»Oi Oii, zwo Oarr«: Viel Beifall für Geschichten auf Alsesser Platt

Anekdoten und Geschichten in Alsesser Platt, mal lustig, mal nachedenklich: Den Oberhessischen Mundarttag in Eichelsachsen kann die Mundartgruppe als vollen Erfolg verbuchen.
»Hochdeutsch geht von Hirn zu Hirn, aber Mundart geht von Herz zu Herz.« - Dieses Zitat von Entertainer Harald Schmidt hat eindeutig seine Bestätigung in den beiden Vorstellungen zum Oberhessischen Mundarttag in Eichelsachsen gefunden. Sie standen unter dem Motto »Kultur, Geschichte, Brauchtum en Spaß of Platt«.
Die Mundartgruppe Eichelsachsen, der Männergesangverein und auswärtige Akteure gestalteten ein abwechslungsreiches Programm, durch das der »Alsesser« Dietmar »Didi« Weber routiniert und mit amüsanten Anmerkungen führte.
Es sei durchaus nicht einfach, einem Städter die Bedeutung von »oi Oii« und »zwo Oarr« beizubringen. Gewusst? »Ein Ei, zwei Eier«.
Die Mundartgruppe startete mit einem »Lied of Platt« und mit Marco Rehberger am Akkordeon. Das Lied, getextet von Brunhilde Weber, erzählte, wie es früher einmal war, und enthielt den Appell, das Plattschwätzen weiter zu praktizieren.
Als »unsere heimliche Nationalhymne« kündigte »Didi« den »of Platt« umgeschriebenen Liedvortrag »Ich bin der Bua vom Eicheltal« des MGV Liederkranz mit Dirigent Winfried Gerhard an. Für dieses und das zweite Lied »Das Elternhaus« erhielten Sänger viel Applaus.
In dem Sketch »Kasten steibern« erklärten die Jüngeren der Mundartgruppe den Zusammenhang zwischen dem Aushangkasten bei »Bürschermoistersch«, Hochzeit, Braut und »Stecken« oder »Peel«, den es einmal gegeben hat. Mit dem noch heute bekannten »Ehestandslied« beendeten sie das Spiel.
Ums »Wesch wesche« ging es beim Mundartstück »Wäsche auf der Bleiche«. Die zwei »Waschfrauen« erzählten, wie einst das liebe Federvieh Probleme machen konnte.
Rendezvous ohne Handy und App
»Dorfverschönerung« im August 1959, mitten in der Erntezeit! Darüber erregten sich die Gemüter der vier Mundart-frauen »uff de Gass« auf. Die Nachricht überbrachte damals der Polizeidiener mit seiner Schelle.
»Kennenlernen ohne Handy, Computer, Dating-App. Geht das?«, fragte »Didi«. Um 1958 traf sich die »Alsesser Juchend« am Ortsrand und spazierte sonntagabends »auf dem Erldeschweg«. So der Titel des nächsten Stücks. Mit dem Lied »Das Leben bringt groß’ Freud!« beendeten die vier Mundartaktiven den Sketch.
»Kartoffeln ausmachen« hieß der Vortrag von Karin Schröder und war Titel des gleichnamigen Sketchs der Mundartgruppe. Gerne erinnerten sich auch die Zuschauer an das gemeinsame Kaffeetrinken auf dem Kartoffelacker mit »Quetschehoink, Brut und Kochkäs«.
Der Sketch spielte um 1960. Familie, Verwandtschaft und Helfer - auch die »toughe« Oma (Anna Pfeffer) durfte da nicht fehlen. Viele Lacher und am Ende ein Riesenapplaus kamen vom Publikum.
Zum Thema »Geschichte« erzählten Karin Zinnel und Anna Pfeffer aus dem Jahr 1730, in dem das Oberforstamt in »Alsosse« entstand. Den Text hatte der 95-jährige Eichelsächser Erwin Hirtz zur Verfügung gestellt.
Die Mutter des Oberforstmeisters, die Frau von Kruse, sei am 30. Juli 1736 abends gegen 21 Uhr unter Fackelzugbegleitung in einer Gruft vor dem Altar der 1722 neu erbauten Alsesser Kirche beigesetzt worden.
Runde Geburtstage und praktischer Datenschutz
Ebenso im Jahr 1722/23 ließ Landgraf Ernst Ludwig VIII. das oberhalb des Ortes gelegene Jagdschloss »Zwiefalten« erbauen. Kirche und das ehemalige Jagdschloss sind demnach heute bereits 300 Jahre alt.
Für viel Spaß sorgte der Vortrag des Heinrich »Heine« Adolph, der vom »Steckmanns Friederich« zu erzählen wusste.
Mit »Linas 90. Geburtstag« zeigte die Eichelsächserin Sonja Regenbogen, dass es nahezu überall Menschen gibt, »die für jeden da sind, auch wenn sie selbst viel arbeiten müssen«.
Der regional bekannte Herbert Stoll aus Schotten verriet einige Erlebnisse des »Glaubzahler Kalls im Kurlaub«. Karin Bach, ein Wetterauer Original, Autorin und bekannt durch Funk und Fernsehen, berichtete spannend von zwei Nachbarinnen, die den »praktischen Datenschutz« betrieben, weil ja »Namen nicht genannt werden dürfen«.
Wahrhaft genial präsentierten »Die Rarrärer« alias Hans-Georg Lippert und Hans Georg Meisinger ihre Sketche über den »Vogelsberger«, »Geschehnisse im Kuhstall«, »Frau im Stausee«, »Frau auf dem Acker« oder »Begegnung ›bei Hirze‹« und strapazierten die Lachmuskeln der Zuschauer aufs Äußerste.
Zum Abschluss betraten alle Mitwirkenden der Mundartgruppe noch einmal die Bühne. Das begeisterte Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus.