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Nach Raubüberfall in Büdingen: Opfer macht kaum klare Angaben

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Das Urteil für die beiden Angeklagten wird für den 6. Juni erwartet. SYMBOL © Imago Sportfotodienst GmbH

Bei der Aussage des Opfers während des dritten Verhandlungstages im Prozess um schweren Raub, schwere Körperverletzung und Diebstahl in Büdingen mussten die Beteiligten viel Geduld aufbringen. Offenbar scheute der 25-jährige Büdinger klare Angaben.

Weil sie am 31. Oktober vergangenen Jahres einen Büdinger in dessen Wohnung überfallen, geschlagen und ausgeraubt haben sollen, müssen sich zwei Männer aus Aschaffenburg und Echzell vor dem Landgericht Gießen verantworten (diese Zeitung berichtete).

Während des dritten Verhandlungstages wurde das Opfer befragt. Das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger hatten sich im Vorfeld gerade von ihm eine klare Aussage zum Tathergang erwartet. Im Fokus steht insbesondere die Frage, ob die Körperverletzung und der Raub einzig dem 40-jährigen Aschaffenburger anzulasten sind oder ob der 28-jährige Mitangeklagte aus Echzell gleichwertig an der Tat beteiligt war.

Der 40-Jährige hatte den Überfall auf den damals 24-Jährigen bereits während des ersten Verhandlungstages vollumfänglich gestanden. Der Mitangeklagte hatte die Tat dagegen abgestritten. Er sei nur mitgegangen, weil er in der Wohnung des Opfers, in der er zwei Monate lang gelebt habe, noch persönliche Gegenstände von sich vermutete.

Nichtwissen und Erinnerungslücken

Vor Gericht räumte das Opfer nach langem Zögern und vielen Nachfragen schließlich ein, dass es von den beiden Männern geschlagen und verletzt worden sei. Den Grund für den morgendlichen Überfall gegen 6.30 Uhr in seiner Wohnung wollte der Büdinger jedoch nicht kennen - oder ihn im Nachhinein nicht nennen. Auf die wiederkehrenden Fragen des Gerichts nach dem Warum antwortete er immer wieder merkwürdig stockend: »Ich kann Ihnen nicht folgen. Ich habe doch nicht studiert und finde deshalb die Wörter nicht, um ihnen das alles erklären zu können.«

Dabei schaute sich der heute 25-Jährige fortwährend ängstlich im Gerichtssaal um. »Die beiden haben mir dauernd irgendwelche Fragen gestellt. Doch auch die habe ich nicht verstanden. Ich weiß bis heute nicht, was die eigentlich von mir wollten«, sagte er. Da sei auch die Rede von einem Rucksack gewesen, nach dem sich der Aschaffenburger erkundigt habe. Doch mehr wisse er nicht. Im Übrigen sei ihm das heute auch alles egal. Er wolle mit der Sache nichts mehr zu tun haben.

An ein Nebengeschehen konnte er sich jedoch sehr gut erinnern. Beim Sturz im Treppenhaus sei er mit dem Rücken gegen die Wohnungstür einer Hausbewohnerin geprallt. Diese hatte zuvor vor Gericht ausgesagt, dass sie panische Angst bekommen habe, weil sie vermutet habe, dass zumindest einer der Männer aus dem Treppenhaus in ihre Wohnung wollte.

Ansonsten berief sich der arbeitslose Büdinger immer wieder auf Nichtwissen oder Erinnerungslücken. Erst am Ende seiner fast eineinhalbstündigen Vernehmung und nachdem das Gericht ihm wiederholt eindringlich klargemacht hatte, dass er nichts sagen müsse, was ihn selber belaste, erinnerte er sich dann plötzlich doch an den Grund des gewaltsamen Eindringens der beiden Angeklagten. »Ich glaube, die haben nach Drogen gefragt«, sagte der 25-Jährige leise und stockend.

Angeklagte entschuldigen sich

An mehr wollte er sich dann aber wirklich nicht mehr erinnern können. Auch nicht daran, dass die beiden Angeklagten Stunden zuvor bei ihm ein Gramm Kokain für 70 Euro gekauft haben sollen. Immerhin fand das Gericht auf mehrfache Nachfrage heraus, dass so gut wie alle Schlösser im Haus defekt waren und somit jeder problemlos und ohne Gewaltanwendung in fast jede Wohnung kommen konnte. Ein wichtiges Detail für das Gericht für die spätere Einordung des Tatgeschehens.

Nach der Vernehmung des Opfers baten die beiden Angeklagten ums Wort und entschuldigten sich bei dem Büdinger für das, was in jener Nacht geschehen ist. Dabei sagte der Echzeller einen Satz, der das ungewöhnliche Verhalten des Opfers vor Gericht ein wenig aufhellte. »Ich rate dir dringend, dich schnellstmöglich einer Drogentherapie zu unterwerfen. Das wird dir sicherlich guttun«, sagte er.

Der Prozess am Landgericht Gießen wird mit der Stellungnahme des psychologischen Gutachters sowie den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger am Dienstag, 30. Mai, ab 9 Uhr fortgesetzt. Das Urteil wird für den 6. Juni erwartet. VON JÜRGEN W. NIEHOFF

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