Musik für Frieden und Verständigung

Reichelsheim (kai). »Das ist heute ein Tag, der nicht zur Freude beiträgt«, sagte Manfred Winter vom Reichelsheimer Kirchenvorstand am Abend des Volkstrauertages. »Lasst uns mit Musik, wie wir es gerade erlebt haben, Brücken bauen und in eine friedvolle Zeit gehen.« Winter dankte damit auch dem Ensemble um Organist Ralf Schäfer, das musikalisch, gefühlvoll, nachdenklich und hoffnungsvoll eine musikalische Vesper für den Frieden gestaltet hatte.
Über die Liedauswahl wurden die mehr als 50 Gäste in der Kirche zum Nachdenken über vergangene und jetzige Kriege angeregt. Den Auftakt zur Vesper gestaltete Schäfer an der Orgel mit Birgit Pemsel an der Klarinette klezmerartig. Nur wenige Takte waren nötig, um in den Bann dieser Musik gezogen zu werden - melancholisch und zugleich hoffnungsvoll. Beide Musiker hatten sich für das jüdische Sündenbekenntnis aus der Synagogalmusik im Deutschland des 19. Jahrhunderts entschieden sowie die Titelmelodie aus dem Film Schindlers Liste. »Wer nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt«, erklang Schäfers Stimme.
Gedichte und jüdische Melodien
Friedlich, harmonisch setzen danach fünf Frauenstimmen an, die »Dona, dona« anstimmten. Anna Beyster, Claudia Paul, Jana und Sabine Schubert sowie Natalie Stoll übernahmen gemeinsam mit Schäfer an der Orgel den Hauptpart der Vesper. Sie präsentierten christlich geprägte Lieder für den Frieden aus dem Repertoire des evangelischen Gesangbuchs wie »Heilig, heilig« oder das von Dietrich Bonhoeffer kurz vor Weihnachten 1944 aus dem KZ geschriebenen Gedicht »Von guten Mächten wunderbar geborgen«.
Einen Part der Vesper bildeten jüdische Melodien wie »Hevenu schalom alejem«, »Hawa nagila hawa« oder »sabbath prayer«. Olga Stroba steuerte das polnische Lied »Milosc ci wszytko wybaczy« bei, das im Deutschen so viel bedeutet wie »Liebe vergibt alles«. Schäfer gestaltete die Übergänge zwischen den Beiträgen mit Gedichten. Dies wirkte besonders ergreifend, zumal der Blick der Gäste so auf die Paramente am Altar gelenkt wurden, wo sie sich beim künstlerisch gewebten Bild der Friedenstaube sammelten. Bekannte Friedensmelodien gehörten ebenso zum Programm, ergreifend gestalteten Claudia Paul und Sabine Schubert, untermalt mit Orgeltönen, »Sag mir, wo die Blumen sind«. Mit dem tröstenden »Sei behütet auf deinen Wegen« vom Kirchenliedermacher Clemens Bittlinger wurden die Gäste aus der Reichelsheimer Kirche verabschiedet.
Sie applaudierten langanhaltend und blieben länger auf ihren Plätzen, um den Nachhall des Statements für den Frieden zu genießen. »Wir haben den Abend als musikalisches Kunstwerk aufbauend aufeinander gestaltet, da passt am Volkstrauertrag keine Zugabe«, sagte Schäfer, der nach der Vesper viel Lob bekam.
Die nächste musikalische Vesper gestalten Ralf Schäfer und Freunde am Samstag, 17. Dezember, um 17 Uhr in der Reichelsheimer Kirche. Dann präsentieren sie adventliche und weihnachtliche Stücke. Andreas Schmidt (Trompete) und Beate Fleischer (Querflöte) ergänzen Gesang und Orgel.