Mörlau im Herz - Konfetti im Blut

Vor 75 Jahren gründeten 20 Männer im Gasthaus »Zur Waldlust« die erste Karnevalsgesellschaft (KG) Mörlau. Wie am 11.11. 1948 wird am Samstagabend mit einem großen Spektakel die fünfte Jahreszeit eingeläutet.
Es ist einfach, wenn man’s so macht, wie man’s immer gemacht hat«, sagt Christina Trier. Wie so oft, sitzen die Pressewartin der KG Mörlau und ihre Eltern Astrid und Alexander Trier beisammen und besprechen anstehende Aufgaben in der Vereinsarbeit. Und: Einfach machen wollen sie es sich nicht. Seit 40 Jahren liegt die Verantwortung für die Öffentlichkeitsarbeit im Hause Trier - neben all den anderen Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Vollblutfassenachter zwischen Prinzenpaar, Büttenreden, Showtanz, Fastnachtszug und Vorstandsarbeit.
Wie in vielen Ober-Mörler Familien, in denen über Generationen die Pflege des närrischen Brauchtums großgeschrieben wird, finden Junge und Junggebliebene zusammen, diskutieren, wägen ab und finden Lösungen, wenn um die Balance zwischen Tradition und Moderne gerungen wird. Auch bei der Brauchtumspflege sei Flexibilität gefragt, sind sich die Kinder und oftmals schon die Kindeskinder und ihre Eltern einig. Immer wieder stelle sich die Frage, wie viel Tradition soll sein und wie viel Spielraum gibt es für neue Ideen. Eine Gratwanderung, die besonders in Jubiläumsjahren wie diesem 75. Geburtstag der KG Mörlau auch thematisiert wird.
Beispiel Prinzenpaar: Seit der Vereinsgründung durch 20 Männer im Jahr 1948 gab es ununterbrochen närrische Repräsentanten in »Klein Mainz am Usastrand«. Meist waren es Prinzenpaare, mal eine Prinzessin mit Garde, mal nur ein Prinz, mal drei Prinzen. Welche Kleidung die Regenten tragen, entscheiden sie selbst. Andere Faktoren stehen fest, so etwa die historische Krone und Zepter als Insignien der Macht, und gepflegte Umgangsformen der Repräsentanten von Mörlau.
Als Zugmarschall Alexander Trier mit Unterstützung seiner Familie und von Weiberpräsidentin Corinna Hülsmann beim Neujahrsempfang der Gemeinde auf die 75-jährige Vereinsgeschichte zurückblickte, brachte er es auf den Punkt: »75 Jahre KG Mörlau heißt Pflege, Erhalt und Gestaltung eines uralten Brauchtums, das wir in Mörlau seit 270 Jahren in der fünften Jahreszeit hegen.« 75 Jahre heiße aber auch, immer jung zu bleiben, um die immer neuen Herausforderungen meistern zu können. »Um das Fastnachtsbrauchtum über so viele Jahre pflegen zu können, braucht es Menschen, die mit Herzblut, wachem Verstand, Freude und dem Streben nach immer Neuem den Verein begleiten.«
Der Nachwuchs ist nicht einfach so da
Auch die KG-Vorsitzende Sabine Schaller betont, wie stolz sie auf junge Mitglieder sei, die mit viel Engagement, Verstand und Wissen Verantwortung übernähmen. Beispiele seien die Website mit Online-Shop und ein stets wachsendes Kommunikationsnetz bis hin zum »digitalen Fastnachtszug« während Corona. Das Social-Media-Team leiste großartige Arbeit, und auch das Jugendteam sei hervorragend aufgestellt. Nachwuchs sei nicht einfach so da, wissen die Verantwortlichen, zumal in Zeiten, da zahllose Freizeitangebote in Konkurrenz zueinander stünden.
Die Vielfalt des Vereins könne so manche Kompetenz fürs Leben mit auf den Weg geben, vom freien Reden über das Tanzen oder Musizieren vor Hunderten Zuschauern bis zum Schneidern oder Requisiten bauen reiche der Bogen. Aber auch Einblicke in Pressearbeit, Marketing, Merchandising, Gestaltung und Herausgabe einer Zeitschrift, Veranstaltungsmanagement und Bühnentechnik gehörten zum Lernen fürs Leben, zum »Fördern und Fordern« dazu, nicht zu vergessen Diskussionskultur, Demokratieverständnis, Emanzipation und, in Form der »Blauen Tische« für den guten Zweck, ein »Herz für Mörlaus Kinder«.
Wie offen der Verein für Neues sei, zeige auch die Entwicklung der Wintersteingeister, einer fastnachtlichen Gruppe mit dem Vorbild der alemannischen Fastnacht und regionalem Bezug - und übrigens nach Filmaufnahmen auf Burg Münzenberg demnächst auch auf der Kinoleinwand zu sehen (»Max und die Wilde 7 - Die Geister-Oma«).
Angesichts stetig zunehmender Vorschriften komme die Führung eines derart breit aufgestellten Vereins mit über 600 Mitglieder der Leitung eines Unternehmens gleich, merkt Familie Trier an und stellt sich auch den Herausforderungen eines neuen Sicherheitskonzeptes für den Fastnachtsumzug, mit 111 Zugnummern der größte der Wetterau. Spätestens, wenn am heutigen Abend des 11.11. zunächst am Narrenschiff und dann in der Usatalhalle bei der KG Mörlau zum 75. Mal mit »Mörlau im Herz und Konfetti im Blut« die fünfte Jahreszeit ausgerufen, das neue Prinzenpaar gekrönt und bis in die Morgenstunden fröhlich gefeiert wird nach dem Motto »Alles aus Film und TV, Feiern mit TeamBlau«, sind alle Mühen vergessen.