Prozess um Raubüberfall in Büdingen: Mehrjährige Haftstrafen drohen

Während des vierten Verhandlungstages im Prozess um einen in Büdingen gemeinschaftlich begangenen schweren Raub in Tateinheit mit Körperverletzung trug auch die Vernehmung des letzten Zeugen nicht dazu bei, das Geschehen weiter zu erhellen.
Weil sie am 31. Oktober vergangenen Jahres einen Büdinger in dessen Wohnung überfallen, geschlagen und ausgeraubt haben sollen, müssen sich zwei Männer aus Aschaffenburg und Echzell vor dem Landgericht Gießen verantworten (diese Zeitung berichtete).
Die Befragungen des Opfers und auch des letzten Zeugen trugen nicht dazu bei, die Ereignisse der Tatnacht zu erhellen. Die Aussagen waren sehr vage, außerdem beriefen sich die Männer immer wieder darauf, Dinge nicht zu wissen oder vergessen zu haben. Es blieb offen, ob sie das aus Angst vor eigener Strafbarkeit oder aus falsch verstandener Freundschaft zu den Angeklagten taten.
Im Verfahren gegen die beiden Männer, die vorübergehend in Büdingen wohnten, spielt Rauschgift eine entscheidende Rolle. Um nach einer durchfeierten Nacht an weitere Drogen zu kommen, sollen der 40-jährige Syrer aus Aschaffenburg und der 28-jährige Kosovare aus Echzell laut Anklage einen Bekannten in dessen Wohnung in der Düdelsheimer Straße in Büdingen überfallen haben.
Auch zweiter Angeklagter gesteht
Bei ihm sollen sie einige Stunden zuvor bereits ein Gramm Kokain gekauft haben. Es soll dann zu einer Schlägerei gekommen sein, bei der der 40-Jährige dem Opfer mit einem Messer gedroht haben soll, während der 28-Jährige Wertgegenstände aus dessen Wohnung getragen haben soll, weil der Büdinger keine weiteren Drogen mehr herausrücken wollte.
Während der Aschaffenburger bereits zu Prozessbeginn die ihm von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegten Taten gestand, stritt der Echzeller zunächst jede Tatbeteiligung ab. Erst als der letzte Zeuge, bei dem die beiden Angeklagten in der Tatnacht gefeiert hatten und in dessen Wohnung das Diebesgut sichergestellt worden war, zur Vernehmung vor Gericht erschien, bat der 28-Jährige um das Wort und gestand dann ebenfalls. Mit der Messerattacke habe er allerdings nichts zu tun gehabt, erklärte er.
Nachdem die Angeklagten die Taten vollumfänglich eingeräumt hatten und die Rechtslage damit klar war, ging es im Gutachten des psychologischen Sachverständigen Dr. Jens Ulferts um die Schuldfähigkeit der Männer und ob sie das Unrecht ihrer Tat hätten einsehen können. Nach Ansicht des Sachverständigen lag zwar keiner der Gründe vor, die laut Gesetz eine Schuld ausschließen können, jedoch habe bei den Angeklagten eine sogenannte Mischtoxikation vorgelegen, weil sie in der Nacht Drogen, Alkohol und Medikamente genossen hätten. Deshalb wollte der Sachverständige eine verminderte Steuerungsfähigkeit nicht grundlegend ausschließen.
Dem schloss sich die Staatsanwaltschaft an. Sie forderte daher für den Aschaffenburger eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und für den Echzeller eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.
Der Verteidiger des 40-Jährigen sah bei seinem Mandanten wegen dessen langjähriger Drogensucht einen minderschweren Fall. Außerdem habe er vor Gericht sofort gestanden, sich während der Verhandlung bei dem Opfer entschuldigt und sich darüber hinaus in jeder Hinsicht einsichtig gezeigt. Deshalb forderte der Verteidiger eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.
Verteidigerin: Kein Wiederholungstäter
In dieser Zeit solle sich der Aschaffenburger einer zweijährigen Entziehungskur unterziehen, anschließend solle er unter strenge Aufsicht gestellt werden. Der Angeklagte hatte nämlich eingeräumt, dass er bereits seit 27 Jahren drogenabhängig sei und immer wieder rückfällig werde.
Der Sachverständige hatte eine erneute Entziehungskur während der Haft zunächst abgelehnt. »Ihre letzte Entziehungskur liegt gerade einmal zwei Jahre zurück und Sie sind trotzdem wieder rückfällig geworden«, warf Ulferts dem Mann vor. Allerdings räumte er dann im weiteren Verlauf der Verhandlung ein, dass eine zweijährige Entziehungskur mit sehr strengen Auflagen möglicherweise doch Erfolg haben könnte. Für den Mitangeklagten sah er dagegen klare Erfolgsaussichten bei einer Entziehungskur, zumal dessen familiäres Umfeld noch intakt zu sein scheine.
Auch die Verteidigerin des Echzellers sprach sich für eine Drogentherapie aus. Sie sagte, diese könne auch in Freiheit stattfinden, daher plädierte sie für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. »Schließlich ist er kein Wiederholungstäter, hat mit der Messerattacke nichts zu tun und hat bisher auch keine schweren Straftaten begangen«, sagte die Verteidigerin.
Das Urteil soll am kommenden Dienstag, 6. Juni, gesprochen werden. VON JÜRGEN W. NIEHOFF