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Niddatal: Petra, das Modepüppchen - Inge Weber besitzt die deutsche Barbie

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Von: Kim Luisa Engel

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Für ihre Puppe Petra hat Inge Weber eigene Kleidung geschneidert, gehäkelt und gestrickt. © Nicole Merz

Die deutsche Barbie heißt Petra. Inge Weber aus Bönstadt besitzt ein Modell der ersten Generation. Ihre Petra ist ein echtes Modepüppchen. Denn sie trägt von Weber geschneiderte Kleidung.

Ich hatte schon immer ein Faible für Barbie«, sagt Inge Weber. Schuld daran ist ihre erste Puppe - eine deutsche Barbie der Firma Plasty. Das Modell heißt Petra und steht beim Termin in einem Gestell auf Webers Esstisch in Bönstadt. Doch diese Petra trägt nicht das Kleid, mit dem Weber sie 1964 an ihrem neunten Geburtstag aus der Verpackung geholt hat. Nein, sie hat ein gehäkeltes Kleid an: rosa-braun gestreift mit weißen Volants daran. Das Kleid und einige andere Outfits hat Inge Weber damals selbst gemacht. »Wir haben früher von klein auf gelernt, zu nähen und zu häkeln«, sagt die 68-Jährige.

Weber kommt gebürtig aus Steinfurth. Ihr Vater war Rosenbauer Ruf. Gab es im Sommer viel für die Landwirtschaft zu tun, erledigten ihre Mutter und Großmutter im Winter oft Näharbeiten. Weber und ihre drei Schwestern waren immer dabei. »Wir konnten stricken, als wir in die Schule kamen.«

Deswegen hat Weber sich die schlanke, langbeinige Puppe gewünscht, damit sie Mode für sie kreieren kann. »Es ging nicht um die Puppe, sondern um schöne Kleider, die ich für sie machen wollte.« An gekaufter Kleidung für das Püppchen hatte sie kein Interesse. »Ich wollte etwas Schönes für mich selbst machen«, sagt sie. Mit neun Jahren, als sie Petra bekam, legte sie los.

Puppe Petra aus Niddatal: Kleine Puppe, schneller Erfolg

Das Tolle: Die Puppe ist klein, und so erzielte sie eher einen Erfolg. »Ich war ungeduldig und wollte schnell fertig werden«, sagt Weber und lacht. Etwa zwei Nachmittage hat sie für ein Kleidungsstück gebraucht.

»Es hat mich fasziniert, etwas Einzigartiges zu haben.« So malte Weber, wenn ihr im Unterricht langweilig war, auch schon mal Modezeichnungen in ihre Hefte.

Puppe Petra aus Niddatal: Vorbild war das Outfit zur Konfirmation

Gefertigt hat Weber ihre Kollektionen aus Woll- und Stoffresten. Die Ideen dafür stammen alle aus ihrem Kopf. »Ich habe erst überlegt und dann gemacht.« Eines der Ensembles hat Weber nach einem echtem Vorbild geschneidert: nämlich nach der Kleidung, die sie am Vorstellungsgottesdienst zu ihrer Konfirmation in den 70ern anhatte. Weber erinnert sich, einen blauen Rock, eine weiße Spitzenbluse und eine passende blaue Weste mit goldenen Knöpfen getragen zu haben.

Doch ihre Petra bekam statt eines Rocks eine gehäkelte blaue Schlaghose mit weißen Spitzenvolants. »Das war die Abba-Zeit«, erinnert sich Weber. Und: »Ich durfte zur Vorstellung keine Hose tragen. Meine Oma meinte, ein Kleid sei schöner.« Zwar liebt Inge Weber all ihre geschaffenen Kleidungsstücke. Doch der blaue Hosenanzug bleibt besonders, eben weil er vom echten Leben inspiriert ist.

Puppe Petra aus Niddatal: Kleider aus Stoffresten genäht

Weber erinnert sich noch, bestimmt drei oder vier Hochzeitskleider genäht zu haben, die ihre Mutter ihr dann als Geschenk für andere Kinder abkaufte. »10 Mark waren bei 1 Mark Taschengeld schon viel«, sagt sie.

Ihre Werke hat Weber damals in einem orangefarbenen Koffer gesammelt. Auch der steht auf dem Esszimmertisch. Die einzelnen Outfits liegen ausgebreitet und in Plastiktüten verpackt davor. Ein hellblaues Sommerkleid, ein gehäkelter Pulli mit Zopfmuster. Ein weißes ausgestelltes Kleid - aus Resten von Kleidern, die für Weber und ihre Schwestern genäht wurden - mit roter Strumpfhose. Ein Kleid mit einem weißen gehäkelten Top, langem Rock und roter Schleife. Dazwischen liegen Stoffreste: türkisblaue Spitze und solche mit Muster. Der Stil der 70er Jahre eben. Dahinter verbirgt sich eine Geschichte.

Puppe Petra aus Niddatal: Stoffe von Knopf-Brack aus Bad Nauheim

»Die Stoffreste hat mir meine Schwester mitgebracht. Damals arbeitete sie bei Knopf-Brack in Bad Nauheim«, sagt Weber. Jetzt ein Teil des Kaufhauses Weyrauch, wurden damals eben solche Dinge dort verkauft: Kurzwaren - Knöpfe. Stoffe, Reißverschlüsse. Die Stoffreste stammen aus ausrangierten Musterbüchern.

Inge Weber wollte sie gerne zu neuen Kleidern verarbeiten, kam aber nicht dazu. Die Interessen hatten sich geändert, sie wurde älter, ging zur Lehre. Gerne wäre sie Schneiderin geworden, sagt Weber. Doch den Eltern sei der Besuch einer Schneiderschule in Wiesbaden zu teuer gewesen. Sie lernte in einer Apotheke, arbeitete später bei der Sparkasse. »So blieb es bei der Leidenschaft, die ich dann aber kaum mehr ausgelebt habe.«

Und doch hat sie alles aufgehoben. In der Hoffnung, bald wieder dazu zu kommen, für ihre Petra zu schneidern. »Alles, was mit den Händen gemacht wird, ist meins«, sagt sie. Weber geht auf die 70 zu. Sie beginne, sich von Dingen zu trennen. »Doch diese Liebhaberei«, sagt sie, »die bleibt.«

Info: Petra von Plasty

1959 wurde die erste Barbie-Puppe in den USA präsentiert. Die deutsche Barbie hieß Petra und wurde in den 60ern von der Firma Plasty produziert, heißt es auf der Seite great-barbie-dolls.com. Die Petra kam 1964 auf den deutschen Markt. Ihr Körper sei fast größenidentisch mit Barbie gewesen, so hätten die Petra-Puppen Barbies Garderobe tragen können - und umgekehrt. Die Petras der 60er Jahre bestechen durch fein gezeichnete Gesichter und die schön ausgearbeitete Augenpartie, heißt es auf der Internetseite. Die Modelle waren mit fester Taille, starren Armen und Beinen versehen. Ihr Haar war meist üppig gelockt. Auch verfügen die Modelle oft schon über die typische Welle in den Haarspitzen, heißt es weiter, die in der darauffolgenden Petra-Generation eines ihrer Markenzeichen sein würde. Produziert wurde die erste Generation von 1964 bis 1969.

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Nach Petra hat sich Weber weitere Barbies gekauft, unter anderem die Winter-Barbie der Kosmetik-Marke Avon (r.). Die Stoffreste, die auf dem Tisch liegen, hat sie von ihrer Schwester bekommen. © Nicole Merz

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