Mit Murot in die dunkle Zeit: Clarissa Nickel-Jüngling ist »Tatort«-Komparsin

Ein Mal bei einem Film mitspielen. Für Clarissa Nickel-Jüngling hat sich dieser Traum erfüllt. In Büdingen war die 49-Jährige als Komparsin beim neuen Ulrich-Tukur-»Tatort« mit dabei, der in dunkle Zeiten führt.
Großer Rummel am Freitag am Schloss Büdingen: Auf den Straßen und auf dem Schlossplatz Trucks, Übertragungs- und Wohnwagen, Catering-Zelte. Was war los? Das fragten sich Büdinger Bürger und Spaziergänger, die es noch nicht mitbekommen hatten, dass der Hessische Rundfunk einen Tatort mit Schauspiel-Star Ulrich Tukur alias Kommissar Felix Murot dreht.
In der schönen Wetterau, in der mittelalterlichen Altstadt von Büdingen am Schloss. Gefilmt wurde mit Hauptdarsteller Tukur, weiteren Schauspielern und 50 Komparsen.
Mit dabei: Clarissa Nickel-Jüngling aus Nidderau-Eichen. Die 49-jährige war noch nie Komparsin, hatte sich für den Tatort-Dreh beworben, und war ausgewählt worden.
Die frischgebackene Kleindarstellerin strahlt: »Für mich ist das Aufregendste an meinem Komparseneinsatz heute, dass wir eben nicht nur als Statisten irgendwo rumstehen. Komparsen haben zwar nur eine verschwindend geringe Rolle, aber die ist immerhin ein wenig individuell.
Wir dürfen tatsächlich ein ganz kleines bisschen schauspielern.« Im »echten Leben« ist Clarissa Nickel-Jüngling selbstständig als Personalmanagerin und Trauerrednerin.
Erster Schritt für die Komparsin Nickel-Jüngling war die Kostümprobe, die schon einige Wochen zurückliegt. Die fand direkt beim HR am Dornbusch in Frankfurt statt. Das ging flott damals.
Maskenbildnerin aus Büdingen-Wolf
Ruckzuck war sie eingekleidet, und sah anschließend aus, als wäre sie just dem Jahr 1944 entsprungen. Der neue Murot-»Tatort« reist nämlich zurück in die Nazi-Zeit (siehe Infokasten).
Als Clarissa Nickel-Jüngling am Freitagabend um 18 Uhr am Drehort auf dem Schlossplatz in Büdingen ankommt, wird sie schon von der Leiterin der Komparsen-Mannschaft, Maria Stähle, in Empfang genommen. Schnurstracks geht es in die Garderobe, die in einem Saal direkt im Schloss untergebracht ist. Die 50 Komparsen werden dort ausgestattet, frisiert und geschminkt.
Die frischgebackene Komparsin zieht die schon bereitliegenden Schuhe, Strümpfe, ein Kleid mit Schürze und ein Häkeltuch an. Dann geht’s ab in die Maske, in der sie schon die Maskenbildnerin Elisabeth Dietrich erwartet.
Das Make-up für die Komparsin ist unspektakulär, haben sich doch die Frauen während des Zweiten Weltkrieges kaum geschminkt. Um so interessanter ist die Maskenbildnerin selbst: Elisabeth Dietrich aus Büdingen-Wolf hat nämlich fast 30 Jahre in Hollywood gearbeitet, wie sie erzählt.
Sie schminkte Schauspieler für echte Blockbuster wie Roland Emmerichs »The day after tomorrow.« »Nächste Woche arbeite ich für eine Produktion an der Ostsee, im Juli dann wieder hier in Büdingen. Der zweite Teil von ›Max und die wilde 7‹ wird gedreht.«
Nachdem alle Komparsen frisiert und geschminkt sind, gibt es erstmal eine Pause. Essen zusammen mit der Filmcrew. Gestärkt finden sich alle wieder in der Garderobe ein, denn jetzt geht’s richtig los: Regieassistentin Stella Thiele erklärt, wie die Szene aussehen wird, in der die gesamte Komparsenmannschaft mitspielt.
Beim Bier eine Unterhaltung mimen
In einer Kneipe werden sie Gäste darstellen. Trinken, sich unterhalten und ein Lied anstimmen. Außerdem erinnert Stella daran, dass niemand sein Handy mitnimmt.«
Mittlerweile ist es 20.30 Uhr, als sich Clarissa Nickel-Jüngling auf den Weg in die Gaststätte macht, in der gedreht wird. Zusammen mit allen anderen Komparsen und Hauptdarsteller Ulrich Tukur.
Clarissa Nickel-Jüngling wird ein Platz an einem Tisch zugewiesen, an dem sie mit einem männlichen Komparsen eine Unterhaltung mimt. Dazu soll sie aus einem Bierkrug trinken, in dem natürlich kein Bier ist, sondern Saft.
Sie erzählt: »Das war toll. Ein paar Mal hatte ich sogar Blickkontakt mit Herrn Tukur. Da war die Kamera ganz nah auf uns gerichtet. Hoffentlich wird das nicht später rausgeschnitten. Sonst glaubt mir ja keiner, dass ich wirklich dabei war.«
Regisseur M. X. Oberg beweist viel Geduld und Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Neulingen am Filmset. Er gibt seine Anweisungen präzise, sodass die Szene nur drei oder vier Mal wiederholt werden muss. Warum so ein Dreh dann doch viele Stunden dauert?
Komparsin Clarissa sagt: »Es muss ja immer wieder alles genau eingestellt und die Requisiten so ausgerichtet werden, wie sie vor der Unterbrechung standen. Das dauert halt. Und auch ein Star wie Ulrich Tukur verspricht sich mal.« Sie lacht. Um drei Uhr ist Schluss. Alles im Kasten.
Info: Doppelrolle für Ulrich Tukur und Barbara Philipp
Arbeitstitel der Tatort-Folge: »Murot und das 1000-jährige Reich«. Regie: M. X. Obert. Inhalt: Der gesuchte Kriegsverbrecher Hagen von Strelow ist auf dem Flug von Südamerika nach Frankfurt am Main.
Ihm soll der (späte) Prozess gemacht werden. Gedanklich reist von Strelow zurück ins Jahr 1944, der Zeit seiner Gräueltaten. Damals war er in einem Dorf an einer Mordermittlung beteiligt, zusammen mit Kommissar Rother, gespielt von Ulrich Tukur.
Tukur hat eine Doppelrolle, seine Kollegin Barbara Philipp ebenfalls. Durch die zwei Zeit- und Handlungsstränge ein raffinierter Tatort. Der Sendetermin steht noch nicht fest. Vermutlich wird die Folge im Herbst 2024 ausgestrahlt.