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Naturikonen im Heimatmuseum

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Perlhahn oder Märchenvogel? Zints Bilder haben eine geheimnisvolle Tiefe. © Detlef Maresch

Alexander Kwindt, Patricia Schellenberger und Annekatrin Zint zeigen ihre Werke. Die wecken besondere Erinnerungen.

Nidda (det). Eine Sonderausstellung »Naturikonen« mit Werken der Kunstschaffenden ist derzeit im Heimatmuseum Nidda zu sehen. Die Bilder des Künstlers Alexander Kwindt ähneln orthodoxen Andachtsbildern. Die Gesichter auf den Bildern von Patricia Schellenberger sind von floralen Elementen umgeben. Die Hintergründe bei Annekatrin Zint sind in Gold und die Gestirne in blauer Tiefe. Dafür gibt es Gründe.

Diesen ging Ulrich Ritter in einer informativen und kenntnisreichen Einführung nach. Doch zuerst konnte der Vorsitzende des Vereins Heimatmuseum Nidda, Martin Röhling, eine etliche Besucher begrüßen, unter ihnen auch der Ehrenvorsitzende Reinhard Pfnorr und der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtparlament, Thomas Jungermann. »Raum bieten für die kreative Arbeit von hier beheimateten Künstlern«, formulierte Röhling als ein Ziel des Heimatmuseums.

Musikalischer Gruß aus der Ukraine

Ritter dankte den Aktiven seines Vereins, die den Rahmen der Ausstellung samt Bewirtung organisiert hatten. Und immer wieder zarte Musik: Durch Vermittlung von Frieda Schütz waren zwei ukrainische Mädchen gekommen. Stella aus Odessa (Gitarre) und Oksana aus Charkow (Gesang) hatten religiöse und weltliche Lieder ihrer Heimat mitgebracht, ein Spiritual und »What a wonderful world«.

Vorstand Beate Harbich-Schönert stellte den Künstler und die Künstlerinnen vor. Alexander Kwint ist ein Spätaussiedler aus Kasachstan, wo er als Lokführer arbeitete. 1993 kam er nach Deutschland, wurde als Autodidakt zunehmend gestalterisch tätig und immer mehr beeinflusst von der Ikonenkunst der russisch-griechisch orthodoxen Kirche, der er selbst angehört. Patricia Schellenberger lebt in der Rhön, ist im selben Kunstforum engagiert wie Annekatrin Zint, wo die beiden sich auch kennenlernten. Sie war bei dieser Ausstellungseröffnung verhindert, wird aber bei der Finissage am Sonntag, 22. Oktober, um 17 Uhr anwesend sein. Annekatrin Zint, die Kunst und Mediengestaltung studierte, lebt mit ihrer Familie auf einem Selbstversorgerhof in Schwickartshausen. Die Nutzung und Erhaltung der Natur in ihrer Vielfalt ist ein zentrales Thema ihres Lebens und künstlerischen Schaffens.

Ulrich Ritter schließlich schlug einen Bogen von der Kunstgeschichte zur aktuellen Aussage der Naturikonen: »Ikonen sind ein Erbe der antiken Mittelmeer-Kultur, wo sie als Toten-, Kaiser- und Götterbilder vorkamen - immer aber als ein Ausdruck von Verehrung. Ikonen galten als visuelles Gebet, sie zu malen als gottesdienstliche Handlung.« So sei bei Alexander Kwint das künstlerische Tun ein Ausdruck seiner Religiosität. Er arbeite mit in das Holz eingebrannten Linien und Flächen, mit Glitzer und anderen modernen Materialien, aber nicht als oberflächlichen Deko-Effekt, sondern um der Berührung mit dem Heiligen willen. Im Nachgespräch berichtete Kwindt, dass er oft bis zu sechs Farbschichten auftrage und bewusst seine Figuren - Christus, die Gottesmutter, den heiligen Nikolaus - in derselben hieratischen Haltung darstelle wie historische Ikonenkünstler.

Annekatrin Zint schaffe im besten Sinn altmeisterliche Kunst, betonte Ritter. Sie säge und schleife die Holztafeln als Bildgrund selbst, arbeite in Schichten in einer Maltechnik ähnlich den Renaissance-Künstlern, zum Teil mit selbst geriebenen Farben und in Öl. Als Hintergrund verwende sie echtes 24-karätiges Gold aus nachverfolgbaren Quellen, also ohne Kinderarbeit und Naturzerstörung gewonnen. Für die Hintergründe wende sie klassische Goldschlägertechnik an. Ritter: »In einer auf Gewinnmaximierung und Schnelligkeit getrimmten Zeit ist dieses Arbeiten im besten Sinn konservativ und erhaltend.«

Zeichnen lehrt, geduldig zu sein

Zint gebe eine Vielfalt von Maltechniken in Kursen für Kinder und Erwachsene weiter. Sie sehe im Zeichnen eine Grundkompetenz wie Lesen oder Schreiben. Mehr noch: »Zeichnen lehrt Geduld, lehrt Schauen, Erkennen.« Und schließlich spannte Ritter den Bogen von Zints akribischem bildlichen Festhalten von Naturgeschöpfen zum Respekt vor dem Leben in der Vielfalt seiner Arten, in der Biodiversität.

Tatsächlich haben Zints Bilder bei aller Genauigkeit eine geheimnisvolle Tiefe. Der Perlhahn, den sie darstellt, könnte ein magischer Vogel wie im Grimm-Märchen vom Machandelbaum sein. Die Fledermaus, die sich von einem blau-silbernen Himmelskörper abhebt, scheint durch unendliche Weltraumtiefen zu flattern.

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Einfühlsame Musik boten Oksana und Stella aus der Ukraine zur Ausstellungseröffnung im Heimatmuseum. © Detlef Maresch

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