»Ich habe meine Lektion gelernt«
Rosbach (bac). Schuldspruch für einen 37-jährigen Rosbacher: Er ist am Mittwoch wegen des Besitzes und des Handels von Drogen in größerer Menge zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Allerdings legte die zweite große Strafkammer des Landgerichts Gießen bei der Strafzumessung einen minderschweren Fall zugrunde und setzte die Strafe unter Auflagen zur Bewährung aus.
Ihm wird ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt und er muss sich einer Therapie unterziehen.
Am 23. Mai änderte sich das Leben des Angeklagten schlagartig. Als er und seine Lebensgefährtin von einem Tierarztbesuch nach Hause kamen, wurden sie von Polizeibeamten samt Durchsuchungsbeschluss empfangen. Und die Beamten wurden auch fündig: In einem Hängeschrank in der Küche entdeckten sie rund ein Kilo Marihuana, zwei Schreckschusswaffen samt Munition, zwei Reizgasflaschen, diverse Utensilien zum Verpacken der Drogen sowie eine vierstellige Summe an Bargeld.
Seitdem saß der Rosbacher in Untersuchungshaft. Wegen dieser schweren Vergehen musste sich der 37-Jährige wegen des Besitzes und dem bewaffneten Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor dem Landgericht Gießen verantworten.
Am Ende der beiden Prozesstage stellte sich heraus, dass davon zwar vieles - aber nicht alles - zutraf.
Das Gericht glaubte der Darstellung des Angeklagten. Er berichtete ausführlich, dass er seit seinem sechzehnten Lebensjahr immer wieder einen Joint rauchen würde. Nach seiner Schulausbildung absolvierte er eine Lehre.
Sein Arbeitgeber beschrieb ihn als einen zuverlässigen und beliebten Arbeitnehmer und bescheinigte, dass er ihn nach seiner Haft sofort wieder beschäftigen würde. Er sei ein Mensch, der schlecht »Nein« sagen könne, beschrieb ihn der psychologische Gutachter. So lud sich der Angeklagte immer mehr auf. Er pflegte beide Großeltern, neben seinem Beruf renovierte er sein Haus.
Um Stress abzubauen und »runter zu kommen« rauchte er abends immer wieder einen Joint. Er geriet in Abhängigkeit, konnte das aber immer durch seine Arbeit finanzieren, wurde bisher nie straffällig.
50 Gramm für 425 Euro
Nach dem Tod seines Vaters 2017 erhöhte sich sein Konsum stetig. Laut seinen Angaben kam er dann im Mai 2022 auf die Idee, etwas mehr Cannabis zu kaufen, da es in der größeren Menge billiger gewesen sei. Dieses Schnäppchen erwies sich als tückisch. Er wollte die Hälfte selbst konsumieren, die andere Hälfte verkaufen. Doch soweit kam es nicht. Vorher stand die Polizei in seinem Haus. Er hatte lediglich 50 Gramm zu einem Preis von 425 Euro verkauft.
Auf die Spur des Mannes waren die Beamten durch ein anderes Verfahren gekommen. In der Telefonliste eines weiteren Dealers fanden sie seine Kontaktdaten. Die Polizei ging davon aus, dass an dieser Anschrift die Drogen für den anderen Dealer gebunkert seien. Er sei zwar mit dem anderen Dealer befreundet, hätte aber nie Geschäfte mit ihm gemacht, sagte er aus.
In seinem Fall kam noch erschwerend hinzu, dass in der Küche, in unmittelbarer Nähe zu den Drogen, zwei Schreckschusswaffen gefunden wurden. Der Angeklagte gab zu, dass er die beiden Schreckschusswaffen zu Silvester mit Böllern benutzt hatte und sie anschließend in dem Küchenschrank vergessen habe. »Ich habe meine Lektion gelernt und möchte damit nichts mehr zu tun haben«, versicherte der Mann, der sich jetzt einer Therapie unterziehen will. Er habe sich bereits im Gefängnis der Drogen entwöhnt und würde sich mittlerweile regelrecht vor ihnen ekeln.
»Die Hafterfahrung war für Sie wichtig. Sie wissen nun, was auf sie zukommt, wenn sie erneut straffällig werden. Wir sind aber der Überzeugung, dass Sie es mithilfe eines Bewährungshelfers und einer Therapie schaffen werden. Wenn Ihnen etwas zu viel wird, dann nehmen Sie auch Hilfe an«, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung und hob den Haftbefehl auf. So durfte der Mann direkt zu den pflegebedürftigen Großeltern und seiner Lebensgefährtin zurückkehren.
Da beide Parteien auf weitere Rechtsmittel verzichteten, ist das Urteil rechtsgültig.