Standort »In den Weiden« ruht nur

Ober-Mörlen (hau). So gut besucht war die Gemeindevertretersitzung selten gewesen: Bei der außerplanmäßigen Sitzung am Montagabend zum Neubau der Sport- und Kulturhalle zeigten über 20 Besucher den 23 Abgeordneten und dem Gemeindevorstand, dass das Dorf durchaus noch Interesse an der Lösung des seit über zwei Jahrzehnten öffentlich behandelten Dauerthemas hat.
Was zu Beginn des Abends auf eine politische Konfrontation hinauszulaufen schien, endete nach einer Stunde mit einem überraschenden Kompromiss: Einstimmig votierten nach zwei Sitzungsunterbrechungen alle Fraktionen dafür, den Standort »Lekkerkerkplatz« genauer unter die Lupe zu nehmen und zugleich die Anstrengungen am Standort »In den Weiden« ruhen zu lassen - statt sie ad acta zu legen, wie es bei einer Mehrheit für den Aufhebungsantrag von CDU und SPD geschehen wäre.
Was war passiert? Nachdem der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Matthias Heil, FWG-Abgeordnete Catinca Roth, der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Glockengießer und Bürgermeisterin Kristina Paulenz (SPD) ihre Sichtweisen und das Dilemma um aktuell zwei parallel laufende Beschlüsse geschildert hatten, rückte die Bürgermeisterin mit einem kurzen Satz die Zwickmühle in ein neues Licht: »Den einen Beschluss ruhen zu lassen, ist laut HGO auch eine Möglichkeit.« Im ersten Moment perplex, reagierten SPD und CDU mit dem Wunsch nach einer Sitzungsunterbrechung.
»Wir sind froh, einen Kompromiss zu finden«, kam Heil mit einem Änderungsantrag aus der Pause. Eine weitere Unterbrechung später votierten alle Volksvertreter für den Vorschlag, den alten Beschluss ruhen zu lassen und den neuen umzusetzen.
Der Kompromiss: Der Gemeindevorstand wird beauftragt, den Beschluss der Gemeindevertretung vom 18. Juli umzusetzen (siehe Info). Der Beschluss vom 6. Februar 2018 ruht in dieser Zeit. Der Gemeindevorstand soll die Gemeindevertretung über das Ergebnis informieren.
In der vorgeschalteten Debatte hatte Heil auch in Richtung der Zuschauer betont, dass man »natürlich nicht glücklich« sei, dass »wir Ihnen hier nichts zeigen können« von den Ideen möglicher Investoren für den Lekkerkerkplatz. Die Konkurrenzsituation unter Interessenten verbiete das noch. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten liefere man der Bürgermeisterin drei Investoren »auf dem Silbertablett«. Einen pragmatischen Umgang mit den beiden konkurrierenden Beschlüssen hätte man bevorzugt, werde nun aber der Forderung nach der Aufhebung des einen zugunsten des anderen Beschlusses nachkommen.
Paulenz weist Vorwürfe von sich
Heils Vorwurf, die Bürgermeisterin habe fünf Jahre lang Zeit gehabt, den Hallenbau umzusetzen, sei aber untätig gewesen, wollte die Rathauschefin nicht auf sich sitzen lassen. Sie habe alle Parlamentsaufträge vom Interessenbekundungsverfahren über die Machbarkeits- bis zur Finanzierungsstudie sofort umgesetzt, betonte Paulenz. »Was ich binnen dreieinhalb Jahren nicht bekommen habe, war der Beschluss, was weiter geschehen soll«, sagte sie. »Ich kann nicht zwei Beschlüsse (für dann zwei Hallen) zugleich umsetzen«.
Die Wortwahl »Untätigkeit« sei falsch gewesen, räumte Heil ein. Es bleibe aber der Wunsch nach mehr Initiative. »Wir hätten mit zwei Beschlüssen leben können und uns die Option ›In den Weiden‹ offen gehalten«, schloss Heil.
Achim Glockengießer (SPD) hatte die Bürgermeisterin in Schutz genommen und spannte, parallel zur Hallen-Entwicklung, einen roten Faden aus Erschwernissen durch Corona und Weltwirtschaft. Er erinnerte daran, dass man ein tragfähiges und bezahlbares Konzept für ein Millionenprojekt in Ober-Mörlen brauche - überdies für eine freiwillige kommunale Aufgabe, die vor der Kommunalaufsicht standzuhalten habe.
Im Namen der FWG hatte Catinca Roth unterstrichen, das Projekt keinesfalls blockieren zu wollen. Aber weder ihre Fraktion noch die Öffentlichkeit hätten Informationen zur »Kehrtwende« zurück zum Standort Lekkerkerkplatz. Ein zunächst zugesagtes Gespräch mit einem der Investoren sei von ihm gecancelt worden. Ein derart großes Thema unter unverständlichem Zeitdruck und ohne Beratung im Ausschuss durchzuwinken, mache ihre Fraktion sprachlos. »Wir kaufen nicht die Katze im Sack.« Es gehe darum, der Sache zu dienen und nicht zuletzt um die Glaubwürdigkeit der parlamentarischen Arbeit.