Reisepass mit Daumenkino: Bernd Gieseking begeistert für Finnland

Er könne nur Worte, keine Sätze, sagt Bernd Gieseking über sich selbst. Und meint: in finnischer Sprache. Aber dass er das Land im Norden Europas liebt, wird bei seinem Auftritt bei »büdingen belesen« überdeutlich.
Was wissen wir über Finnland? Was fällt uns spontan zu dem Land im hohen Norden Europas ein? Na klar: Sauna, Elche und Alkohol. Dass Finnland so viel mehr ist als das, und die Finnen wahre Glücksweltmeister sind, hat der Kabarettist und Autor Bernd Gieseking am Sonntagabend in Büdingen bewiesen.
Er stellte in der Reihe »büdingen belesen« sein aktuelles Buch »Finne dein Glück« vor, und schwärmte darüber hinaus von seiner großen Liebe: Finnland.
Bernd Gieseking begeisterte die etwa 80 Gäste im kleinen Saal der Willi-Zinnkann-Halle so sehr, dass schlussendlich mehrere Stimmen laut wurden, die eine Finnlandreise für diesen Sommer sehr ernsthaft in Betracht zogen.
Wenn man den Mann mit dem kahlen Schädel, dem weißen Bart und den blitzeblauen Augen im Internet googelt, steht da: Bernd Gieseking ist ein deutscher Kabarettist und Autor. Das aber ist zu wenig, beschreibt ihn nicht im Mindesten. Er kann und macht so viel mehr.
Klar, Bücher schreiben, auf Kabarett-Tournee gehen, das klassische »Tingeln« - das ist ein Großteil seiner Arbeit, erzählt der 64-jährige im Gespräch kurz vor seinem Auftritt am Abend. Gelernt hat er einst Zimmermann, hatte immer eine große Affinität zur Kunst und studierte diese auf Lehramt, dazu evangelische Theologie in Kassel.
Schreiben als Lebenstraum
Musik hat er gemacht, gesungen, Lustigkeiten für Kinder geschaffen, hat sich aber auch ernsten Themen gewidmet. So hat er vor Jahren ein Theaterstück geschrieben »Frauen in Gefangenschaft«.
Er ist bekannt für seine satirischen Jahresrückblicke und hat sogar ein Kinderkonzert mitsamt philharmonischem Orchester aufgeführt. »Ich habe viel gemacht, das mich erfüllt hat. Das Schreiben war dabei immer mein Lebenstraum. Und den lebe ich ja auch«, freut sich Gieseking.
Bernd Gieseking beginnt sein Programm mit einem munteren Sprung auf die Bühne und schmettert ein fröhliches »Terve« mit kräftig rollendem »rrr«. Das ist natürlich finnisch und heißt Hallo, guten Tag. Auf seinem T-Shirt steht das Wort »Suomen Moottoripyörämuseo«. Das heißt, wie man nur erahnen kann, »Finnisches Motorradmuseum«.
Er fragt nach Finnen im Büdinger Publikum, und tatsächlich: zwei Finninnen sind da. Er entschuldigt sich bei ihnen und allen anderen schon mal vorab, dass er keineswegs die finnische Sprache beherrsche. »Mansikka, Mustikka, Nippuside - Erdbeere, Blaubeere, Kabelbinder«: Ganz offensichtlich wichtige Worte in Giesekings Welt.
»Ich kann nur Worte, keine Sätze« lacht Gieseking. »Die Finnen haben in ihrer unfassbar schwierigen Sprache fünfzehn Fälle! Fünfzehn! Sie benutzen sie aber nicht alle, sie haben sie für alle Fälle.«
Wenn Gieseking loslegt, hält es ihn nicht lange auf dem Stuhl hinter dem Lesungstisch. Gieseking kokettiert gerne mit dem Eigensinn der wortkargen Ostwestfalen, er ist gebürtig aus Minden an der Weser. Er selbst ist dann aber für die scheinbar so sturen ostwestfälischen Verhältnisse ein wahrer Wirbelwind.
Plaudereien mit dem Publikum
Er spricht über Finnland - das übrigens zum vierten Mal in Folge zum glücklichsten Land der Welt gekürt wurde - mit so viel Empathie, Wärme und Hingabe, dass es ein wahre Wonne ist, ihm zuzuhören.
Das finden auch die beiden Schwestern Regina und Gisela aus Altenstadt. »Ich habe mir eines seiner Bücher gekauft, deren Rezension und Empfehlung ich im Kreis-Anzeiger gelesen hatte«, erzählt Regina. »Früher habe ich nur mein Motorrad gepflegt« heißt es, und es ist ein rührendes Buch von Gieseking über das Älterwerden der Eltern. Meine Schwester und ich haben uns darin wiedergefunden. Seitdem sind wir Fans von Bernd und freuen uns, dass er heute Abend ein Stück finnische Lebensfreude mitgebracht hat.«
Bernd Gieseking liest aus seinen Finnland-Büchern, klebt aber nicht an den geschriebenen Zeilen. Er springt immer wieder auf, plaudert mit dem begeisterten Publikum und ist einfach ein rundum genialer Geschichtenerzähler.
So liefert er gegen Ende der Lesung noch ein paar Funfacts über Finnen: Sie lieben zum Beispiel Donald Duck und hassen Mickey Maus. Begründung? Donald ist der liebenswerte Loser, Mickey der eitle Besserwisser.
Auch witzig: Im finnischen Reisepass ist hinten auf jeder Seite ein Elch, der einen Schritt macht, sodass man nicht nur einen Reisepass, sondern auch gleichzeitig ein Daumenkino hat.
Wer nach Bernd Giesekings Auftritt nicht wenigstens ein bisschen glücklicher ist als vorher, ist selber schuld. Büdingen belesen sagt danke auf finnisch: Kiitos.