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Niederdorfelden reicht Klage gegen neuen Finanzausgleich ein

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Ist die gerade erst in Kraft getretene kommunale Finanzreform in Hessen verfassungswidrig? Niederdorfeldens Bürgermeister Klaus Büttner (SPD) bejaht dies. Er hat deshalb in diesen Tagen als einer der ersten Kommunen Hessens Klage beim Staatsgerichtshof eingereicht.

Der Bürgermeister von Niederdorfelden, Klaus Büttner (SPD), fühlt sich ungerecht behandelt: Grund ist das zum 1. Januar in Kraft getretene Finanzausgleichsgesetz des Landes Hessen. Dieses sieht vor, dass Städte und Gemeinden mit besonders hohen Steuereinnahmen steuerschwächere Kommunen durch Zahlung einer Solidaritätsumlage unterstützen.

Doch dazu sind einige der angeblich reichen Kommunen wie Niederdorfelden nicht bereit. Aus dem Main-Kinzig-Kreis wollen, so Büttner, auch die Gemeinden Biebergemünd und Langenselbold Klage gegen den Finanzausgleich einreichen. Sie verweisen darauf, dass sie einen Großteil der Steuereinnahmen ohnehin an den Landkreis weiterreichen müssen.

Von Reichtum könne also keine Rede sein. „Bei realistischer Betrachtung rechnet das Land die Kommunen künstlich reich“, meint Büttner. Er vermutet sogar ein absichtliches Vorgehen der Landesregierung hinter dieser Maßnahme. „Für mich ist das eine verdeckte Gebietsreform, bei der kleinere Gemeinden auf diesem Wege zum Zusammengehen mit größeren Kommunen gezwungen werden sollen“, interpretiert er das Regelwerk aus Wiesbaden. Auf jeden Fall fühlt er sich durch den Finanzausgleich zu Unrecht behandelt, denn bei der Neufestlegung sei die besondere Situation Niederdorfeldens nicht berücksichtigt worden, obwohl er sogar Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) ausdrücklich darauf hingewiesen habe.

Wundersam reich gerechnet

Sein Ort sei im Verhältnis zur Einwohnerzahl die kinderreichste Kommune im Main-Kinzig-Kreis. Drei Kindergärten mit über 30 Betreuerinnen kosteten die Gemeinde Jahr für Jahr mehr als 1,3 Millionen Euro. Dabei habe die Gemeinde gerade einmal 3850 Einwohner. Würden die Kita-Gebühren kostendeckend erhoben, dann müssten die Eltern rund 1280 Euro je Betreuungsplatz für unter Dreijährige pro Monat bezahlen. Tatsächlich zahlen sie aber nur 150 Euro. „Das alles hat der Gesetzgeber bei der Neufassung des Kommunalen Finanzausgleichs nicht berücksichtigt, so dass wir auf dem Papier zu einem wundersamen Reichtum kamen“, ärgert sich Büttner über die virtuelle Geldvermehrung.

Die Folgen für seine Gemeinde sind, dass im Jahr 2016 die Kreis- und Schulumlage um 264 000 Euro angehoben und Niederdorfelden zusätzlich eine Solidaritätsabgabe in Höhe von 104 800 Euro zugunsten steuerschwacher Kommunen abführen muss.

Darüber muss Niederdorfelden auf weitere 100 000 Euro verzichten, die bisher jährlich als Schlüsselzuweisung vom Land überwiesen wurden. Unterm Strich führt das zu einer Mehrbelastung im laufenden Jahr von etwa 400 000 Euro. Mit einer Klage gegen den neuen Finanzausgleich liebäugelt auch die Stadt Karben – zumindest in letzter Instanz. Allerdings aus anderem Grund: Sie sieht sich für die vielen Aufgaben, die sie für die Bevölkerung auch benachbarter Orte erledigt, zu gering entlohnt.

Denn Karben ist nur als Unterzentrum eingestuft, muss aber mit Hallenbad, S-Bahn, Musikschule und weiterführenden Schulen die Kosten eines Mittelzentrums tragen. Deshalb spricht Bürgermeister Guido Rahn (CDU) just heute im Wiesbadener Finanzministerium vor. „Wir verhandeln um eine Lösung, wie wir einen gerechten Anteil vom Finanzausgleich erhalten, ohne dass wir klagen müssen.“

Andererseits sieht die neue Berechnung vor, dass Karben 2017 mit knapp sechs rund drei Millionen Euro mehr an Schlüsselzuweisungen erhält als noch dieses Jahr. „Aber nur, weil die Gewerbesteuer in diesem Jahr nicht gut läuft“, relativiert es Rahn. Die zwei Millionen Euro Miese gleiche die Zahlung 2017 zu drei Vierteln aus.

Schwarze Null erreichen

„Das ändert aber nichts am Grundsystem“, mahnt Rahn. „Das macht es nur nächstes Jahr entspannter, während es dieses Jahr supereng ist.“ Die schwarze Null will der Bürgermeister 2016 dennoch schaffen. 2017 sollte das klappen, so dass Karben 2018 den kommunalen Schutzschirm des Landes verlassen könnte. Mehr als 16 Millionen Euro Altschulden wird das Land der Kommune dann abgenommen haben.

Bad Vilbels Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) sieht das entspannter. Er hat als Präsident des Hessischen Städte- und Gemeindebunds einst selbst an der Umsetzung des Finanzausgleichs mitgewirkt und betont: „Das war ein Kompromiss zwischen allen Beteiligten.“ Zudem habe der Finanzausgleich einen rein ausgleichenden Zweck. So würden damit lediglich geringere Steuereinnahmen aufgefangen: „Es ist nicht so, dass man im Geld schwimmt, wenn man einen höheren Ausgleich erhält“, erklärt Stöhr. Für Bad Vilbel sind für das kommende Jahr knapp 7,9 Millionen Euro im Finanzausgleich veranschlagt. Über den Unterschied zur Summe des Vorjahres konnte auf Anfrage keine Antwort gegeben werden.

Während die einen diskutieren, nehmen andere die Zahlen bloß zur Kenntnis. Für Nidderau sind im Finanzausgleich 2017 rund 4,1 Millionen vorgesehen – damit erhält die Stadt im Vergleich zu diesem Jahr rund 400 000 Euro weniger. Anders sieht es in Schöneck aus: Die Zuwendung steigt von rund 2,2 auf mehr als 2,3 Millionen Euro. Weder Nidderau noch Schöneck planen derzeit eine Klage. Niddatal und Wöllstadt bleiben mit 2,6 und 1,5 Millionen in etwa auf dem Stand des Vorjahres.

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