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Mit Lug und Trug zum Welterfolg

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Mozarts Gedenkstätte auf dem Zentralfriedhof in Wien. © Hanna von Prosch

Mysterien ranken sich um das letzte, eines der bedeutendsten Werke Mozarts, sein Requiem in d-Moll. Die Umstände der Entstehung und Veröffentlichung gleichen aber einem Krimi. Am 3. Oktober wird das Requiem in der Dankeskirche erklingen.

Wolfgang Amadeus Mozart hatte gerade mit der Zauberflöte begonnen, als im Frühjahr 1791 ein seltsamer Bote an seine Tür klopfte. Dieser bot dem stets von Geldnöten geplagten Komponisten den exklusiven Auftrag für ein Requiem an. Der Auftraggeber blieb geheim. Das Honorar und ein kräftiger Vorschuss waren ausschlaggebend, dass Mozart den Auftrag annahm.

Als er sich Mitte Oktober ans Werk machte, hatte er das Gefühl, dass mit diesem Auftrag etwas Unheimliches verbunden war. Er steigerte sich sogar in den Wahn, er schreibe an seiner eigenen Totenmesse, zumal er plötzlich schwer krank wurde.

Wie üblich hatte er die gesamte Komposition bereits im Kopf. Der Eingangssatz war nach wenigen Tagen komplett fertig sowie die meisten vierstimmigen Chor- und Solosätze. Die drei letzten fehlten noch. Die Kyrie-Fuge war auch im Basso continuo ausgearbeitet, und er hatte Skizzen für die weitere Orchestrierung gemacht. Mit seiner Frau Constanze und seinem Schüler Franz Xaver Süßmayr ging er am Krankenbett die Stücke mehrmals durch.

Gerüchteküche brodelt

Während er die ersten acht Chortakte des Lacrimosa niederschrieb, verschlechterte sich sein Zustand rapide. Das Lacrimosa, »Tränenreich ist jener Tag«, ist eine besonders innige Stelle. Sie beginnt mit einem Seufzen, schwingt sich zur Höhe wie zum Licht auf - und bricht dann ab. Fühlte er sich darin dem Tod schon nahe? In der Nacht zum 5. Dezember 1791 stirbt er. Sein Requiem blieb unvollendet.

Weil er selbst einmal geäußert hat, er glaube, vergiftet worden zu sein, brodelt nach seinem Tod die Gerüchteküche. Die Freimaurerfreunde werden verdächtigt, sein Widersacher Salieri und Süßmayr, der mit Constanze ein Verhältnis gehabt haben könnte. Oder war es doch das »hitzige Frieselfieber«? Der Mythos ist bis heute nicht vollständig geklärt.

Der Krimi nimmt Fahrt auf, denn Constanze will nicht auf das angekündigte Geld verzichten. Sie bittet Mozarts Lieblingsschüler Joseph Eybler, das Werk zu vollenden. Dieser sieht sich nach wenigen Ergänzungen nicht weiter in der Lage dazu. Auch andere passen. Schließlich ergänzt Süßmayr die fehlenden Instrumentierungen nach den Vorgaben des Meisters und komponiert die drei Schlusssätze, nicht so genial wie Mozart, aber schlüssig. Er setzt die gefälschte Unterschrift Mozarts unter die Ablieferungspartitur, damit der Schwindel nicht auffliegt.

Inzwischen hat Constanze herausgefunden, wer der geheimnisvolle Auftraggeber ist: Graf von Walsegg-Stuppach wollte das Requiem zum ersten Todestag seiner jung gestorbenen Frau als seine eigene Komposition ausgeben. Aber Constanze hält sich nicht an die Exklusivität und macht fleißig die Kopien zu Geld. Unter anderem bietet sie diese dem Musikverlag Breitkopf & Härtel in Leipzig an.

Wissenschaft rätselt noch heute

Dort erscheint im Jahr 1800 die Erstausgabe des Requiems, woraufhin Süßmayr in einem Brief an den Verlag Farbe wegen seiner Mitarbeit bekennen muss. Daraufhin werden alle nicht mozartschen Eintragungen in der Partitur vermerkt und notariell festgehalten. Die Handschriften liegen in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Nach der Uraufführung des komplettierten Werks am 2. Januar 1793 wird auch der zwielichtige Graf aufmerksam. Er ist zwar verärgert, zieht es aber vor zu schweigen und führt es selbst erst im Dezember auf.

Die kriminellen Spielchen taten der Bedeutung des Werkes und seiner internationalen Beliebtheit keinen Abbruch. Zwar rätselt die Wissenschaft noch heute, was Mozart wirklich gewollt hätte, und zahllose Komponisten versuchten sich an neuen Fassungen. Die bekannteste ist die von Robert D. Levin.

Das Requiem lieferte auch den Stoff für den berühmten Film »Amadeus« von Milos Forman. Als pathetisch-monumentale Trauer- und Gedenkmusik wurde es bei der Totenfeier für Napoleon und zum 100. Geburtstag von Karl Marx aufgeführt. Die Musik taucht sogar in Computerspielen auf, und verschiedene Metalbands bedienten sich gerade des Lacrimosa. Und alles nur, weil Constanze das vollendete Werk gegen die Abmachung kopieren ließ.

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