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Künftig ohne Mohr: Ober-Mörler Faschingsverein ändert sein Wappen

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Wer genau hinschaut, sieht: Auf dem Wappen des Mörlauer Carneval Clubs, das an der Vereinshalle hängt, fehlt etwas. Die beiden Mohrenköpfe darauf sind abgeklebt. © Kim Luisa Engel

Die Gemeine Ober-Mörlen und ihre beiden Karnevalsvereine tragen einen oder zwei Mohrenköpfe im Wappen. Jedoch nicht mehr lange: Der Mörlauer Carneval-Club (MCC) möchte sein Logo neu gestalten.

Der Mörlauer Carneval-Club (MCC) trägt zwei Mohrenköpfe in seinem Wappen. Noch. Bei der jüngsten Jahreshauptversammlung haben die Mitglieder darüber abgestimmt, ob das Wappen neu gestaltet werden soll: Mit 39 Ja-Stimmen, 25 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen haben die Mitglieder sich für ein neues Wappen entschieden. Die Figur des Mohren ist seit Jahrhunderten mit Ober-Mörlen verbunden, taucht im Wappen der Gemeinde auf. Genauso in dem des MCC-Schwesternvereins 1. Ober-Mörler Karnevalsgesellschaft »Mörlau« (KG). Etwa sieben Monate ist es her, dass die Figur »Mohr von Mörlau« der KG für Aufregung gesorgt hat (siehe Info). Das hat beim MCC endgültig zum Nachdenken angeregt.

Schon vor etwa eineinhalb Jahren - noch vor dem »Shitstorm« gegen die KG - hat eine junge Vorstandsdame den Antrag gestellt, sich mit dem Thema Wappen auseinanderzusetzen, sagt MCC-Vorsitzender Jürgen Geck. Nach heißer Diskussion habe damals festgestanden: Wir machen erst mal nichts. »Da standen die Traditionalisten noch im Vordergrund«, sagt er. Doch jetzt sind mehrere junge Frauen Anfang 20 Beisitzerinnen. »Da merkt man ganz klar: Die Interessen und Ansichten sind anders«, sagt er. Geck ist 47 Jahre alt, sagt, er kommt aus einer anderen Generation. »Ich fand das mit dem Mohren nicht so schlimm, allerdings hängt mein Herz auch nicht an dem Wappen.« Gerade durch seine Kinder merke er: Das Thema wird von jüngeren Leuten anders gesehen. »Deswegen habe ich da ein offenes Ohr.«

Niemanden in Zugzwang bringen

Die zwei Wochen vor Fasching, nach dem Empfang in Wiesbaden, nennt er eine »heiße Zeit«. Geck sagt aber auch: »Uns hat es nicht so hart getroffen.« Aber auch der MCC bekam Medienanfragen, ob er sein Wappen jetzt ändern würde. Kurzfristig habe man sich entschieden, den Mohren da, wo er sichtbar war, abzudecken - ihn abzukleben, das Wappen von der Internetseite herunterzunehmen und auf dem Wappenwagen für den Umzug zu verhüllen. Geck: »Es musste schnell gehen.«

Geck sagt aber auch, dass das nichts mit den Menschen zu tun habe, die sich gekränkt fühlen könnten. Er kritisiert, dass die Medien das Thema aufgebauscht hätten, nennt es »Effekthascherei, um Klickzahlen zu generieren«. Denn: »Ein Betroffener oder eine Organisation hat sich nie bei uns gemeldet.« Was nebenan bei den Nachbarn - MCC und KG teilen sich eine große Halle in der Hasselhecker Straße - losgewesen sei, nennt Geck eine »Perversion« und »Hexenjagd«.

Die Neugestaltung des Wappens bezeichnet er als »absolut souveräne Entscheidung« des MCC. »Wir wollen weder die KG noch die Gemeinde in Zugzwang bringen.« Dass in der Jahreshauptversammlung für eine komplette Neu- statt einer Umgestaltung gestimmt wurde, habe ihn gewundert. »Aber ich bin mitgegangen, so können wir moderner werden.« In der Sitzung wurde zudem der Antrag gestellt, dass das alte Wappen so lange weiter genutzt werden soll, bis das neue da ist - und per Mehrheit entschieden. Auf mögliche Gegenwehr ist Geck vorbereitet. Die Mitgliederversammlung sei das höchste Gremium im Verein und er füge sich deren Entscheidung. »Als Vorsitzender bekomme ich den Auftrag von den Leuten«, sagt er.

Vor der Abstimmung hat je ein Mitglied einen Vortrag pro und contra Neugestaltung gehalten. Ein Argument für die Neugestaltung war laut Geck die Stigmatisierung der Betroffenen und die rassistische Prägung des Begriffs »Mohr«.

Geck sagt: »Auch wenn sich nur wenige daran stoßen, ist das für uns Grund genug, sich Gedanken zu machen.« Wie der Tenor im Verein vor der Abstimmung war? »50:50«, sagt Geck. »Ich wusste bis zur Abstimmung nicht, wie es ausgeht.« Er kann die Älteren verstehen, die an der Tradition hängen. Und doch macht er klar: »Wir haben den Mohr im Wappen, weil er im Ortswappen ist. Sonst haben wir nichts mit ihm zu tun.«

Entworfen wurde das (noch) aktuelle MCC-Wappen 1981 zum 25-jährigen Bestehen des Vereins. Grundlage ist das Gemeindewappen - das Mainzer Rad und die beiden Mohrenköpfe wurden übernommen. Die Eppsteiner Sparren sind als Klatschen gestaltet, mit den Trompeten und dem Kopf des Till Eulenspiegel sei es »auf Fassenacht gemacht« worden.

Jürgen Geck sagt, als Vorsitzender des MCC tritt er auf wie ein Geschäftsführer: »Ich muss Schaden vom Verein fernhalten, ihn aber auch für die Zukunft aufstellen.« Die »Mohrenfrage« ist nicht die einzige aktuelle Fragestellung, mit der sich der Verein beschäftigt - das Thema Geschlechteridentität kommt »vielleicht früher oder später mal auf uns zu«, sagt Geck. »Wir wollen uns da wetterfest machen, wenn Fragen kommen.« Denn er sagt auch: »Das mit dem Mohr hat uns unvorbereitet getroffen.«

»Mohr von Mörlau«: KG äußert sich nicht

Nach dem Empfang der Tollitäten mit Ministerpräsident Boris Rhein am 11. Februar hat es deutschlandweit Kritik gegen die 1. Ober-Mörler Karnevalsgesellschaft »Mörlau« (KG) wegen »Blackfacings« gehagelt. Das ist, wenn sich weiße Menschen schminken, um schwarze Menschen stereotyp darzustellen. Daraufhin entschuldigte sich der Verein, sagte alle Auftritte des Mohren ab, löschte online Bilder mit der Figur. Im Wappen trägt die KG weiter den Mohrenkopf. Ob dieser abgeschafft werden soll und wie es mit dem Mohren weitergeht, dazu wollte sich der Verein nicht äußern. keh

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