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Polizistin und Polizist: Harter Job mit vielen Möglichkeiten

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Die Einstellungsberaterinnen Corina Weisbrod (l.) und Melanie Julius empfehlen jungen Menschen, die bei der Polizei anfangen möchten, dringend, sich deutlich vor den Aufnahmeprüfungen mit ihnen in Verbindung zu setzen. © pv

Wer Polizistin oder Polizist werden möchte, muss einiges können und aushalten. Wie hart sind die Tests, was wollen junge Menschen, was bietet der Job? Zwei Expertinnen geben Antworten.

Sind sie »Freund und Helfer« oder Menschen, denen kaum noch Respekt und Dankbarkeit entgegengebracht werden? Wo steht die Polizei in der Gesellschaft? Und wie gewinnt man den dringend nötigen Nachwuchs? Fragen, denen sich die Kriminalhauptkommissarinnen Corina Weisbrod und Melanie Julius stellen. Beide sind Einstellungsberaterinnen der Polizei, Weisbrod für die Wetterau, Julius für den Landkreis Gießen.

Gibt es bei der Polizei zu wenige Bewerber oder zu wenige, die geeignet sind?

CORINA WEISBROD: Wir haben, auch im Vergleich mit ähnlichen Berufszweigen, eine hohe Bewerberzahl. Viele der Personen bewerben sich jedoch mehrfach und haben mehr Auswahl als noch vor zehn oder 15 Jahren. Auch bereiten sich viele nicht vor auf unsere Tests.

MELANIE JULIUS: Wir wollen auf die Einstellungsberatung der Polizei aufmerksam machen. Dass sie vieles im Gepäck hat zur Vorbereitung auf das Eignungsauswahlverfahren, wie zum Beispiel den Sporttest, den wir einmal im Monat bei der Bereitschaftspolizei in Lich durchführen - und viele andere Sachen.

Es kommt also vor, dass Interessenten zu vorschnell sind?

JULIUS: Ja, ganz oft sagen die Leute: »Beim Sport mache ich mir keine Gedanken. Mir geht es eher um den PC-Test und den kommunikativen Teil.« Dann sagen wir immer: »Egal, wie sportlich ihr seid, nehmt das Angebot wahr, kommt zu uns nach Lich.« Dann kommen die Leute nach Lich, und ganz oft bekommen wir das Feedback: »Wir sind zwar mega sportlich, aber euer sportlicher Teil beinhaltet Disziplinen, die wir unterschätzt haben.«

WEISBROD: Wir erfreuen uns nach wie vor eines großen Interesses, weil unser Beruf sehr abwechslungsreich ist, es eine total sinnvolle Tätigkeit ist, sodass wir nach wie vor viele Bewerber haben. Die brauchen wir aber auch. Wir haben sehr anspruchsvolle Tests, die besteht nicht jeder.

Wie hoch ist die Durchfallquote?

WEISBROD: Wir hatten im letzten Jahr fast 7000 Bewerber, und wir haben knapp 900 Stellen besetzt. Wer den Test besteht, hat gute Karten, eingestellt zu werden.

JULIUS: Unser Job ist verantwortungsvoll. Der Test ist über die Jahre nicht einfacher geworden, das ist auch nicht in Planung.

An welchen Qualifikationen mangelt es?

WEISBROD: Unser PC-Test-Teil am Anfang des Verfahrens ist ein Tool, mit dem wir aus der Masse der Bewerber vorsortieren. Es ist ein allgemeiner Intelligenztest. Da wird geschaut, ob räumliches Vorstellungsvermögen, Konzentration, Rechtschreibung, Stressrestistenz an den Tag gelegt werden können. Auch ein Persönlichkeitstest ist eingebaut.

Da fallen viele schon raus?

WEISBROD: Ja.

Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die man mitbringen muss?

JULIUS: Teamfähigkeit ist immer wichtig. Wir arbeiten immer im Team, fahren immer zu zweit auf Streife. Mein Teampartner ist meine Lebensversicherung und umgekehrt. Empathie- und kommunikationsfähig sollte man sein. Sprache ist unser wichtigstes Einsatzmittel.

Kommen wir zum Image der Polizei. Hat es in den letzten Jahren gelitten?

WEISBROD: Von dem, was uns die Leute widerspiegeln, die den Weg zu uns suchen und finden, kann ich das eigentlich nicht sagen. Es gibt nach wie vor einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung, Das hat sich nicht zuletzt im vergangenen Jahr an dem großen Interesse am Tag der offenen Tür des Polizeipräsidiums Mittelhessen gezeigt - mit 25 000 Besuchern. Von den Bewerbern sagen viele, dass es ihr Traumberuf ist.

Man hat als Bürger vielleicht das Bild, dass man als Polizist unter besonderer Beobachtung steht und Stresssituationen hat, die andere Menschen nicht haben.

WEISBROD: Das ist zweifelsohne richtig. Wenn jemand mit unserem Verhalten unzufrieden ist und wir angezeigt werden, dann wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, und es wird geschaut, ob ein Fehlverhalten vorliegt. Das ist insbesondere durch Handy-Videos noch mal eine andere Situation. Zum Teil sieht man Szenen ohne Anfang, ohne Ende, bei denen der Hintergrund der Maßnahme nicht bekannt ist, man nur einen Teilausschnitt wahrnimmt und vielleicht zu einer Bewertung kommt, die nicht korrekt oder nicht umfassend ist. Aber das macht den Beruf ja anders als andere Jobs. Wir sind nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens unterwegs, wir gucken häufig in Abgründe, werden leider nicht immer mit offenen Armen begrüßt. Gerade deswegen ist es wichtig, dass wir an dem hohen Anspruch an unsere Bewerberinnen und Bewerber festhalten.

Wie wichtig ist es, dass die Polizei die Bandbreite der Gesellschaft abbildet, dass der eine oder andere Polizist selbst aus einem Brennpunkt-Stadtteil kommt? Und wie wichtig sind eine andere Muttersprache, eine andere Herkunft?

JULIUS: Das ermöglicht uns einen Zugang zu den Leuten. Man muss keinen deutschen Pass haben, um sich bei uns bewerben zu dürfen. Auch Nicht-EU-Bürger können sich bei uns bewerben, sie müssen fünf Jahre hier leben und eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis haben. Sie bringen ganz viel mit und ermöglichen uns den Zugang zu verschiedenen Kulturen ganz anders. Das ist super wertvoll für uns.

Wo könnte der Dienstherr die Attraktivität des Polizei-Berufs weiter steigern?

WEISBROD: Momentan befinden wir uns in Besprechungen im Hinblick auf den Generationenwandel. Die Millennials gehören derzeit zu unseren Bewerbern, die »Generation Z« ist unterwegs, die »Generation Alpha« steht vor der Tür. Es werden zum Teil grundlegend andere Interessen vertreten. Natürlich muss sich auch die Polizei Hessen darauf einstellen.

Ist die Work-Live-Balance ein entscheidender Punkt?

WEISBROD: Ja, den neuen Generationen ist es wichtig, dass sie flexibel arbeiten können und etwas Sinnvolles machen. Sie wollen immer wieder Neues lernen, sich immer wieder verändern. Da sind wir nicht schlecht aufgestellt, denn unter dem Dach der Polizei gibt es ganz vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten, bei denen man sich immer wieder verändern kann, ohne dass man den eigentlichen Beruf wechseln muss.

Voraussetzungen, Tests und »Cop Challenge«

Die hessische Polizei bietet drei duale Studiengänge für den gehobenen Dienst an: Schutzpolizei, Kriminalpolizei und Cyber-Kriminalistik. Man kann sich nicht direkt für einen Studiengang bewerben, sondern nach dem bestandenen Auswahlverfahren wird geschaut, für welchen Bereich sich die Bewerberin oder der Bewerber am eheste-n eignet. Das Auswahlverfahren findet in Wiesbaden statt. Der erste Tag beginnt mit einem zweieinhalbstündigen PC-Test. Wer ihn besteht, nimmt am Sporttest teil. Es folgt der kommunikative Teil mit Gruppenaufgabe und Einzelinterview. Wer Tag eins erfolgreich absolviert hat, wird tags darauf ärztlich auf Polizeidiensttauglichkeit untersucht.

In den vergangenen drei Jahren hat die hessische Polizei jeweils eine niedrige vierstellige Zahl an neuen Studierenden eingestellt. 2022 gab es 6857 Bewerber für 886 Stellen. Die Zahl der angebotenen Stellen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, die Bewerberzahl leicht gesunken.

Wer als Polizistin oder Polizist in Hessen starten möchte, darf maximal 36 Jahre alt sein, muss mindestens 1,55 Meter groß sein und darf nicht vorbestraft sein. Die Staatsbürgerschaft ist egal. Wichtig ist, dass man hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht. Informationen gibt es unter karriere.polizei.hessen.de. Jeweils im Februar und im September eines Jahres werden Nachwuchskräfte eingestellt Die Bewerbungsfrist richtet sich danach, ob es noch freie Plätze für das Auswahlverfahren gibt. Corina Weisbrod und Melanie Julius empfehlen, sich ein Jahr vor dem angestrebten Studienbeginn mit ihnen in Verbindung zu setzen. Interessenten sollten eine E-Mail an einstellungsberatung.ppmh@poli zei.hessen.de senden. Die beiden Einstellungsberaterinnen empfehlen zudem den Podcast »Kugelsicher«, der auf allen gängigen Streaming-Plattformen zu finden ist. Darin berichten Polizistinnen und Polizisten von ihrem Job.

17- bis 25-jährige Interessierte haben zudem bei der »Cop Challenge« am 12. Mai von 15 bis 19 Uhr bei der Bereitschaftspolizei in Lich die Möglichkeit, die Arbeit der Polizei kennenzulernen. Unter anderem werden Einsatzmittel präsentiert, und ein Hundeführer wird vor Ort sein. Wichtig: per E-Mail an einstellungsbera tung.ppmh@polizei.hessen.de anmelden.

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