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Option fürs vierte Gleis wahren

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Die Main-Weser-Bahnstrecke soll langfristig um zwei Gleise erweitert werden. ARCHIV © GECK

Könnte der geplante Neubau von Mehrfamilienhäusern in Linden ein viertes Gleis an der Main-Weser-Bahn unmöglich machen? Ja, befürchtet der Fahrgastbeirat für Landkreis und Stadt Gießen. Er plädiert für das Überarbeiten des Bebauungsplanes »Am Bahnhof« durch die Stadt Linden.

Tausende Pendler nutzen täglich die Bahn von Gießen Richtung Frankfurt und retour. Sie wissen von vollen Zügen zu berichten, von Verspätungen et cetera. Denn auf der zweigleisigen Strecke rollen Regionalbahnen, Güterzüge, ICs. Entlastung könnte der komplette viergleisige Ausbau zwischen Frankfurt und Gießen bringen. Ein drittes und ein viertes Gleis für die Main-Weser-Bahn stehen schon lange oben auf der Wunschliste, um die Strecke leistungsfähiger zu machen. Nur: Das lässt auf sich warten - und ein Bauvorhaben in Linden könnte dem nach Einschätzung von Fachleuten »diametral entgegenstehen«.

Thema war dies am Montag im Fahrgastbeirat für Landkreis und Stadt Gießen. Denn seit rund vier Jahren gibt es Vorplanungen für ein großes Wohnbauprojekt mit rund 120 Wohnungen in Großen-Linden zwischen der Sudetenstraße und der Bahnstrecke. Mittlerweile gibt es auch einen Bebauungsplan dafür - mit einem Ergebnis, das nach Einschätzung von Fahrgastverbänden einem vierten Gleis im wahrsten Sinne des Wortes dauerhaft im Wege stehen könnte. »Wir müssen den Raum freihalten für die Zukunft«, fordert Thomas Kraft, Regionalvorsitzender des Fahrgastverbandes »Pro Bahn«. Er appelliert, das Wohngebäude einige Meter weiter weg von den Bahngleisen und damit dichter an der Sudetenstraße zu bauen.

Dem schloss sich der Fahrgastbeirat nach eingehender Beratung einstimmig an. Er fordert die Stadt Linden auf, mit dem Investor Gespräche mit dem Ziel zu führen, die Bebauung in Richtung Sudetenstraße zu verschieben und den Bebauungsplan »Am Bahnhof« zu ändern. Um in der Zukunft auf der gewonnenen Fläche ein weiteres Bahngleis zu ermöglichen und dafür nicht die Chancen zu verbauen.

Jürgen Lerch vom Fahrgastverband »Pro Bahn und Bus« legte im Fahrgastbeirat am Montag seine Bedenken dar. Konkret: Der Abstand zwischen der Wohnbebauung in der heute geplanten Weise und den Gleisen würde nur etwas mehr als zehn Meter betragen. So würde das Lichtraumprofil von Zügen auf einem vierten Gleis bis aufs Wohngrundstück ragen. Auch Oberleitungsmasten müssten auf Privatgrund positioniert werden. Sicherheitsabstände seien nicht berücksichtigt, ebenso kein Raum für einen weiteren Bahnsteig. Nicht zuletzt sei der Bau einer Schallschutzwand in Großen-Linden nicht berücksichtigt.

»Illusorisch, dass so ein weiteres Gleis hinkommt - das kann nicht funktionieren«, so Lerchs Fazit.

Eine Bewertung, der der Planer des Wohnhauskomplexes in der Vergangenheit bereits mehrfach widersprochen hat. Man habe einen möglichen viergleisigen Ausbau sehr wohl berücksichtigt. Der Abstand der geplanten Mehrfamilienhäuser zu den Gleisen sei ausreichend. Der wird mit Werten von 12,40 Metern und mehr angegeben.

Der Lindener Bürgermeister Fabian Wedemann, vom Fahrgastbeirat hinzugebeten, erinnerte an die grundsätzliche Zustimmung der Lindener Stadtverordneten zu dem Wohnbauvorhaben - schließlich sei Innenverdichtung besser als der Bau auf der »grünen Wiese«. Die Deutsche Bahn habe zudem in einer Stellungnahme gegenüber der Stadt dazu im November 2021 erklärt, es gebe keinen neuen Stand hinsichtlich zusätzlicher Gleise Nummer drei und vier im Bereich Linden. Und selbst wenn: Die geplante Bebauung würde ein zusätzliches Gleis nicht tangieren oder erschweren. Zu dem Befund sei auch das von der Stadt hinzugezogene Planungsbüro gekommen, so Wedemann. Insofern geht der Bürgermeister davon aus, dass die Fläche trotz angrenzender Wohnbebauung für ein drittes Gleis reicht.

Der viergleisige Ausbau bis Gießen steht zwar im aktuellen Regionalplan - aber eben nicht vollumfänglich auf der »To-do«-Liste der Bahn.

DB-Netz wird, so weiß »Pro Bahn und Bus«-Vorstand Lerch, das vierte Gleis zwischen Frankfurt und Bad-Vilbel bis Ende dieses Jahres in Betrieb nehmen. Bis zum Jahr 2030 soll auch der Abschnitt Vilbel-Friedberg viergleisig werden. Doch die Anbindung von der Wetterau ins Gießener Land bleibe erst einmal zweigleisig. Da setzt die Bahn laut Lerch und Wedemann auf die sogenannte »Blockverdichtung« - das heißt mehr Verkehr auf den bestehenden Schienensträngen.

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