Anwohner: »Wollen keinen Ballermann«

Sie wollen im Kurort keinen Ballermann. Das ist die Kernaussage von Anwohnern in Bad Salzhausen, die sich über ausufernde Partys vor allem im Parksaal beschweren.
Sommer im Park. Es ist warm, der Tonic prickelt, der Beat dröhnt im Rhythmus. Die Gäste tanzen, die Party läuft. Dieser Abend in Bad Salzhausen soll unvergesslich bleiben.
Circa 50 Meter entfernt, bekommt Bernd Vestweber Puls. Bum, bum, bum. Obwohl er selbst Musiker ist, nerven die Bässe. So sehr, dass er überlegt, die Nacht in seinem Gartenhaus zu verbringen.
In der Kastanienstube am Bahnhof über dem Parksaal steht ein Gast ob des Krachs entnervt auf, zahlt und verschwindet. Wirt Gerhard Daubert entschuldigt sich.
Peter Berthold wohnt in der Kurallee 7. Sein Brustkorb bebt. An Schlaf wird heute nicht zu denken sein, befürchtet er. Die Ferienwohnung, die in Richtung Park liegt, kann sie nicht mehr vermieten, erzählt Martina Frankenhauser. Wenn an einem Samstagnachmittag sich der Parkplatz gegenüber ihres Hauses langsam füllt, kommt die Angst: Es wird laut, das Wochenende ist wieder gelaufen.
Feiern werden zur Belastung
Vestweber, Daubert, Berthold und Frankenhauser gehören zu den 18 Anwohnern, die sich in einem Brief an die Stadtverwaltung Nidda über den Lärm beschwert haben. Die Bürger wohnen in der Kurallee, der Kurstraße, Im Park, Im Seefeld und in der Villenstraße, also am Oberen Kurpark. Insbesondere die Veranstaltungen im Parksaal empfinden sie als Belastung. Der gehört der Stadt Nidda, die ihn sowohl vermietet als auch selbst nutzt. Im Juli war dort an jedem Wochenende etwas los. Die Veranstaltungen werden zum Interessenskonflikt.
Das besondere Ambiente des Parksaals ist für Hochzeiten prädestiniert. Dazu kamen die Wohnzimmerdeluxe-Events von Giuseppe Laviero aus Kohden, der seit dem vergangenen Jahr gemeinsam mit der Stadt Konzerte veranstaltet. Beides bedeutet Party. Wenn es warm wird, gehen die Türen und Fenster auf und die Gäste tummeln sich vor dem Gebäude. Die Musik, die Gespräche, Gesang und oft späteres Gegröle im Alkoholrausch beziehen die Umgebung mit ein.
»Die Techno-Party war das Schlimmste, was ich in den 40 Jahren erlebt habe«, erzählt Gerhard Daubert, Inhaber der Kastanienstube am Bahnhof. Auch die Autos seien ein Problem. Als eine Besucherin seiner Gaststube einen Herzinfarkt erlitt, musste der Rettungswagen über die Wiese fahren, weil die Zufahrt zum Teil zugeparkt war. Manchmal kämen bereits besoffene Gäste auf ihrem Weg in den Parksaal mit dem Zug an, würden ihren Dreck hinterlassen. Peter Berthold ist sauer. »Die Veranstalter laden nur ein und kümmern sich später um gar nichts.«
Die Sprüche, »einmal im Jahr kann man das doch ertragen« oder »kommt doch hoch und trinkt einen mit«, können sie nicht mehr hören. Auch wenn es bei manch wenigen Veranstaltungen moderat zuginge, bei den Anwohnern hat sich einiges angestaut und sie fordern, dass die Stadt mehr eingreift. Mehrmals haben sie nachts die Polizei angerufen. Die würden allerdings meist eine Stunde später oder zum letzten Lied kommen. »Die Stadt will Leben nach Bad Salzhausen bringen. Aber wir wollen keinen Ballermann«, sagt Bernd Vestweber . Jazz- oder Klavierkonzerte würde eher zum Kurort Bad Salzhausen passen.
Gratwanderung für die Stadt
»Ein Stück weit können wir die Beschwerden nachvollziehen«, sagt Uwe Bonarius, Leiter Zentrale Dienste im Rathaus. Die Techno-Party habe sich zwischen 12 und 22 Uhr abgespielt, Bonarius räumt ein, dass der Ort vielleicht für Technopartys falsch sei. Die Stadt habe am 9. September die Lautstärke gemessen. Gegen 22.30 und 24 Uhr seien es zwischen 35,8 und 41,7 Dezibel gewesen. »Jedes Auto erreicht den doppelten Wert.« Bonarius weist auf die Möglichkeit hin, an 18 Tagen im Jahr über die Dezibelvorgaben für einen Kurort, Lärm zu verursachen, sofern es nicht gesundheitsschädlich sei. Die Veranstalter würden deutliche Hinweise erhalten: ab 23 Uhr die Türen geschlossen zu halten und die Musik deutlich herunterfahren. »Dass das nicht immer 1:1 passiert, wenn es warm ist, ist so. Das muss man vielleicht hier und da hinnehmen.«
Die Stadt hat die Sprecher der Gruppe und den Ortsvorsteher für 18. September ins Rathaus einladen. Bonarius stellt in Aussicht, die Anzahl lärmintensiver Veranstaltungen zu reduzieren und die Technik zu überprüfen. An der Location für Hochzeiten werde jedoch festgehalten. Der Kurort hätte einen Mehrwert von den Veranstaltungen. Das Kurhaushotel übernehme zum Beispiel das Catering, Gäste würde im Ort übernachten.
Bürgermeister Thorsten Eberhard verweist auf den schmalen Grat, einerseits Bad Salzhausen für Besucher attraktiv zu machen, andererseits den Bewohnern gerecht zu werden. Die öffentlichen Veranstaltungen sollen künftig auf der Homepage der Stadt Nidda zu lesen sein.