Das Alte Rathaus ist noch baufälliger als gedacht

Im aktuellen Schadensgutachten für das Alte Rathaus am Ober-Rosbacher Marktplatz sieht man viele rot markierte Balken. Im Prinzip ist das gesamte Erdgeschoss nicht mehr zu retten. Die Politik muss zeitnah entscheiden, was sie mit dem denkmalgeschützten Gebäude tut.
Selbst der beauftragte Sachverständige war davon überrascht«, heißt es in einer Mitteilung des Magistrats. Das Alte Rathaus am Marktplatz in Ober-Rosbach ist baufälliger als gedacht. Fast jeder Balken im Erdgeschoss ist marode und zeigt »Befallszeichen von unterschiedlichen tierischen und pflanzlichen holzzerstörenden Schadensorganismen«; wie es im Gutachten heißt. Doch wie schlimm es wirklich ist, wird sich erst nach Freilegung der betroffenen Balken herausstellen. Daher sind aus Sicht des Baumanagements der Stadt nochmal bis zu 30 Prozent auf die jetzt berechneten Kosten draufzuschlagen. Und die liegen bereits bei knapp 3,7 Millionen Euro (inklusive einer Sanierung des Sommerhauses).
Die Zeit drängt: Die Entscheidung über eine Sanierung (oder einen Abriss) darf angesichts des Zustands - seit geraumer Zeit ist das Gebäude gesperrt, tragende Wände sind mit Balken abgestützt - eigentlich nicht weiter aufgeschoben werden. »Wenn nicht bald etwas passiert, braucht man den Abriss nicht mehr bezahlen, das hat das Gebäude dann schon selbst erledigt«, sagt Christian Lamping, Vorsitzender des Fördervereins für das Alte Rathaus. Ihn ärgert, dass sich die Abstimmungen mit dem Landesdenkmalamt und der Denkmalpflege des Wetteraukreis derart zäh gestalten. »Auf der einen Seite fordert man den Erhalt möglichst vieler Deckenbalken, benötigt aber selbst Ewigkeiten für die Erstellung des Gutachtens und für ein Gespräch mit dem Rosbacher Bürgermeister - das passt irgendwie nicht zusammen«, sagt Lamping.
Die jüngst von der FDP ins Spiel gebrachte Variante, dass ein privater Investor die Sanierung übernimmt, Steuervorteile im Zusammenhang mit dem Denkmalschutz erhält und das fertige Gebäude dann an die Stadt vermietet, sei denkbar. »Nur wer soll dieser Investor sein?« Lamping erinnert daran, dass man jahrelang erfolglos versucht hat, das Gebäude zu verkaufen. Hier könne er sich lediglich einen Idealisten vorstellen.
Für einen Abriss und einen historisch anmutenden Neubau kann sich Lamping nur schwer begeistern. Er hofft eher darauf, dass die Denkmalschutzbehörden ihre Ansprüche bei den womöglich sehr teuren Sanierungsauflagen zurückschrauben - und auf Fördergelder des Landes Hessen. Schließlich sei das Gebäude in die Liste der Kulturdenkmäler aufgenommen worden.
Bürgermeister Maar zeigt sich pragmatisch. Wenn es mit der Sanierung nicht klappen sollte, könnte er sich auch einen Neubau mit historischen Elementen vorstellen, der dann modern und barrierefrei ausgestattet sei. Maar erinnert an das Beispiel der neuen Frankfurter Altstadt, in der originalgetreue Rekonstruktionen für Charme sorgten.
Die Causa Altes Rathaus habe neben Sporthalle Eisenkrain und Kita Rodheim Priorität, auch wenn die Flüchtlingsunterbringung derzeit alles überstrahle. In Kürze soll es einen erneuten Termin mit dem Denkmalschutz geben. Danach wird man mehr wissen.
Über 500 Jahre Geschichte
Das Alte Rathaus wurde im Laufe der vergangenen 500 Jahre vielfältig genutzt: Es war Gemeindewirtschaft, Wachlokal für den Nachtwächter, Speisesaal für Gefangene oder Schöffengericht. Schon immer war das Alte Rathaus ein beliebter Ort für Versammlungen der Rosbacher Vereine. Historische Bauforschungen haben ergeben, dass der Gebäudekern des Alten Rathauses aus der Zeit um 1502 stammt. Am Gebäude ist ein Wappenschild von 1663 angebracht, über dem sich ein geschmiedetes Gerichtszeichen mit Rad und Schwert befindet. Eine Erneuerung des Gebäudes wurde zwischen 1770 und 1777 angegeben. Seit einer Renovierung im Jahr 1934 ist das Fachwerk unverputzt. Bis 1939 befand sich im Alten Rathaus die Bürgermeisterei von Ober-Rosbach. Danach dienten die Räume verschiedenen Zwecken, bis man sie zu Wohnungen umbaute. Nach dem Krieg, bis 1971, wurde es als Gaststätte genutzt. Das Haus stand danach einige Zeit leer, bis die Sparkasse 1978 im Erdgeschoss eine Filiale einrichtete. Im Obergeschoss waren bis vor einigen Jahren noch Teile der Stadtverwaltung untergebracht.