Wo Sport ist, ist auch Scheibner

Sport und Kinder - das macht Jutta Scheibner aus. Die 66-jährige Reichelsheimerin gibt die Leitung der Kita »Steinbeißer« in neue Hände. Wie haben sich die Kinder über die Jahrzehnte verändert?
Bewegung hilft bei allem. Das ist Jutta Scheibners Devise. Seit vielen Jahren leitet sie zwei Frauengymnastikgruppen und verantwortet gemeinsam mit ihrer Tochter die Ballschule des Vereins »Kickers Horlofftal«.
Neben ihrer großen Begeisterung für Sport und Bewegung ist Scheibner seit fast 30 Jahren Leiterin der die Kita »Steinbeißer« in Reichelsheim. Ende diesen Jahres geht die 66-Jährige in den Ruhestand. Sie könne nun ruhigen Gewissens aufhören. »Es ist ein komisches Gefühl, nach all den Jahren die Leitung abzugeben. Mein Herz hängt an der Kita. Aber ein frischer Wind ist auch mal gut.«
Scheibner habe schon immer gewusst, dass sie mit Kindern pädagogisch arbeiten möchte. Sie begann als Übungsleiterin für Breitensport, weiter ging es bei der Volkshochschule mit Mutter-Kind-Kursen. Über einen Kontakt dort kam sie in die Kita »Steinbeißer« und leitete dort die »Bewegtstunden«. Dann machte sie noch eine Ausbildung als Sozialfachwirtin. Seit 2005 leitet die Reichelsheimerin die Kita.
Team ist wie ihre zweite Familie
Dort habe sie sich von Anfang an wohlgefühlt. »Wir sind ein Team und verstehen uns blind.« In den 30 Jahren habe es einige Personalwechsel gegeben, aber der Kern sei immer geblieben. Sie verbringt den Großteil ihres Tages dort. »Das Team ist wie meine zweite Familie.«
Was ihr am meisten Spaß an dem Beruf macht, ist, dass er sehr lebendig ist. »Jeder Tag ist anders.« Außerdem halte er jung, wie sie sagt. Zwar sei es jedes Jahr wieder aufs Neue schwer, die Vorschulkinder im Sommer zu verabschieden - aber durch die räumliche Nähe zur Grundschule im Ried kämen die Kinder häufig vorbei und hielten den Kontakt aufrecht.
Als Leiterin der Kita habe sie immer so arbeiten können, wie sie das für richtig gehalten habe. Das liege hauptsächlich an dem großen Vertrauen von Horst Wenisch. Er ist Büroleiter der Stadt Reichelsheim und zuständig für alle Kindergarten-Angelegenheiten.
Fachkräftemangel und geflüchtete Kinder
Nichtsdestotrotz gibt es auch Herausforderungen, mit denen sie und die Erzieherinnen und Erzieher derzeit besonders zu kämpfen haben. Scheibner spricht vom Fachkräftemangel, von Geflüchteten. Traumatisierte ukrainische Kinder, die kein Wort Deutsch könnten und sich bei vorbeifliegenden Flugzeugen unter dem Tisch versteckten. »Die Kitas bekommen keine Hilfe, und das ist unglaublich schwer für uns.«
Durch ihre jahrzehntelange Erfahrung in der Kita »Steinbeißer« fallen ihr auch einige Dinge auf, die sich bei Eltern und Kindern verändert haben. Es sei immer schwieriger für Eltern, Karriere und Privates zu vereinen. »Eine gute Betreuung ist dafür Voraussetzung.« Denn Großeltern oder andere Verwandte wohnten meist nicht mehr nebenan, so wie früher.
Ein weiterer Punkt, der Scheibner im Vergleich zu früher auffällt, ist das Verhalten der Eltern. »Die Kinder sind extrem gut behütet und dürfen oft eigene Entscheidungen treffen.« Das sei im Kern gut, sagt Scheibner. »Aber wenn die Eltern es dann unterstützen, dass die Kinder selbst entscheiden, eine Sportübung nicht ausprobieren zu wollen oder trotz Krankheit in die Kita kommen, ist eine Grenze erreicht.«
Scheibner leitet Ballschul-Gruppen mit ihrer Tochter
In ihrer Freizeit leitet Scheibner mit ihrer Tochter zwei Ballschul-Gruppen des Vereins »Kickers Horlofftal«. Dort werden Kinder zwischen zwei und vier Jahren an Bälle gewöhnt und lernen Geschicklichkeit, Koordination und mehr. »Ohne Sport würde mir etwas fehlen«, sagt die 66-Jährige. Das gilt übrigens für die gesamte Familie - ihren Mann, ihre drei Söhne, ihre Tochter und die Enkelkinder: »Wir sind eine sportaffine Familie.« Mit ihren zwei Frauengymnastikgruppen, die Scheibner leitet, probiert sie sich durch alle möglichen Sportarten durch: Hockey, Basketball, Tabata und mehr.
Für sie sind Bewegung und Soziales eng miteinander verbunden. »Mit Team-Mitgliedern kooperieren, den Ball auch mal abgeben können, mutig sein und sich überwinden, etwas Neues ausprobieren«, zählt die 66-Jährige auf.
Für sie ist klar, dass sie ihre Sportgruppen auch nach dem Eintritt in den Ruhestand weiterhin leiten wird. Aber auch andere ehrenamtliche Tätigkeiten reizen sie. »Ich weiß noch nicht genau, was ich mache, aber irgendetwas im sozialen Bereich. Ich werde definitiv nicht nur zu Hause herumsitzen.«
INFO: Teil 19 der Serie (Mit-)Menschen
Jeden Tag begegnen wir Menschen, die uns zwar vertraut sind, die wir aber gar nicht kennen. Ihre Geschichten, Berufe oder Hobbys bleiben uns verborgen. Wir haben uns vorgenommen, das zu ändern. In unserer Serie »(Mit-)Menschen« wollen wir einige dieser Wetterauer vorstellen.