkei wurden wir auf der gesamten Strecke von der Polizei begleitet, die die Straßen für uns freihielt und Kreuzungen absperrte, so dass wir ungehindert durchfahren konnten. Aufgrund von Bitten der türkischen Polizei sind wir bis Ankara mit Blaulicht gefahren.

Es muss eindrucksvoll sein, wenn 15 Lkw mit Rotkreuz-Aufschrift hintereinander mit Blaulicht durch die Türkei fahren…

Ja, das war es. In der Türkei sind ganz oft Autos neben uns gefahren. Die Autofahrer haben gehupt, geblinkt, die Fenster heruntergelassen und uns Sätze zugerufen, von denen ich denke, dass sie ein Danke waren. Beifahrerinnen haben uns mit beiden Händen Küsse zugeworfen. LKkwFahrer haben uns an den Grenzstationen vorbeigelassen, damit wir schneller weiterkommen. Da war so viel Dankbarkeit, so viel Freude und Herzlichkeit. Das hat mich sehr berührt. Schon in Deutschland ging das los. Ich denke, wer immer unseren Rotkreuz-Konvoi gesehen hat, wusste, wohin wir fahren. Auch in unseren Unterkünften haben wir diese Dankbarkeit erlebt.

Sie nehmen sich Urlaub, nehmen Strapazen auf sich, verlassen die Heimat, schlafen im Lastwagen, wissen nicht, was Sie erwartet und kommen nach zehn Tagen müde wieder nach Hause. Ist diese Dankbarkeit, von der Sie gerade sprachen, ein Lohn für diese Mühen?

Wenn man sich auf diese Weise ehrenamtlich engagiert, gibt es eine ganze Menge schöne Momente. Ein Lächeln, ein Dankeschön. Nicht nur in der Türkei war das so, auch im Ahrtal oder in der Ukraine. Ein Danke, egal in welcher Sprache, ist die Mühen wert. Für mich ist es sschon immer elbstverständlich, jemanden in einer Notsituation zu helfen, in der er oder sie vielleicht alles verloren hat. Da erlebe ich Glücksmomente, die mich weitermachen lassen. Ganz nach der Aussage des Gründers des Roten Kreuzes Henry Dunant »Helfen, ohne zu fragen wem.«

Sie brennen ganz offensichtlich für Ihre ehrenamtliche Arbeit und leisten einen großen freiwilligen Beitrag für die Gesellschaft, nicht nur in der DRK-Landesverstärkung, sondern genauso auch in Gelnhaar - in der DRK-Ortsvereinigung, als Ortsvorsteher, in der Freiwilligen Feuerwehr. Sie sind ein Vorbild für andere, aber vielleicht eine aussterbende Spezies. Haben Sie eine Idee, warum sich Menschen in der Region immer weniger ehrenamtlich in Vereinen engagieren?

Viele Menschen wollen sich nicht mehr kontinuierlich und verpflichtend engagieren. Für einzelne Projekte machen sie das, aber es fällt ihnen schwer, permanent dranzubleiben, sich kontinuierlich in Vereinsarbeit einzubringen. Einige, die sich in jungen Jahren engagiert haben, tun es wieder, wenn sie eine Familie gegründet haben und die Kinder etwas größer sind. Corona hat einiges durcheinandergewirbelt. In der Pandemie fand in vielen Vereinen nicht viel statt. Menschen, die vor Corona aktiv waren, haben gesehen: Es geht auch ohne. Wir tun in der DRK-Ortsvereinigung einiges, um junge Menschen zum Mitmachen zu motivieren. Wir übergeben ihnen zum Beispiel Verantwortung für einzelne Projekte. Das klappt ganz gut. Oder wir geben ihnen Gelegenheit, während der Gruppenstunde, die alle zwei Wochen stattfindet, zu einem Thema zu referieren. Wir wollen, dass alles gut läuft, auch wenn wir nicht da sind.

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