Nach Überfall in Blofeld: Viele Indizien, aber keine Beweise
Der vorletzte Prozesstag zum schweren Raub in Blofeld vor 20 Jahren ist von Zeugen-Aussagen geprägt. Die Strafverteidigung sieht insgesamt noch keine belastenden Indizien in der Beweisaufnahme.
»Die Beweisaufnahme ist zwar noch nicht abgeschlossen, allerdings haben sich die bisher vorgebrachten Indizien als nicht belastend herausgestellt«, sagt Alexander Hauer, der Strafverteidiger des Angeklagten. Für ihn bleibe auch am sechsten Prozesstag unklar, ob sich sein Mandant, der sich derzeit vor dem Gießener Landgericht verantworten muss, vor rund 20 Jahren an einem schweren Raub in Reichelsheim-Blofeld beteiligt hat.
Am wohl vorletzten Prozesstag konnten sich zwei der drei Zeugen nur wenig an die Ereignisse vor 20 Jahren erinnern. Der 59-jährige Angeklagte bestreitet die Tat und gibt an, zur Tatzeit - in der Nacht zum 20. Mai 2003 - in Afrika gewesen zu sein. Bei den 2021 wieder aufgenommenen Ermittlungen zum Cold Case seien, laut Staatsanwaltschaft Gießen, diese Aussagen, wegen fehlender Reisedokumentation, nicht widerlegbar.
Zeugen können sich kaum erinnern
Was wird dem Angeklagten vorgeworfen? Laut Staatsanwaltschaft, vertreten durch Dr. Julia Vorländer, seien in der Tatnacht drei bewaffnete Männer, darunter der Angeklagte, mit Tarnjacken und Sturmhauben in ein Einfamilienhaus in Blofeld eingebrochen. Als der einzige Hausbewohner in der Nacht heimgekommen sei, hätten die drei Männer bereits in seinem Badezimmer auf ihn gewartet. Ihm sei eine Pistole mit Schalldämpfer an den Kopf gehalten worden. Anschließend hätten die Einbrecher ihn mit Fäusten und Schlagstöcken überwältigt und dann gefesselt. Weil ihm weitere Gewalt angedroht worden sei, habe der Mann den Räubern die Lage seiner Safes und die PIN von seiner Bankkarte und Mobiltelefon verraten. Sie hätten bei dem Raub circa 16 000 Euro Bargeld und Gegenstände erbeutet, darunter Gold-Schmuck und Imitate von Luxusuhren. Den Hausbewohner hätten sie anschließend gefesselt auf seinem Bett zurückgelassen.
Wenige Stunden später hätten die Einbrecher mit einer Maske mit dem Gesicht des Politikers Theo Weigel weitere 3000 Euro in einer Bankfiliale mit der EC-Karte des Opfers erbeutet. Eine ähnliche Maske sei auch in einer Unterkunft des Angeklagten gefunden worden. Ob es die selbe Maske war, bleibt bisher ungeklärt. Mit dem gestohlenen Handy des Opfers hätten die Täter zudem noch eine Frau in der Tatnacht kontaktiert. Sie habe den Mann noch am frühen Morgen in seinem Haus befreien können.
Bizzl-Flasche immer wieder Thema
Seit März 2022 sitzt der Angeklagte nun in Untersuchungshaft in der JVA Gießen. In der Verhandlung wurde immer wieder eine am Tatort gefundene Getränkeflasche der Marke »Bizzl« und Sorte »Waldfruchtschorle« genannt. An ihr seien laut Staatsanwaltschaft DNA-Spuren des Angeklagten sowie zwei weiterer Personen gefunden worden. Bei der Vernehmung des Angeklagten habe er ausgesagt, dass diese Flasche aus einer Gemeinschaftsunterkunft stammen könnte. Dort seien auch Mitglieder der Gruppierung »Soldaten« untergekommen. Die seien laut Staatsanwaltschaft bereits bei Verbrechen mit einem Modus Operandi wie in Blofeld in Erscheinung getreten.
Bei seiner Vernehmung, von der Tonaufnahmen bei dem vergangenen Verhandlungstag abgespielt wurden, gab der Angeklagte an, Mitglieder der Gruppierung zu kennen. Verurteilt wurde der Angeklagte selbst bereits wegen unerlaubtem Handel und Besitz von Waffen sowie Dokumentenfälschung. Außerdem wegen unerlaubter Einreise und Aufenthalt in Deutschland. Am kommenden Dienstag wird die Beweisaufnahme geschlossen und der Angeklagte erhält das letzte Wort.