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Kurzweilig und schlagfertig

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Von: Edelgard Halaczinsky

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Ein neuer Lebensabschnitt: Peter (in der Mitte mit Mütze) spart nicht an guten Ratschlägen für den Neu-Rentner. © Lothar Halaczinsky

Rosbach (sky). »Endlich wieder richtige Menschen im Publikum«, schwärmte Regisseur Knut Michler anlässlich der Premiere für das neueste Stück der »Rosbacher Rambelichter« am Samstagabend in der Adolf-Reichwein-Halle. Er konnte zufrieden sein über den voll besetzten Saal, in dem eine treue Gefolgschaft der seit Jahren beliebten Theatergruppe gespannt auf die Aufführung der Komödie »Ab morgen bin ich Rentner« von Christiane Cavazzini wartete.

Kurzweilig und schlagfertig ging es auf der Bühne zu, wo Neu-Rentner Karl-Heinz Massel (Horst Griedelbach) und seine Gattin Edith (Jutta Köbel-Käding) sich auf einen neuen Lebensabschnitt ohne den gewohnten Gang zur Arbeit einrichteten. »Es ist schon traurig, dass man so vitalen Männern wie mir das Arbeiten verbietet«, klagt Karl-Heinz.

Sein Nachbar Peter (Detlef Durchdewald) kennt das schon seit einem Jahr und ist nicht um gute Ratschläge verlegen. Er sucht und findet Abwechslung im Baumarkt oder im Wartezimmer seines Arztes, wenn er nicht gerade Kreuzworträtsel löst.

Auch seine Frau Karin (Manuela Mann) weiß ihn zu beschäftigen. »Früher war ich der Chef von 300 Leuten, heute bin ich der Chef von drei Stachelbeerbüschen«, jammert er trotzdem.

Zusammen mit dem Ex-Kollegen Helmut Liedel (Georg Tiedecken), der keinerlei Hobbys hat, suchen die beiden nach einer sinnvollen Beschäftigung, denn das Entkalken von Wasserhähnen oder Rasendüngen reicht allen dreien auf Dauer nicht aus. »Jeden Beruf kann man erlernen, nur Rentner nicht«, pflichtet Karl-Heinz’ Sohn Björn (Michael Foit) ihnen bei. Er wohnt zusammen mit seiner Frau Stefanie (Claudia Willitsch) immer noch im Hotel Mama. Dort geht es - entgegen der Behauptungen von Karl-Heinz - längst nicht mehr so harmonisch zu wie in früheren Zeiten. Der gewohnte Tagesablauf gerät völlig aus den Fugen, und Edith sucht zusammen mit Karin den Ausweg bei einem Job in einer Bäckerei. »Seit ich zu Hause bin, hast du an mir immer etwas auszusetzen«, beschwert sich Karl-Heinz, der seinerseits gar nicht merkt, wie sehr er sich verändert hat. Jogginganzug statt Schlips und Kragen ist nur eins von vielen Anzeichen, doch auch die Häufigkeit und Heftigkeit der Auseinandersetzungen mit seiner Gattin zerrt schon bald an den Grundpfeilern seiner Beziehung.

Seine Dialoge mit seiner Ehefrau, die ihm zudem noch ein Verhältnis mit seiner Ex-Sekretärin Monika Weigel (Sabine Jehrke) andichtete, waren genaueres Zuhören wert. Manch ein Liebhaber handfester ehelicher Auseinandersetzungen hatte hier die Gelegenheit, seinen Wortschatz gehörig zu erweitern.

Das Bühnen-Ehepaar zog alle Register, um dem Publikum den Umgang mit einer kratzbürstigen Ehefrau zu demonstrieren, und die Zaungäste jenseits der Bühne wurden nicht müde, diese vortreffliche Leistung immer wieder mit viel Applaus zu quittieren.

Nahezu unverzichtbarer Bestandteil dieser »Rambelichter«-Aufführung waren neben Jutta Köbel-Käding wie immer die Auftritte von Horst Griedelbach und Detlef Durchdewald, deren schauspielerische Talente seit Jahren das Publikum erfreuen.

Aber was ist schon eine Säule ohne die Stützen, die sie tragen? Hier waren acht Schauspieler angetreten, dem Publikum einen vergnüglichen Abend zu bescheren, und alle hatten letztendlich Anteil an dem guten Gelingen. Erwähnenswert war auch die Leistung von Claudia Willitsch, die vier Tage vor der Premiere in die Rolle von Schwiegertochter Stefanie schlüpfte, weil die dafür vorgesehene Schauspielerin Marlene Klein kurzfristig erkrankt war. Sie meisterte ihre Rolle ebenso überzeugend wie Ensemble-Neuzugang Michael Foit. Erfrischend locker spielte jener den Sohn der Familie und erheiterte die Zuschauer mit seinen flotten Sprüchen und der Unbekümmertheit eines jungen Mannes, der von Beruf Sohn ist.

In der Rosbacher Gefühlswelt

Regisseur Knut Michler war es wieder mal gelungen, dem Publikum eine rundum gelungene Posse mit viel Witz und Temperament zu präsentieren und es tief in die Seele seiner Protagonisten blicken zu lassen. Mit viel Fantasie und Fingerspitzengefühl begab er sich augenzwinkernd auf Ausflüge in die Rosbacher Gefühlswelt - wenn es zum Beispiel um die Befindlichkeiten der Nieder-Rosbacher Bevölkerung zu ihrem Glockengeläut ging.

Auch andere lokale Bezüge wie die humorvollen Durchsagen von Radio Rentnerwelle Wetterau holten das Bühnengeschehen in greifbare Nähe. Hier standen »Menschen wie du und ich« vor einem, und gerade das machte das Schauspiel so kurzweilig und unterhaltsam.

Irgendwann trifft die Aussage »Ab morgen bin ich Rentner« ja schließlich auf jeden zu. Warum also sollte man sich diesem Schicksal nicht stellen und einen Blick auf das Rentnerdasein wagen? Glaubt man den »Rambelichtern«, dann geht es in dieser Lebensphase alles andere als langweilig zu.

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Ab ins Berufsleben: Edith (r.) und Karin sind das Hausfrauendasein in Kittelschürze endgültig satt. Sie wollen sich einen Job suchen. © Lothar Halaczinsky
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Nur mit Mühe erträgt Edith die Heimwerker-Allüren ihres Ehemannes Karl-Heinz. © Lothar Halaczinsky

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