1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis
  4. Rosbach

Doktor und Apotheker

Kommentare

hed_lh_lempp_070423_1_4c
»Wir leben hier in einem gottgesegneten Gürtel der Welt«, sagt Klaus Lempp. Er möchte die Bevölkerung für die Belange der Landwirte sensibilisieren. © Lothar Halaczinsky

Rosbach-Rodheim (sky). Regelmäßig lässt sich das Bauernehepaar Klaus und Birgit Lempp aus Rodheim über die Schulter schauen, damit Lebensmittelkonsumenten wissen, wo ihre Nahrung herkommt und Verständnis für die Arbeit der Bauern aufbringen. Kürzlich hatten sie wieder zu einer Radtour durch ihre Felder eingeladen, doch bei dem nasskalten Wetter waren nur wenige gekommen, um etwas über die Aussaat und Pflege des Getreides zu erfahren.

So beließ man es bei einem Diskurs in der Wagenhalle, in dessen Verlauf Bauer Lempp anhand von mitgebrachten Pflanzen Wissenswertes über sein Unternehmen und die momentane Entwicklungsphase verschiedener Getreidesorten zum Besten gab. An den großen Sämaschinen erklärte er, wie die Bauern ihr Saatgut in die Erde bringen.

Als landwirtschaftliches Lohnunternehmen ist der Lempp’sche Hof schon seit 150 Jahren in Rodheim und Umgebung bekannt. In den 50er Jahren kam durch Einheirat ein rund 100 Hektar großer eigener landwirtschaftschaftlicher Betrieb mit Ackerbau hinzu, der bis heute bewirtschaftet wird. Mit Aktionen wie »Bauernhof als Klassenzimmer« und ähnlichen Projekten wie »Schau mal, was wir Bauern machen« oder »Schau mal, was da wächst« werben die Lempps stetig für ein gutes Miteinander von Bauern und der übrigen Bevölkerung und leisten Aufklärungsarbeit.

Viele Bauern am Existenzlimit

Nach zwei Dürresommern und einem überdurchschnittlich nassen März war es ihnen ein Anliegen, das Wissen über die Arbeit der Bauern unter diesen veränderten klimatischen Bedingungen zu vertiefen. »Wir leben hier in einem gottgesegneten Gürtel der Welt«, meinte Klaus Lempp. Dennoch seien viele Bauern am existenziellen Limit angekommen. Statt auf den Feldern zu arbeiten, müssten sie sich mit Paragrafen herumschlagen. »Manchmal verbringen wir mehr Zeit am Schreibtisch und am Computer als auf unseren Feldern«, bemängelte er. Grund seien die vielen, »teils nicht nachvollziehbaren« Richtlinien und Einschränkungen, die zu häufig auf Unwissenheit von Politikern beruhen, meinte der Landwirt. Als Beispiel nannte er die Meldung, dass man an Feldrändern Bienen als Bestäuber von Weizen ansiedeln solle. »Ich bin grundsätzlich für den Schutz von Bienen, aber Weizen ist ein Selbstbefruchter, da braucht man keine Bienen.« Besser gäbe man ihnen Siedlungsraum in Obstplantagen. Auch beim Einsatz von Dünge- oder Spritzmitteln war er nicht immer einer Meinung mit den Gesetzgebern. Die Vorschriften zur Regulierung des Eiweißgehalts im Getreide hätten vielerorts zum Beispiel dazu geführt, dass statt wertvollem Brotgetreide nur noch minderwertigeres, eiweißärmeres Futtergetreide geerntet würde - mit entsprechenden Einkommenseinbußen für die Bauern. Hier wünsche er sich mehr Vertrauen in die Sachkenntnis der Landwirte und ein Mitspracherecht. »Wir fahren nicht einfach so drauflos und spritzen irgendein Mittel«, meinte Lempp.

Kritik an versiegelten Böden

Auch bei der Schädlingsbekämpfung schauten die Landwirte genau hin, was zu tun sei. Er zeigte eine »Gelbschale«, die an Feldrändern aufgestellt wird und die Insekten anlockt. Regelmäßig würden die darin gefangenen Insekten gezählt und bestimmt. Entwickle sich eine Art in Überzahl und werde damit zum Schädling, unternehme man etwas. »Wir sind Doktor und zugleich der Apotheker für die uns anvertrauten Pflanzen«, resümierte er.

Kritik übte Lempp an dem aus seiner Sicht oft leichtfertigen Umgang mit wertvollen Ackerböden. »Da werden fruchtbare Böden unnötigerweise versiegelt und an anderer Stelle wird mit viel Aufwand die Wiederherstellung betrieben.« Nötig sei ein verantwortungsvoller Umgang mit Gottes Schöpfung.

Auch interessant

Kommentare