Neues Konzept: Kita unterm Apfelbaum

Nicht im Wald, sondern in den Streuobstwiesen - die Stadt Nidda plant einen besonderen Kindergarten. In der Gemarkung Borsdorf soll bis 2024 ein Platz für etwa 20 Kinder geschaffen werden.
Angesichts der zahlreichen neuen Baugebiete werden voraussichtlich auch wieder mehr Familien mit kleinen Kindern in Nidda und seinen Ortsteilen ansiedeln. Diese Kinder müssen betreut werden. Nicht nur, wie es das Gute-Kita-Gesetz vorsieht, sondern wie es auch die veränderten Situationen innerhalb der Familien erfordern.
Die Stadt Nidda betreibt zurzeit acht Kindertageseinrichtungen mit unterschiedlichen Platzangeboten und unterschiedlichen Konzeptionen in ihrer Trägerschaft. Dazu ergänzen drei freie Träger und eine kirchliche Einrichtung das Betreuungsangebot. In Ober-Widdersheim wird die Zertifizierung nach Kneipp angestrebt. Für den geplanten Kita-Neubau in der Leichthammerstraße wurde jüngst die Baugenehmigung erteilt.
Alle bisherigen Einrichtungen arbeiten nach konventionellen Konzept. Der ökologische Schwerpunkt ist neu. Deshalb, sagt Uwe Bonarius, Fachbereichsleiter für Zentrale Dienste bei der Stadt Nidda. sei gerade angesichts des wachsenden Umweltbewusstseins auch im Hinblick auf den Klimawandel ein attraktives Angebot der Stadt von immenser Bedeutung. Hier könne die Stadt als Vorreiter dienen. Ein Kindergarten auf einer Streuobstwiese sei eine zeitgemäße Alternative zu einem Waldkindergarten. Aufgrund der fortschreitenden Klimaveränderung erkranken der Wälder immer mehr und der ganzjährige Aufenthalt im Wald berge überdies Gefahren durch beispielsweise herabfallende Äste.
Die Neugierde für Ökologie wecken
Vanessa Bach, mitverantwortlich für die Konzeptionen der städtischen Kitas, betont die pädagogische Effizienz des geplanten Projektes. »Kinder werden sehr früh mit der Entstehung und Entwicklung von Leben vertraut gemacht, sie beobachten das Wachstum und erhalten so frühzeitig einen (be-)greifbaren Bezug zur Umwelt und zu ihren alltäglichen Lebensmitteln. Ihr natürlicher Forscherdrang wird weiter gefördert, ihre Fragen werden in eine ökologische Richtung gelenkt.«
Die Umgebung einer Streuobstwiese auch alle Möglichkeiten der Bewegung.
Die für das Projekt ausgewählten Streuobstwiesengrundstücke in der Gemarkung Borsdorf liegen an einem Wirtschaftsweg in Waldnähe. In Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde ist eine Begrenzung des Grundstücks durch die Anpflanzung einer Hecke geplant. Es soll auch kein gemauerter Bau aus Beton, Stahl und Glas errichtet werden, sondern vorgesehen ist die Anschaffung eines sogenannten Wichtelwagens, der den Kindern sowie der Leitung und dem pädagogischen Personal Unterschlupf gewährt, falls ein Aufenthalt im Freien nicht angeraten ist. Ein solcher Wagen ist selbstverständlich mit allem ausgestattet, was für den Betrieb benötigt wird, wie Toiletten und Küchenbereich, also alles, was im Alltag eines Naturkindergartens gebraucht und von den zuständigen Fachstellen gefordert wird.
Streuobstpädagogin liefert das Konzept
Der Bauwagen ist mobil und kann - falls nötig - mit überschaubarem Aufwand auch versetzt werden, der Preis für die Anschaffung liegt bei etwa 110 000 Euro. Vorgesehen ist eine Gruppe von 20 Kindern, die von drei ständig anwesenden Betreuungskräften begleitet und angeleitet werden.
Heidi Ziebarth, Streuobstpädagogin, Landschaftsobstbäuerin und Erzieherin an einer der ersten Streuobstwiesen-Kitas in Bad Vilbel, hat dafür ein Konzept entwickelt. Die Begegnung mit Flora und Fauna soll erfahren, Wald und Wasser erkundet werden. Die reizarme Umgebung fördert Kreativität, Fantasie und Konzentrationsfähigkeit.
Und: Die Kinder können etwas mit nach Hause nehmen: Impulse und Projekte sollen in die Familien übertragbar sein, um somit gemeinsam den oft verloren gegangenen Bezug zur Natur wiederherzustellen.
Besonderheiten des Streuobstwiesenkindergartens sind vor allem die Beobachtung des Wachstums der Früchte und nach dem Ernten ihre Verarbeitung zu Nahrungsmitteln, die natürlich auch selbst verzehrt werden. Spannend sind sicher auch Nebeneffekte, wie das Entdecken von Tierspuren in der Umgebung der Kita und deren Einordnung.
Was bleibt, ist die Frage nach der Verkehrsanbindung: Unklar ist zurzeit nur, ob bei einer Nutzung dieser Flurstücke als Streuobstwiesen-Kindergarten verkehrsrechtliche Anordnungen notwendig sind. Eine entsprechende Untersuchung soll feststellen, ob bestehende Wirtschaftswege genutzt werden können oder weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Einbahnstraßenregelung oder Geschwindigkeitsbegrenzungen, notwendig sind.
Die Stadt Nidda plant, das Projekt bis 2024 umzusetzen.