»Patientenversorgung ist gefährdet«

Wetteraukreis (red). »Die Versorgung der Patientinnen und Patienten ist gefährdet.« Das sagte Dr. Alexander Jakob, Vorsitzender im Bezirk Wetterau des Hausärzteverbandes Hessen, zu den beiden Vertretern der FDP, mit denen sich er und seine Vorstandskollegen Dr. Oliver Kunkel und Dr. Michael Linn kürzlich zum Austausch in Bad Nauheim trafen.
Dr. Jörg-Uwe Hahn und Dr. Lothar Weniger vom Kreisvorstand bekamen die Unzufriedenheit der Verbands mit der Gesundheitspolitik der Bundesregierung zu spüren. Zuletzt fand ein hessenweiter Protesttag der Hausärzte mit anderen Fachärzten statt.
»Jeden Tag müssen auch Praxen im Wetteraukreis die Aufnahme neuer Patienten ablehnen. Grund ist auch eine Missachtung und Geringschätzung medizinischer Leistungen im ambulanten Sektor«, sagte Jakob. Schon heute überlegten sich Praxisinhaber, vorzeitig ihre Tätigkeit einzustellen, Leistungen nicht mehr anzubieten oder gar den Beruf zu wechseln.
Fehlende Wertschätzung
Der Bezirksvorsitzende verwies zudem auf den auch im Gesundheitssektor grassierenden Fachkräftemangel. Dieser werde in den nächsten Jahren das Gesundheitssystem in nie da gewesener Härte treffen. In den Praxen fehlten immer mehr medizinische Fachangestellte, ergänzte Linn. Diesen stecke die Pandemie noch in den Knochen, hinzukomme auch heute oft schon eine Überbelastung. Viele medizinische Fachangestellte erwägten, auch aufgrund hoher Stressbelastung und fehlender Wertschätzung durch die Verantwortlichen in der Politik den Beruf zu verlassen. Die niedergelassenen Ärzte in Hessen fordern in einer gemeinsamen Resolution unter anderem eine Anhebung der Anzahl an Medizinstudienplätze, einen Fortschritt in der Digitalisierung, um die Praxen zu entlasten, eine Entbürokratisierung des Gesundheitswesens, die Einführung einer neuen ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) und insgesamt eine finanzielle Kompensation der gestiegenen Kosten.
Man höre den Protest, sagten Hahn und Weniger. Corona habe gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem sei. Eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung müsse für alle gesichert werden. »Zugleich müssen die Chancen des medizinischen und digitalen Fortschritts genutzt werden und auch eine Entbürokratisierungsoffensive gestartet werden«, sagte Hahn.
Das System der bundesweiten Etablierung sogenannter Gesundheitskioske lehnt die FDP ab. Diese gefährdeten den Facharztstandard der Medizin. Auch die Hausärzte wollen das nicht: »Hier sollen hausärztliche Tätigkeiten von nicht ärztlichem Personal ohne Delegation übernommen werden«, kritisiert Kunkel. Niedrigschwellige Beratungsangebote seien in besonders benachteiligten Kommunen oder Stadtteilen zwar sinnvoll, müssten aber dort von regionalen Ärzte-Netzwerken initiiert und von den Kommunen finanziell unterstützt werden.
»Der Zugang zur Versorgung der Patienten mit besonderem Unterstützungsbedarf sollte verbessert werden, damit alle Menschen die Möglichkeit haben, möglichst niedrigschwellig, schnell und kompetent in Gesundheitsfragen beraten zu werden«, findet Weniger.