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Werkforum »Plastische Perspektiven« in Bad Salzhausen

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Künstlerin Gesine Grundmann spricht lieber von »Vorbewusstem« als von Unbewusstem: »Meine Arbeiten entwickeln sich intuitiv.« © Red

Fünf Künstlerinnen und Künstler hat der Verein Kunst:Projekt eingeladen, ihre Arbeiten zu präsentieren. Bei der Vernissage kommen die Besucher mit ihnen ins Gespräch.

Bad Salzhausen . Drinnen und draußen vermischen sich wieder auf faszinierende Art beim 7. Werkforum »Plastische Perspektiven« des Vereins Kunst:Projekt in Bad Salzhausen. Die Parksaal-Türen stehen offen, der Innenraum ist ebenso großzügige Präsentationsfläche der Plastiken und Skulpturen wie der sommerliche obere Kurpark. Nie entsteht bei den 80 Besuchern der Vernissage Gedränge. Sie genießen das Privileg, die Arbeiten von allen Seiten auf sich wirken zu lassen und beim Rundgang und später mit den Künstlern und Künstlerinnen direkt ins Gespräch zu kommen.

Christian Maul (Klavier) spielt eingangs Werke von Bach, Debussy und Moritz Moszkowski und setzt die Auswahl in sympathischen Bezug zur Vernissage. Beim Ausklang vertiefen Olaf Thurau (Gitarre) und Diana Perez (Gesang) mit Balladen und Ohrenschmeichlern die gelöste Stimmung dieses Sommerabends.

Der Kunst:Projekt-Vorsitzende Matthias Weidmann heißt die Künstler Thaddäus Salcher (Kastelruth), Gesine Grundmann (Köln), Nadine Elda Rosani (Heideck) und Günter Braun (Eppelheim) willkommen, die Metallbildhauerin Angelika Summa (Nürnberg) wird an der Finissage teilnahmen. Weidmann freut sich über die vielen interessierten Besucher und dankt allen Unterstützern.

Stadträtin Sharon Rieck als Vertreterin der Stadt Nidda weist auf die Bedeutung des Skulpturenparks auch bei der kommenden Landesgartenschau hin, was Weidmann geistesgegenwärtig für ein wenig Mitgliederwerbung nutzt.

Der Holzbildhauerin Nadine Elda Rosani gelingt es, den menschlichen Figuren, die sie reduziert darstellt, zugleich individuelle Charakteristik und Ausdrucksstärke zu geben. Weidmann kommentiert ihre Gruppe von drei Frauentorsi »Drei Zustände der Glückseligkeit« - keineswegs engelhafte Euphorikerinnen, sondern mit dem Ausdruck von Gleichgültigkeit, Dominanzanspruch, vielleicht gar pedantischer Lust am Kritisieren. Hinterfragt Rosani ironisch ihre eigenen Titel? Beeindruckend auch die Figur »Tausend Spuren« - Zeichen des Alters, ja des Verfalls prägen einen Frauenkörper, dessen Blick zugleich Ruhe, Versunkenheit, Gelassenheit ausstrahlt.

Der Rundgang zu den neuen Arbeiten im Park, der Dialog Weidmanns mit den Künstlern ist Tradition. »Vision« heißt die Eisenguss-Plastik Thaddäus Salchers in der Nähe des Parksaals, die überschlanke reduzierte Figur eines Menschen, die den Assoziationen des Betrachters Raum lässt: Ein Träumender? Ein Einsiedler? »Solche Orte in Verbindung mit der umgebenden Natur lassen Ferne und Unendlichkeit anklingen«, beantwortet der Bildhauer Weidmanns Frage nach der Platzierung und geht auf den Arbeitsprozess ein: Erst entstehe eine Steinfigur, die in Sand ein Negativ bilde, in dem dann der Guss stattfindet. Salcher: »Das ist ein zeitaufwendiger Prozess, dabei komme ich selbst zur Ruhe. Mühselige, harte Materialien ziehen mich an.«

Fast perfekt

Nächste Station ist Angelika Summas »Postnaturalia«. Viel Aufmerksamkeit finden im Saal ihre filigranen, an Samenständen von Löwenzahn erinnernde Kugelplastiken, die die Verbindung von Harmonie und Zweckmäßigkeit abbilden.

Klare, monolithische Form, makellose polierte Oberfläche, so wäre Günter Brauns Skulptur »Aufbruch« fast provozierend »perfekt«, wenn da nicht die plötzliche Unterbrechung wäre: Die obere Hälfte des Quaders biegt in einem spitzen Winkel nach rechts. Wo sich die beiden Hälften trennen, ist die Oberfläche rau und matt, zeigt aber zugleich ein anderes Gesicht des Steins. In der Parktiefe steht eine ähnliche Arbeit Brauns und bildet mit dieser hier ein Diptychon. Braun verrät ein wenig von seinem handwerklich anspruchsvollen Vorgehen, ohne die Substanz oder die Statik des Steins zu zerstören und findet eine treffende Formulierung: »Wir sehen Abweichendes als Bruch und Unordnung, weil wir an Ordnungsvorstellungen gebunden sind. Brüche sind Teil des menschlichen Lebens.«

Ein sichtlich schweres Stein-Ei, ein gelb lackierter hochragender Käfig auf einem Pfosten - an ein Bilderrätsel, einen Rebus fühlt sich Weidmann bei Gesine Grundmanns beiden Objekten erinnert. Ist solche scheinbar »absurde« Zusammenstellung eine Hommage an den Surrealismus, wo auch bei Dali, bei Magritte Eier als symbolträchtige Gebilde aus dem Unbewussten auftauchen?

Besser von »Vorbewusstem« als von Unbewusstem will Grundmann sprechen: »Meine Arbeiten entwickeln sich intuitiv - warum soll ein Käfig immer belegt sein? Es überrascht mich, was entsteht - das Vorbewusste ist klüger.«

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